Mit ComoNeoPREDICT und STASA QC Optimize Produktionskosten reduzieren und Qualität erhöhen
Die Kunststoffbranche steht, wie viele andere Industriezweige, momentan unter einem hohen Kostendruck. Steigende Rohstoff-, Energie- und Personalkosten machen vielen Produktionsstätten besonders zu schaffen. Neue Vorgaben zur Ressourcenschonung und CO2-Bepreisung verschärfen den finanziellen Druck zusätzlich. Besonders in Zeiten, in denen Fertigungsmaschinen nicht zu 100 % ausgelastet sind, ist es sinnvoll, sich den grundlegenden Prozess anzuschauen und Möglichkeiten zur Optimierung sowie Kosteneinsparung zu finden. Dass die Digitalisierung einen wichtigen Beitrag dazu leisten kann, zeigen die Experten der STASA Steinbeis Angewandte Systemanalyse GmbH mit zwei speziell für diesen Zweck entwickelten Softwares: ComoNeoPREDICT und STASA QC Optimize.
Es gibt zwei generelle Herausforderungen für technische Anwendungen in der Praxis. Zum einen basieren Fertigungsprozesse auf einer Verknüpfung vieler komplexer Wirkungszusammenhänge. Zum anderen sind Massendaten zur Einrichtung und Kontrolle des Prozesses aus technischen und Kostengründen in der Regel nicht verfügbar. Darüber hinaus lassen die auf den Massendaten basierenden Algorithmen häufig nur sehr generalisierte Schlüsse zu und bieten nicht die notwendige Präzision.
Auch das Spritzgießen als Produktionsprozess steht vor diesen beiden Herausforderungen. Der komplexe Prozess wird durch zahlreiche Einstellmöglichkeiten an der Maschine selbst und den technischen Aufbau der Spritzgießmaschine sowie die internen Regelprozesse beeinflusst. Dies führt dazu, dass die Qualität der Schmelze chaotisch variiert. Hinzu kommt, dass das Werkzeug für die Bauteile selbst hochkomplex im geometrischen Aufbau ist und zusätzliche Steuerungs- und Regelungsprozesse für die zeitlichen Temperaturverläufe im Werkzeug während des Fertigungszyklus benötigt werden. Dadurch ist jedes einzelne gefertigte Bauteil ein Unikat und dessen Qualität im Werkzeug bestimmt.
Außerdem steht die Kunststoffbranche durch die umfangreiche nationale und internationale Konkurrenz unter einem enormen Kostendruck. Einsparungen lassen sich insbesondere bei der Einrichtung und Optimierung des Prozesses sowie der Reduzierung und Identifizierung von fehlerhaften Bauteilen erzielen. Um den Prozess zum Laufen zu bringen, sollten daher möglichst wenig Einstellversuche vorgenommen werden. Gleichzeitig steigen die Anforderungen an die Qualität der Bauteile, die Reduzierung der Emissionen und die Selektion der Bauteile, die die Qualitätsanforderungen nicht erfüllen.
Unterstützung durch KI
Das Team der STASA GmbH hat zu diesem Zweck zwei KI-Produkte entwickelt, die die genannten Herausforderungen ohne den Einsatz von Massendaten bewältigen: STASA QC Optimize zur Optimierung von Fertigungsprozessen und ComoNeoPREDICT zur Prozessüberwachung.
Mit STASA QC Optimize wird ein digitaler Zwilling eines Produktionssystems erstellt, um Optima für die Einstellgrößen zu finden. Diese können neben der Qualität und Maßhaltigkeit nach verschiedenen Zusatzkriterien, wie zum Beispiel verbesserte Energieeffizienz oder reduzierte Zykluszeit, bewertet werden. Das Verfahren lässt sich auch auf andere Branchen sowie auf beliebige zyklische Prozesse ohne zusätzlichen Aufwand übertragen.
Aufbauend auf STASA QC haben die Steinbeis-Experten zusammen mit der Schweizer Kistler Instrumente AG die Software ComoNeoPREDICT entwickelt. Sie fügt sich in das bestehende ComoNeo-System von Kistler ein und bietet die Möglichkeit zur werkzeuginnendruckbasierten Überwachung, Steuerung, Regelung und Dokumentation des Spritzgießprozesses. ComoNeo kann zudem ortsunabhängig über einen Webbrowser auf Prozessdaten des aktuellen Zyklus sowie auf statistische Produktionsdaten weltweit verteilter Spritzbetriebe zugreifen.
STASA QC Optimize: Bessere Qualität mit digitalem Zwilling
Häufig wird ein Trial-and-Error-Ansatz für die Optimierung eines Produktionsprozesses verwendet: Durch eine schrittweise Anpassung der Einstellparameter einer Maschine basierend auf der Erfahrung des Einstellers wird eine akzeptable Einstellung gefunden und mit der Produktion begonnen. Auf diese Weise ist es fast unmöglich, im Bereich der Einstellmöglichkeiten ein wirkliches Optimum zu finden. Hat man eine Produktionseinstellung gefunden, weiß man oft nicht, wie stabil der Prozess ist. Schon kleine Änderungen an den äußeren Einflüssen können dafür sorgen, dass statt Gutteile plötzlich Schlechtteile produziert werden. Eine Reduzierung des Energieverbrauchs oder der Zykluszeit lässt sich ebenfalls nur schwer erreichen, ohne den Spielraum der Fertigungstoleranzen zu verlassen.
STASA QC Optimize vereinfacht diesen Findungsprozess durch einen systematischen Versuchsplan, der die kleinste Anzahl an Versuchen enthält, die notwendig sind, um den Raum der möglichen Einstellungen abzudecken. Das KI-Verfahren ermöglicht eine deutliche Verringerung der Fertigungstoleranzen, da automatisch für jedes einzelne Qualitätsmerkmal und gegebenenfalls jede einzelne Kavität ein KI-Qualitätsmodell erstellt wird. Damit können auch feine Unterschiede innerhalb unterschiedlicher Werkzeugformen abgebildet werden. Zusätzlich wird die Stabilität des Prozesses für jede mögliche Einstellung prognostiziert. Auf diese Weise lässt sich erkennen, wie stabil sich der Prozess innerhalb der Toleranzen verhält. Der gesamte Prozess wird somit über einen digitalen Zwilling abgebildet und visualisiert. Zusätzlich werden Zusammenhänge aus Ein- und Ausgangsgrößen veranschaulicht dargestellt, wodurch detaillierte Einblicke in den Prozess möglich werden. Dadurch kann STASA QC Optimize auch gut zu Lehrzwecken eingesetzt werden.
ComoNeoPREDICT ermöglicht eine Null-Fehler-Produktion
Die Detektion fehlerhafter Bauteile kann manuell über Stichproben erfolgen oder über die Nutzung entsprechender Sensorik. Beim Spritzgießen sind dies für gewöhnlich Temperatur- und Drucksensoren im Werkzeug. Der Werkzeuginnendruckverlauf beim Spritzgießen gilt als Fingerabdruck der Formteilbildung und stellt die aussagekräftigste Größe zur Beurteilung der Formteilqualität dar. Abweichungen vom optimalen Verlauf sind klare Zeichen für Prozessschwankungen, die zu Formteilfehlern führen. Um den gewünschten Zusammenhang zwischen der Qualität des Bauteils und den Einstellparametern der Maschine sowie den zeitabhängigen Sensordaten zu erzeugen, hat STASA ein patentiertes KI-Verfahren entwickelt: Dabei wird die angewandte Netztopologie automatisch generiert und individuell auf die benötigte Komplexität der zugrundeliegenden Zusammenhänge angepasst, ohne dass der Nutzer in den Prozess eingreifen muss.
In einer fortwährenden Analyse des Fertigungsprozesses werden die finalen Bauteilmaße prognostiziert. Störungen, Prozessschwankungen, die sich in den Sensordaten zeigen, wie auch langfristige Prozessveränderungen, die Einfluss auf die Qualität haben, werden vom selbst generierenden neuronalen Netz im Prozessüberwachungssystem ComoNeoPREDICT sofort erkannt. Die nicht qualitätsrelevanten Veränderungen in den Prozesskurven, zum Beispiel infolge eines ausgetauschten Sensors, werden mittels eines weiteren KI-Verfahrens identifiziert und kompensiert, sodass trotz einer Veränderung der Kurven das entsprechend gefertigte Bauteil weiterhin bewertet werden kann. ComoNeoPREDICT erlaubt während jedes einzelnen Zyklus zu entscheiden, ob das gerade entstehende Formteil den Qualitätsanforderungen genügt. Die Messung und KI-basierte Auswertung der Sensorsignale macht damit eine Null-Fehler-Produktion möglich. Dadurch können mit STASA QC Optimize in Kombination mit Kistlers ComoNeoPREDICT eine deutliche Verringerung der Fertigungstoleranzen und damit höchste Stückzahlen bei maximaler Präzision erreicht werden.
Verbesserung des gesamten Prozesses
Die Toleranzgrenzen sowohl für die Prozessoptimierung als auch die Prozessüberwachung können direkt aus der Spezifikation der Teile entnommen und als Überwachungskriterium vorgegeben werden. Die relevanten Zusammenhänge zwischen Prozesskurvenverläufen und Qualitätskriterien werden während der Werkzeugabmusterung gewonnen und anschließend zur Überwachung des Prozesses eingesetzt. Dies bedeutet eine erhebliche Weiterentwicklung der In-Prozess-Qualitätsüberwachung.
Die Praxis hat gezeigt, dass die Produktionskosten im Durchschnitt gegenüber herkömmlichen Verfahren um zehn bis 15 % reduziert werden können. Der Zeitaufwand für Optimierungen verringerte sich mit den KI-Verfahren von STASA QC Optimize gegenüber der konventionellen Optimierung auf ein Drittel bis ein Fünftel (Kunststoffe 10/2022). Eine Steigerung der Materialeffizienz um zehn bis 20 % und eine Erhöhung der Energieeffizienz und damit verbundener CO2-Einsparungen des Prozesses durch eine Verringerung der Zykluszeiten sind damit gegeben (BINE Projektinfo 07/05; Infoblätter KUZ, Leipzig). Der Nutzen durch die Ausschussvermeidung mit ComoNeoPREDICT liegt bei qualitativ hochwertigen Formteilen bei einer Reduzierung des Energieverbrauchs um rund 15 % (BINE Informationsdienst 07/05).
Kontakt
Niklas Janssen (Autor)
Geschäftsführer
STASA Steinbeis Angewandte Systemanalyse GmbH (Stuttgart)
www.stasa.de