Aus dem Rahmen gefallen: Die Restaurierung von Holzfenstern

Steinbeiser Prof. Dr. Volker Bucher entwickelt mit der Holzmanufaktur Rottweil innovative Methoden zur Reinigung, Abtragung und zum Aufbringen von Oberflächen

Manchmal braucht es den Zufall, um innovative Partner zusammenzubringen. Im Rottweiler Heilig-Kreuz-Münster fanden sich so Volker Bucher, Professor an der Hochschule Furtwangen und Steinbeis-Unternehmer am Steinbeis-Transferzentrum Oberflächen- und Beschichtungstechnik, und Restaurator Fabian Schorer. Der Experte für die Behandlung von denkmalgeschützten Materialien reinigte in der über 800 Jahre alten Kirche die Deckenmalereien und Holzbauteile der Sitzbänke mit Laserstrahlen. Das weckte Volker Buchers Interesse: Ließen sich mit dieser Laserstrahlreinigung oder anderen derartigen Verfahren wohl auch alte Holzfenster restaurieren? In einem gemeinsamen Projekt mit der Holzmanufaktur Rottweil und mit einer Förderung durch einen Innovationsgutschein des Landes Baden-Württemberg machten sich die Projektpartner an experimentelle Untersuchungen.

Die Erhaltung von Fenstern in geschützten Gebäuden ist ein gesetzlich verankerter Kulturauftrag und birgt neben den architektonischen, baukulturellen und bauhistorischen Aspekten auch ein immenses Potenzial hinsichtlich Umweltschutz, Nachhaltigkeit und Ressourceneffizienz. Doch das Instandhalten jeglicher Holz- oder Metallausstattungen in Bestands- und denkmalgeschützten Gebäuden funktioniert nur, wenn es auch überzeugende Lösungen für die handwerkliche und restauratorische Umsetzung gibt. Seit 2015 initiieren die Holzmanufaktur Rottweil GmbH und die holzmanufaktur SWISS AG in Hunzenschwil (Schweiz) deshalb Forschungsprojekte zur Erhaltung und zur funktionalen Verbesserung von Bestandsfenstern.

Gemeinsam mit Steinbeis-Experte Volker Bucher hat sich das Team der Holzmanufaktur daran gemacht, Methoden zur Laserreinigung und zur CO2-Schneestrahlreinigung zu optimieren. Ziel der Projektpartner ist es, denkmalgeschützte Holz- und Metallbauteile sowie metallische Beschläge selektiv von Lack- oder anderen Schichten befreien zu können, ohne die darunterliegende Struktur zu beeinflussen oder gar zu zerstören.

Alternativen zu Ablaugen und Schleifen gesucht
Das Team arbeitet im Projekt mit leistungsfähigen Versuchsanlagen, die dank energiereichem Licht und unterschiedlichen Lichtquellen im UV- und im IR‑­Wellenlängenbereich ein breites Anwendungsfeld für unterschiedliche Anforderungen eröffnen. Gesucht werden effektive Alternativen zu den bisher häufig angewendeten Methoden wie dem chemischen Ablaugen oder dem mechanischen Schleifen. Diese Methoden sind nicht nur gesundheitlich bedenklich, sondern gehen oft mit hohen Emissionen und Materialverlusten einher oder ziehen das darunterliegende Material in Mitleidenschaft.

In einem ersten Schritt erarbeitete Volker Bucher mit den Experten der Holzmanufaktur Rottweil eine Machbarkeitsstudie. Die Holzmanufaktur definierte als Auftraggeber die Anforderungen und analysierte sie mit Volker Bucher auf die Machbarkeit hin. Es folgten eine Literaturrecherche und die Auswahl der einzusetzenden Methoden sowie der zu bearbeitenden Referenzobjekte.

CO2-Schneestrahlverfahren
Eine Recherche zu den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen des CO2-Schneestrahlverfahrens verdeutlichte das Potenzial und die Marktfähigkeit der untersuchten Methode: Selbst empfindlichste Oberflächen von Kulturgut können mit diesem Verfahren gereinigt werden. Der Reinigungsprozess besteht aus mehreren Arbeitsschritten. Zunächst werden mit einer Impulsübertragung leichte oberflächliche Schmutzpatinen abgetragen. Durch den Temperaturunterschied zwischen CO2‑Schnee und der behandelten Oberfläche und die sich daraus ergebende Thermospannung wird die nächste Stufe der Reinigung erreicht: Der Druck des Strahls löst die oberste gespannte Schicht der Oberfläche. Während des Reinigungsvorgangs ändert der CO2‑Schnee seinen Aggregatzustand von fest zu gasförmig.

Laserbasiertes Reinigen mit Licht
Ein Schwerpunkt im Rottweiler Projekt ist auch das laserbasierte Reinigen mit Licht. Es stehen heute schon prozesssichere Laserverfahren für Reinigung, Entlackung und Vorbehandlung von Holz- und Metalloberflächen zur Verfügung. Darauf aufbauend erstellten Restauratoren, die mit laserbasierten Abtragungsverfahren Erfahrung haben, im Auftrag der Holzmanufaktur Rottweil einen Arbeitsplan für das Projekt mit Steinbeiser Volker Bucher.

Atmosphärendruck­plasmaverfahren
Mit weiteren Test- und Versuchsreihen will das Projektteam zur Erhöhung der Witterungsbeständigkeit von einheimischen Hölzern beitragen. Viele Funktionsausstattungen im Denkmal wie Fenster, Türen und Holzbauteile aller Art sind vor allem im bewitterten Außenbereich Altersprozessen ausgesetzt, die einen dauerhaften Schutz nicht gewährleisten und Pflege, Instandhaltung und Bearbeitung erschweren.

In Versuchsreihen mit dem Atmosphärendruckplasmaverfahren (Druckluftatmosphärenplasma) testet das Team momentan die verbesserte Adhäsion des Lacks auf Hölzern verschiedener Provenienz und mit gealterten Oberflächen. Im Ergebnis sollen eine größere Haftfestigkeit, eine höhere Eindringtiefe und eine gleichmäßigere Verteilung auf der Oberfläche erreicht werden. Aktuell laufen hierzu die im Arbeitsplan vorgesehenen Laborversuche und Feldversuche im Freien unter Bewitterungsbelastung.

Kontakt

Prof. Dr. Volker Bucher (Autor)
Steinbeis-Unternehmer
Steinbeis-Transferzentrum Oberflächen- und Beschichtungstechnik (Rottweil)

Hermann Klos (Autor)
Holzmanufaktur Rottweil GmbH (Rottweil)

Fabian Schorer (Autor)
Restaurator (Kusterdingen)

 

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