Auf das richtige Krisen­management kommt es an

Managementmethoden des Militärs als Basis für die aktuelle Krisenbewältigung

Im ersten Quartal 2020 löste die Corona-Pandemie einen externen und endogenen Schock und eine weltweite Krise in Wirtschaft und Gesellschaft aus. Im April begann das Wertschöpfungsnetzwerk der Globalisierung zu implodieren, die Unternehmen bangten um ihre Existenz. Zwar starteten schon im Mai politisch veranlasste und gesteuerte staatliche Maßnahmen zum Ausstieg aus der Krise und zur Suche nach einer neuen, noch unbekannten Normalität. Dafür gibt es aber mangels Erfahrung keine Erfolgsrezepte. Auch Unternehmen suchen nach neuen Wegen in Zeiten der Unsicherheit und Ungewissheit. Gerade jetzt ist das richtige Krisenmanagement in Unternehmen gefragt. Munok Kwon und der Steinbeis-Experte Dr. Peter Meier haben internationale Erfahrungen in Situationen der „verschärften“ Führung von Organisationen unter besonderen Umständen.

Symbolische Visualisierung des OODA-Konzepts als unendlicher Kreisprozess

 

Im ersten Quartal 2020 stellten die meisten Unternehmen ihr Budget infrage, im April war dieses obsolet. Finanzielle Kennzahlen wie Liquidität und Kapital als Vitalitätsindikatoren der Unternehmen zeigen infolge der Krise einen Ausnahmezustand an. 2019 hat noch kaum ein Unternehmen das durch die Pandemie verursachte Risiko als ein mögliches Risiko in seinem Risikoportfolio geführt. Im zweiten Quartal 2020 ist ein Schaden infolge des bisher realisierten Risikos bereits eingetreten. Das noch nicht realisierte Risiko wird in den nächsten Monaten und Quartalen mit unsicherer Größe, Wahrscheinlichkeit und Zeit zu weiterem Schaden führen, denn die Krise geht weiter.

Krisenmanagement in Unternehmen

Das Denken und Handeln des Managements in Unternehmen in jährlichen Zyklen ist im aktuellen Ausnahmezustand nicht möglich und nicht sinnvoll. Es geht im Krisenmanagement nur noch um die Sicherung von bestehenden und kurzfristigen zukünftigen Werten des Unternehmens. Es geht um eine schnelle operative Wertschöpfung im Unternehmen als Nutzwert für Kunden, die schnell bezahlen und damit die finanzielle Wertschöpfung des Unternehmens sichern. Andere Werte treten vorübergehend und zunächst in den Hintergrund (Meier, 2018). Es geht in vielen Unternehmen um die Existenz.

Information und Kommunikation in der Krise und um die Krise

Die Krise ist zunächst eine Informationskrise: Ein Vorgang mit hoher Dynamik und mit weiteren chaotischen und anarchischen Merkmalen der Ungewissheit der zukünftigen Entwicklung. Der Umgang mit Information in der Krise wird beschrieben durch „Information Overflow“ und „Knowledge Underflow“: Zuviel ungesicherte Information und zu wenig gesichertes Wissen. Unternehmen, die bereits vor der Krise in einem Umfeld mit stark ausgeprägten VUCA (Volatility, Uncertainty, Complexity, Ambiguity)-Merkmalen Werte für ihre Kunden und ihre weiteren Stakeholder schöpften, zeigen eine Parallelisierung und Verknüpfung von:

  • Kommunikation: Beschaffung und Analyse von relevanter Information in Verbindung mit Intuition
  • Orientierung: Ausrichtung normativ und strategisch gemäß Kultur, Strategie und Fokus
  • Entscheidung: Szenarien strategisch und operativ nach Plan A, B (und C) für das Geschäftsmodell
  • Handlung: Flexibilität, Elastizität und Sicherheit der Prozesse des wertschöpfenden Betriebs

Charakteristisch für diese Unternehmen ist die Nähe von strategischem Denken und operativem Handeln und die Präsenz von Information und Kommunikation.

Transfer von Management­methoden vom Militär ins Zivile

Dieses Vorgehen entspricht dem Vorgehen nach dem OODA-Loop. Der Ansatz stammt ursprünglich von der US-amerikanischen Airforce und wurde empirisch bei Luftkämpfen in den Kriegen der 1950er- und 60er-Jahre entwickelt. Nicht theoretisch am Schreibtisch im Büro, sondern praktisch im Cockpit in der Luft. Wie der Transfer dieser Methodik vom Militär in das Zivile von Business und Technologie erfolgen kann (Bonchek & Fussel, 2013; Meier & Kwon, 2019), damit hat sich der Steinbeis-Experte Dr. Peter Meier in gemeinsamen Projekten mit der Unternehmensberaterin Munok Kwon befasst. Heute wendet das Team am Steinbeis-Transferzentrum Risikomanagement diesen Ansatz aktiv an und berät dazu seine internationalen Kunden.

Peter Meier hat in seiner beruflichen Laufbahn internationale Erfahrung auch in Krisenzeiten gesammelt, auf die er aktuell in seiner Zusammenarbeit mit Unternehmen zurückgreift. Was seine Erfahrungen unabhängig des jeweiligen Landes prägt: Die Zusammenarbeit der Personen in den unterschiedlichen Managementsystemen unter besonderen Umständen war stets geprägt von Hierarchie auf der Grundlage von eindeutiger Verantwortung und zweifelsfreier Erfahrung sowie Kollegialität auf der Grundlage von Vertrauen und Gegenseitigkeit. Nicht nur Befehl und Gehorsam wurde gepflegt, sondern Diskurs, Entscheidung, Delegation, Exekution und Kontrolle wurden systematisiert. Man war sich voll bewusst, dass Vertrauen ein sehr wichtiges, aber kein sehr rationales Merkmal von Beziehung und damit von Führung ist. Und es gab und gibt natürlich charakteristische kulturelle Unterschiede zwischen Ländern insbesondere zum Phänomen des Konsenses in der Führung.

Mit dem Krisenmanagement gestärkt aus der Krise

Ein Unternehmen kennt seine Wertschöpfung mit Produkt, Markt und Kunden besser als ein Berater, dessen ist sich Peter Meier bewusst. Allerdings kennt er Methoden und Verfahren des Krisenmanagements zur Wertschöpfung besser als das Unternehmen. So kann er dem Unternehmen ein schnelles und flexibles Management (nicht nur) für die Krise nahebringen. Dabei sind folgende Aspekte wichtig:

  • Das permanente 24/7 Informationsmanagement mit dem Ergebnis sogenannter „relevanter Information“ im Zusammenwirken mit intuitionsbasierter „subjektiver Meinung“.
  • Der organisatorische Rahmen für die Wertschöpfung aufgrund der strategischen Potenziale und der operativen/finanziellen Ressourcen des Unternehmens und der Möglichkeiten im Umfeld des Marktes, wobei normative und regulative Randbedingungen formuliert werden. Das betrifft in der aktuellen Krise auch das Thema Gesundheit.
  • Die Entscheidung für ein attraktives Zielszenario der operativen Wertschöpfung mit Alternativen – sofern die Lage nicht alternativlos ist – zusammen mit dem Verständnis über die Ungewissheiten.
  • Die schnelle und flexible Handlung als Umsetzung der Entscheidung im Bewusstsein der ständigen Korrektur und Veränderung.

Im Zusammenhang mit dem OODA-Konzept werden Werkzeuge wie Mind-Mapping, Szenarioanalysen und SWOT-basierte Ursache-Wirkungs-Analysen eingesetzt. Diese sind üblicherweise weit bekannt, gut dokumentiert und oft implementiert. Peter Meier ist überzeugt: „Die viel beschworene Digitalisierung wird durch die Krise zwar beschleunigt. Sie löst aber keine Probleme, die in den nächsten Wochen und Monaten zu lösen sind, das gelingt nur mit dem richtigen Krisenmanagement.“

Kontakt

Dr. Peter Meier (Autor)
Steinbeis-Unternehmer
Steinbeis-Transferzentrum Risikomanagement (Langen)

Munok Kwon (Autorin)
Unternehmensberaterin für Internationalisierung mittel­ständischer Unternehmen
Mitarbeiterin einer südkoreanischen internationalen Regierungsorganisation


Quellen
  • Meier, Peter: Sicher in die Zukunft: Umfassendes integriertes Management, Steinbeis Transfer-Magazin, S. 46, Heft 1, Steinbeis, Stuttgart (2018); [ISSN 1864-1768 (Print)]
  • Bonchek, Mark; Fussel, Chris: Managing Uncertainty: Decision Making, Top Gun Style, Harvard Business Manager, Harvard, September 12 (2013), hbr.org im Internet (letzter Zugriff am 15.04.2020)
  • Meier, Peter; Kwon, Munok: WEKA Business Dossier: Leadership 4.0 – Analoge und digitale Führung, Weka, Zürich (2019)