Wirtschaftsförderung kann als Teil einer Stadtverwaltung oder durch externe Dienstleister umgesetzt werden – beides hat seine Berechtigung.
Wirtschaftsförderung ist ein zentrales Element der kommunalen und regionalen Entwicklung. Sie stärkt die Wettbewerbsfähigkeit, unterstützt Innovationen und hilft, Krisen und dem demografischen Wandel erfolgreich zu begegnen. Was können unterschiedliche Modelle der Wirtschaftsförderung voneinander lernen? Zur Beantwortung dieser Frage haben die Stadt Fellbach und das Steinbeis-Transferzentrum Wirtschaft, Gründung, Kommune in Villingen-Schwenningen ihre Modelle der Wirtschaftsförderung analysiert und verglichen.
Die Wirtschaftsförderung der Stadt Fellbach ist in die kommunale Verwaltung integriert. Das Steinbeis-Team dagegen übernimmt die Wirtschaftsförderung für drei Kommunen im Schwarzwald-Baar-Kreis und Landkreis Rottweil als externer Dienstleister. Seine Erfahrung in Benchmark-Projekten mit Unternehmen hat es nun im Vergleich der Wirtschaftsförderungen angewandt, um Stärken und Schwächen der beiden Modelle sichtbar zu machen.
Wirtschaftsförderung als kommunales Amt …
Im baden-württembergischen Fellbach (rund 47.200 Einwohner) ist die Wirtschaftsförderung als Amt in der Stadtverwaltung angesiedelt und Ansprechpartnerin für alle Bereiche der Wirtschaft. Sie betreut die Unternehmen vor Ort, wirbt für neue Investitionen am Standort Fellbach und begleitet die Breitbandversorgung in der Kommune. 2023 wurde sie mit dem heutigen Citymanagement, dem städtischen Marketing und dem Tourismusmanagement zusammengeführt.
… versus Wirtschaftsförderung durch externe Dienstleister
Das Steinbeis-Transferzentrum Wirtschaft, Gründung, Kommune übernimmt die Wirtschaftsförderung für die Gemeinden Deißlingen (rund 6.300 Einwohner), Niedereschach (rund 6.100 Einwohner) und Dauchingen (rund 3.900 Einwohner) im Süden Baden-Württembergs. Es unterstützt Unternehmen und Existenzgründer effizient, vermittelt ihnen finanzielle Förderung und stärkt den Wirtschaftsraum.
Einbindung in amtliche Strukturen auf der einen und Flexibilität auf der anderen Seite
Für die Wirtschaftsförderung in Fellbach erleichtert die direkte Einbindung und Verzahnung in der Stadtverwaltung die Zusammenarbeit relevanter Akteure und verkürzt Entscheidungswege. Zudem sorgt die Struktur für Verlässlichkeit und schafft Vertrauen. Dem gegenüber steht beim Modell des Steinbeis-Transferzentrums als externer Dienstleister, dass es flexibler als eine Behörde agieren und dabei auf ein breites Expertennetzwerk zugreifen kann.
Durch die Kooperation mit der Fellbacher Wirtschaftsförderung hat das Steinbeis-Team vertiefte Einblicke in die Zuständigkeiten und Abläufe einer Kommunalverwaltung erhalten. Diese Erfahrung setzt es in der Kommunikation mit Verwaltungen und Ämtern ein und integriert seine Arbeit stärker in die kommunalen Strukturen. Die Wirtschaftsförderung Fellbach nutzt auf der anderen Seite zunehmend die Agilität und externe Expertise des Steinbeis-Modells, um schneller auf Marktveränderungen reagieren und Innovationsimpulse setzen zu können.
Herausforderung demografischer Wandel
In Fellbach kann durch die enge Vernetzung von Wirtschaftsförderung, Citymanagement, städtischem Marketing und Tourismus die Kommunikation und Interaktion in der Stadtgesellschaft gezielt gesteigert werden, um junge Menschen und Fachkräfte anzuziehen. Das Steinbeis-Modell der externen Wirtschaftsförderung kann durch die interkommunale Zusammenarbeit und den Erfahrungsaustausch Kosten einsparen, Synergien nutzen und die Wettbewerbsfähigkeit der gesamten Region stärken. Die Vernetzung von Experten ermöglicht es, innovative Konzepte für den Strukturwandel zu entwickeln.
Beide Modelle nehmen nun die Vorteile des jeweils anderen Modells ins Visier: Das Steinbeis-Transferzentrum fokussiert verstärkt die Lebensqualität vor Ort, um die Attraktivität für junge Menschen zu erhöhen. Fellbach wiederum orientiert sich an der interkommunalen Zusammenarbeit aus dem Steinbeis-Modell, um Synergien für den globalen Wettbewerb nutzbar zu machen.
Kommunikation und Sichtbarkeit
Was für die Stadt Fellbach im Hinblick auf den demografischen Wandel hilfreich ist, macht sich auch positiv für alle Maßnahmen der Öffentlichkeitsarbeit bemerkbar: Die enge Verzahnung mit den städtischen Ämtern, dem städtischen Marketing und der Öffentlichkeitsarbeit der Kommune sorgt für eine gezielte Positionierung der Maßnahmen. Als externer Dienstleister hat das Steinbeis-Transferzentrum hingegen eine größere Herausforderung, um Vertrauen und Akzeptanz herzustellen.
Was lernen beide Modelle vom jeweils anderen? Das Steinbeis-Transferzentrum wird zukünftig verstärkt auf aktive Öffentlichkeitsarbeit setzen, während für Fellbach Beispiele der Fachkommunikation von Steinbeis von Nutzen sind.
Benchmarking: Eine Methode, die sich auszahlt
Das durchgeführte Benchmarking hat für beide Wirtschaftsförderungen ganz konkrete Erfolge hervorgebracht. Durch den strukturierten Vergleich konnten beide Teams Stärken und Schwächen erkennen, Best Practices identifizieren und die eigene Arbeit effizienter und effektiver gestalten. Im Vergleich mit der ebenfalls sehr wertvollen lockeren Vernetzung erweist sich die Benchmark-Methode als fokussierter, methodischer und ergebnisorientierter.
Neben dem gegenseitigen Lernen haben beide Wirtschaftsförderungen gemeinsame Aktivitäten umgesetzt: beispielsweise die Beantragung von Fördermitteln für die Mikrofinanzprojekte „First Step Advance! Fellbach“ und „Go EGON Go“. Diese Initiativen unterstützen Existenzgründerinnen und Existenzgründer mit geringem Kapitalbedarf beim Schritt in die Selbstständigkeit. Durch die enge Zusammenarbeit erhielten beide Projekte eine Förderzusage des Landes Baden-Württemberg in Höhe von jeweils 100.000 Euro zur Absicherung von Mikrokrediten.
Auch im Bereich der Veranstaltungsorganisation ergeben sich Vorteile: Die Partner unterstützen sich gegenseitig bei der Konzeption, Planung und Durchführung, etwa durch die Vermittlung von Referenten oder die gemeinsame Bewerbung von Veranstaltungen. Dadurch können Fachthemen breiter abgedeckt und Zielgruppen besser erreicht werden.
Ein wesentlicher Mehrwert liegt zudem in der schnellen, bilateralen Kommunikation, die einen direkten Austausch von bewerteten und geprüften Informationen ermöglicht – im Gegensatz zu anonymen Recherchen, die oft mehr Zeit und Aufwand erfordern. Bewährte Lösungen können so zeitnah übernommen und an die spezifischen Bedürfnisse der jeweiligen Region angepasst werden.
Kontakt
Wolfgang Müller (Autor)
Steinbeis-Unternehmer
Steinbeis-Transferzentrum Wirtschaft, Gründung, Kommune (Villingen-Schwenningen)
www.start-mit-steinbeis.de
Dr. Christoph Pfefferle (Autor)
Digitalisierungsbeauftragter
Amt für Wirtschaftsförderung Fellbach