KVS-Pumpe läuft vor der Optimierung mit viel zu hohem Durchfluss (49 m³/h statt 35 m³/h)

Energieeffizienz durch Wärme­rückgewinnung

Steinbeis-Team testet Lüftungsanlagen

Ob Forschungseinrichtungen oder Industrieunternehmen: Die kontrollierte Belüftung ist essenziell für jeden Laborbetrieb. Da die Lüftungsanlagen für Laboranwendungen mit 100 % Außenluft betrieben werden, sind sie sehr energieintensiv. Daher sind hocheffiziente Wärmerückgewinnungssysteme erforderlich, um den Energiebedarf für Heizen und Kühlen möglichst stark zu reduzieren. Das Expertenteam am Steinbeis-Transferzentrum Energie-, Umwelt- und Reinraumtechnik (STZ EURO) hat bei 14 Lüftungsanlagen Leistungsmessungen vor Ort beim Kunden im eingebauten und einregulierten Zustand am Ende der Inbetriebnahme durchgeführt.

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Bei Laboranlagen werden als Wärmerückgewinner (WRG) sogenannte Kreislaufverbundsysteme (KVS) eingesetzt. Dabei wird die Wärme aus der im Winter warmen Fortluft entnommen und an die kalte Außenluft übertragen, die sich dadurch stark erwärmt. Dieser Wärmetransport erfolgt durch ein flüssiges Zwischenmedium (Wasser-Glykol-Gemisch), das nicht einfrieren kann. Dazu ist eine Umwälzpumpe (KVS-Pumpe) erforderlich. Solche Wärmerückgewinner können zudem im Sommer zur Vorkühlung der Außenluft beitragen, insbesondere in Verbindung mit einer adiabaten Abluftbefeuchtung.

Die Energieeffizienz einer solchen WRG-Anlage wird unter anderem durch die Kennzahl der Temperatureffizienz beschrieben, die auch als Rückwärmzahl oder Temperaturwirkungsgrad bezeichnet wird. Je höher dieser Wert ist, umso mehr kann die WRG-Anlage die kalte Außenluft aufwärmen. Hat beispielsweise die Außenluft 0 °C und die Abluft 20 °C, entspricht das einer Temperaturdifferenz von 20 Kelvin. Bei einer vom Gerätehersteller ausgewiesenen Temperatureffizienz von 70 % können davon 14 Kelvin genutzt und damit die Außenluft auf 14 °C erwärmt werden. Diese Wärmezufuhr erfolgt somit mehr oder weniger kostenlos aus der Abwärme der Abluft. Diese kühlt sich ab und verlässt als Fortluft das Gebäude. Im Winter wird oft eine höhere Zulufttemperatur benötigt, zum Beispiel 20 °C. Die weitere Erwärmung im Beispiel von 14 °C auf 20 °C erfolgt dann mit einem zusätzlichen Heizregister, dessen Wärmeenergie von einer Wärmeerzeugungsanlage, zum Beispiel einer Wärmepumpe, bereitzustellen ist. Ziel ist es, den Anteil der Zusatzwärme auf ein Minimum zu reduzieren, um Kosten und ggf. CO2-Emissionen zu minimieren. Dabei soll möglichst wenig elektrische Energie für die KVS-Pumpe und für die Überwindung der luftseitigen Druckverluste an den Wärmetauschern in der Außenluft und Fortluft aufgewendet werden.

14 Lüftungsanlagen im Praxistest

Das Team um den Steinbeis-Experten Michael Kuhn hat zwölf Lüftungsanlagen mit KVS und zwei Lüftungsanlagen mit Kreuzstromwärmetauscher (PWT) einem Praxistest unterzogen. Dabei wurde die Leistung vor Ort beim Kunden im eingebauten und einregulierten Zustand am Ende der Inbetriebnahme gemessen. Um den Aufwand zu reduzieren, wurden zwei Referenzanlagen mit KVS und eine Referenzanlage mit PWT ausführlich nach EN308 getestet und dafür spezielles Messequipment für die Temperatur- und Luftstrommessungen verwendet. Dabei kamen an der größten Anlage 57 Lufttemperaturfühler zum Einsatz. Die restlichen zehn Anlagen mit KVS wurden vereinfacht anhand der zuvor kalibrierten Temperatursensoren der Gebäudeautomation geprüft. Die größte geprüfte Anlage hatte einen Luftvolumenstrom von 95.000 m³/h bei einem Strömungsquerschnitt von 5,1 m x 3,1 m und ist 30 m lang.

So wurde getestet: ein detaillierter Plan für die Lüftungsanlagen

Die Vorgehensweise musste gut geplant werden, da nach EN308 reproduzierbare Betriebsbedingungen und präzises Messequipment erforderlich sind. Zum Beispiel muss die Lüftungsanlage sowohl in der Zuluft als auch in der Fortluft auf die Nennluftmenge einreguliert werden. Dazu haben die Steinbeis-Experten einen Testplan erstellt und mit allen Beteiligten abgestimmt. Dazu gehörten der Gerätehersteller, das ausführende Unternehmen für Lüftungsinstallationen, die Verantwortlichen für die Mess-Steuer-Regelungstechnik und Gebäudeautomation, der Projektleiter des Kunden und das Steinbeis-Team als Messdienstleister.

Praxistest nach Optimierung bestanden: Temperatur­effizienz von 70 % erreicht

Die von den Steinbeis-Experten durchgeführten Messungen haben folgende Ergebnisse erzielt:

  • Die zwölf getesteten KVS-Anlagen erreichten im Mittel eine Temperatureffizienz von 69 %. Die Einzelwerte lagen dabei zwischen 65 % und 71 %.
  • Eine der nach EN308 ausführlich getesteten Anlagen erreichte nach der Optimierung die geforderte Temperatureffizienz von 70 %, vor der Optimierung jedoch nur 65 %. Dabei wurde festgestellt, dass die KVS-Pumpe mit viel zu hohem Durchfluss läuft. Nach Einregulierung reduzierte sich die elektrische Leistungsaufnahme der Pumpe von 12 kW auf 4 kW und die Temperatureffizienz stieg auf 70 %.
  • Das Beispiel zeigt, dass eine unabhängige Überprüfung der Energie­effizienz von raumlufttechnischen Anlagen sinnvoll ist.

„Der Praxistest hat gezeigt, dass die sogenannten ‚hocheffizienten‘ Wärmerückgewinnungssysteme hinter den Erwartungen zurückbleiben, wenn sie nicht korrekt einreguliert sind. Um Energieverbrauch und Emissionen effektiv zu senken, ist eine präzise Inbetriebnahme unerlässlich“, fasst Steinbeis-Unternehmer Michael Kuhn zusammen.

Kontakt

Michael Kuhn (Autor)
Steinbeis-Unternehmer
Steinbeis-Transferzentrum Energie-, Umwelt- und Reinraumtechnik (Offenburg)
www.stz-euro.de

Literatur
DIN EN308, Wärmeübertrager – Prüfverfahren zur Bestimmung der Leistungskriterien von Luft/Luft-Wärmerückgewinnungskomponenten, Juni 2023
227256-46