Das Ferdinand-Steinbeis-Institut baut mit dem Flughafen Düsseldorf einen kooperativen Datenraum auf
Aus dem Flugzeug zum Geschäftstermin binnen weniger Minuten. Vom SkyTrain in die Bahn, vom Gleis zum Gate und zurück. Mühelos reisen, in einem engmaschigen, minutiös aufeinander abgestimmten Netz, ganz ohne Warteschlangen und Staus: Das ist die Vision von nahtloser Mobilität, die der Flughafen Düsseldorf ermöglichen will. Um diese Vision Wirklichkeit werden zu lassen, haben der Flughafen und das Ferdinand-Steinbeis-Institut ein Pilotprojekt initiiert, um die digitale Vernetzung von Verkehrsträgern voranzutreiben und Möglichkeiten zur Verbesserung des ÖPNV-Services mittels künstlicher Intelligenz zu identifizieren. Das Projekt wurde vom Ministerium für Umwelt, Naturschutz und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen im Rahmen der „Mobility as a Service NRW“-Initiative gefördert. Entstanden ist ein kooperativer Datenraum – der „SkyTrain-Data-Space“. Die gemeinsame Datennutzung zu Fahrplänen, Verspätungen, Auslastungen oder Flügen auf einer integrierten Datenplattform ermöglicht eine Verbesserung des Mobilitätsangebots im öffentlichen Nahverkehr sowie einen nachhaltigeren und wirtschaftlicheren Betrieb der Verkehrssysteme.
Der Flughafen Düsseldorf möchte seinen Passagieren eine möglichst bequeme An- oder Abreise ohne Zeitverluste ermöglichen. Dazu gehört, flexibel zwischen Nah- und Fernverkehr und den diversen Verkehrsträgern wechseln zu können. Nationale und internationale Flugverbindungen, Stadtbahn- und Buslinien, S-Bahnen und Fernzüge treffen hier auf eine innovative Infrastruktur für die individuelle Mobilität. Stromtankstellen fürs Auto, nur wenige Schritte entfernt von der SkyTrain-Station, ein Sharing-Hub mit E-Scootern und E-Bikes, binnen kürzester Zeit erreichbar für alle Besucher: Der Flughafen Düsseldorf geht schon heute neue Wege, um seiner Verantwortung als intermodales Drehkreuz gerecht zu werden – und setzt dabei konsequent auf die Potenziale der Digitalisierung.
Auf Basis geteilter Daten kooperieren
Was braucht es also, um die Verkehrsströme an solchen Knotenpunkten der Mobilität wirkungsvoll lenken zu können? Wie gelingt es, komfortables, reibungsloses Reisen mit Effizienz und Nachhaltigkeit zu verbinden? Weil solche Fragen sich nur im Miteinander der verschiedenen Verkehrsträger beantworten lassen, haben der Flughafen Düsseldorf und das Ferdinand-Steinbeis-Institut gemeinsam das Pilotprojekt ins Leben gerufen, in Zusammenarbeit mit Siemens Mobility, der Deutschen Bahn, dem Verkehrsverbund Rhein-Ruhr, DELFI und XOVIS.
Im Mittelpunkt der Pilotinitiative steht der SkyTrain, ein fahrerloses Zugsystem, das jährlich mehrere Millionen Menschen zwischen dem nahegelegenen IC-Bahnhof, Parkhäusern und Terminals am Flughafen transportiert. Ziel war es, beteiligte Verkehrsträger operativ zu vernetzen und relevante Datenströme in einem kooperativen Datenraum zu bündeln. Auf Basis dieser Daten entstehen neue, digitale Services zur Verbesserung des Fahrgasterlebnisses sowie der Optimierung der Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit des SkyTrains. Der „SkyTrain-Data-Space“ bildet hierbei die Grundlage für den Austausch von Daten zur Gestaltung neuer digitaler Services und ist zugleich Vertrauensraum für den Auf- und Ausbau von Datenaustausch- und Geschäftsbeziehungen zwischen den beteiligten Partnern.
Kooperative Datenräume: Den Mehrwert im Blick
Während der Flughafen zum Beispiel mit digitaler Zählsensorik an den SkyTrain-Haltestellen erfasst, wie stark dessen Züge und einzelne Wagen aktuell ausgelastet sind, steuern die Partner aus dem öffentlichen Schienenverkehr Daten aus ihren Betriebsabläufen bei. Fahrpläne und Verspätungsmeldungen, Informationen zu Haltedauern, Zugausfällen und Wartezeiten fließen so in einem kooperativen Datenraum zusammen, der auch an landes- und deutschlandweite Mobilitätsdatensysteme angebunden wird. Mithilfe einer KI-gestützten Lernarchitektur sind im Projektverlauf konkrete Ansätze für Verbesserungen entstanden, etwa für die Einsatzplanung, das Energiemanagement oder die Fahrgastkommunikation. Fällt in einer Stadt im Umland ein Zug aus, fehlt in einem Instandhaltungswerk ein Ersatzteil, können die Partner der Plattform gemeinsam verhindern, dass daraus an anderer Stelle des komplexen Systems lange Wartezeiten oder unnötige Leerfahrten resultieren.
Mittelfristig steht ein ganzes Ökosystem auf der Agenda, dass die Entwicklung neuer KI-Services ermöglicht und weiteren Kooperationspartnern offensteht. Die gemeinsame Datenbasis ist damit die Grundlage für datengetriebene Services, die über den eigenen Reiseabschnitt des jeweiligen Verkehrsträgers hinausgehen und das eigentliche Reiseziel des Fahrgastes im Auge haben. Der erfolgreiche Projektabschluss ist zugleich ein Anfang für eine intensivere Kooperation zwischen den verschiedenen Partnern und den inkrementellen Ausbau des digitalen Serviceangebots.
Aus Datenströmen lernen, damit reibungsloses Reisen Realität wird
In einem ersten digitalen Service zur Prognose des Fahrgastaufkommens im SkyTrain wurden heterogene Datenquellen verschiedener Partnerunternehmen zusammengeführt, um die Basis für die Auslastungsprognose durch künstliche Intelligenz zu bilden. Dadurch lässt sich die Einsatzplanung der Zugmodule des SkyTrains datengetrieben optimieren, um den Reisekomfort der ÖPNV-Reisenden am Flughafen Düsseldorf zu verbessern. Passagiere erhalten auf dieser Basis zeitnah relevante Informationen zur Reiseplanung. Während der Reise sind sie so zu jeder Zeit darüber im Bilde, ob sie ihr Ziel pünktlich erreichen. Dazu zählt zum Beispiel der Ansatz, die Reisenden rechtzeitig vor der Einfahrt eines Zuges in den Fernbahnhof über die verbleibende Zeitdauer bis zum Abfluggate inklusive der aktuell entstehenden Wartezeiten bei der Sicherheitskontrolle zu informieren.
Für die Präzisierung der Prognose des Fahrgastaufkommens wurde auf Daten des kooperativen Datenraums aufgesetzt. Angereichert durch aktuelle Daten der Partner, zum Beispiel zu den Ist-Fahrplänen und der Auslastung im Schienenverkehr, können zukünftige Auslastungspeaks besser vorhergesagt werden. Die beteiligten Verkehrsunternehmen wiederum können somit benötigte Beförderungskapazitäten bedarfsgerecht mit optimierter Auslastung anbieten.
Das Projekt „SkyTrain-Data-Space“ zeigt am Beispiel des Flughafens Düsseldorf, wie Mobilität mithilfe von datenbasierten Analysen nachhaltiger und wirtschaftlicher gestaltet und den Passagieren zeitgleich ein verbessertes Mobilitätserlebnis geboten werden kann. Hierzu werden heterogene Datenquellen unterschiedlicher Akteure aus dem Mobilitätsumfeld zusammengeführt und gemeinsam mit Daten zu Passagierkapazitäten des Flughafens zu aussagekräftigen Prognosen verrechnet. Mit dem Projekt wurde der Grundstein für die inkrementelle Optimierung des SkyTrain-Transportsystems gelegt. Das Ausweisen von Echtzeit-Fahrplaninformationen sowie ein Verfügbarmachen für multimodale Reisekonzepte sind weitere Schritte, die auf Basis des geschaffenen „SkyTrain-Data-Spaces“ realisiert werden können. „Künstliche Intelligenz kann uns helfen, den intermodalen Verkehr effizienter zu steuern. Unser SkyTrain-Data-Space mit seinem kooperativen Datenraum soll zur Blaupause dafür werden“, fasst Uwe Groß, Betriebsleiter SkyTrain der Flughafen Düsseldorf GmbH zusammen.
Gestaltung kooperativer Datenräume
In Forschung und Praxis werden derzeit verschiedene Modelle erprobt, Datasharing und damit den Austausch von Daten über Organisationsgrenzen hinweg zu intensivieren. In diesem Zusammenhang verprobt das Ferdinand-Steinbeis-Institut im Rahmen von transferorientierten Forschungsprojekten und Piloten mit der Praxis nutzenstiftende Ansätze und Verfahren, um Organisationen beim Aufbau kooperativer, datenbasierter Wertschöpfungsansätze zu unterstützen.
Nach Beobachtungen des Ferdinand-Steinbeis-Instituts werden Datasharing-Vorhaben und kooperative Wertschöpfungsansätze, die auf geteilten Daten basieren, häufig mit Vorbehalten unterschiedlichster Art konfrontiert. Dies führt dazu, dass entsprechende Überlegungen der Organisationen, den Aufbau von datengetriebenen Services zu intensivieren, auf konzeptioneller Ebene verbleiben und nicht in die Realität überführt werden. Mit einem Ordnungsrahmen zur Gestaltung kooperativer Datenräume entwickelt das Ferdinand-Steinbeis-Institut ein Instrument, das Vorbehalte adressiert und Organisationen eine Unterstützung bei der Realisierung von datenbasierten Kooperationen bietet.
Kontakt
Prof. Dr. Daniel Werth (Autor)
Senior Research Fellow
Ferdinand-Steinbeis-Institut (Heilbronn)
https://ferdinand-steinbeis-institut.de
Maximilian Werling (Autor)
Research Assistant
Ferdinand-Steinbeis-Institut (Stuttgart)
https://ferdinand-steinbeis-institut.de