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Die Krise als Chance im Unternehmen

Aufbruch und Kulturwandel in eine neue Zeit

Die aktuell herausfordernde Situation bietet gleichzeitig eine Chance für einen zukunftsorientierten Wandel in Unternehmen. Neben neuen Strategien und passenden Geschäftsmodellen ist ein gezielter Kulturwandel nötig. Dies bedeutet vor allem die Implementierung einer hinreichenden Veränderungsaffinität bei Führungskräften und Mitarbeitern – den eindeutigen Willen, sich ständig zu verändern und anzupassen. Genau deshalb muss das Management eines Unternehmens entscheiden, worauf der aktuelle Fokus der Veränderung gelegt werden sollte: auf Strategie und Kultur oder Struktur und Prozesse. Dies kann am besten herausgefunden werden, indem der Blick auf den Entwicklungsstand der Organisation gerichtet wird. Ein neutraler Blick von außen hilft da weiter. An dieser Stelle unterstützen die Experten des Steinbeis-Beratungszentrums Business Excellence.

„Failure to adapt means failure to exist”, so spitzt der Futurist Gerd Leonhard seine Einschätzung zu, dass sich der digitalisierten Welt kein Unternehmen entziehen kann. Egal, ob man diese Einschätzung in dieser Schärfe teilt oder es etwas anders sieht: Eine unzureichende Anpassung, was Umfang und Dynamik der Digitalisierung betrifft, wird Unternehmen über kurz oder lang aufs Abstellgleis bringen. Dem massiven Änderungsbedarf hat 2019 auch die European Foundation for Quality Management (EFQM) Rechnung getragen und ihr Modell nach knapp zehn Jahren radikal erneuert: Kontinuierlicher Unternehmens- und Kulturwandel zur stetigen Anpassung an die sich rasch ändernde Geschäftswelt hat im Modell nun eine wesentlich stärkere Bedeutung als bisher[1]. Unternehmen, die in der zukünftigen Business-Welt herausragend sein wollen, brauchen demnach eine hinreichende Transformationskompetenz, denn was gestern noch richtig war, kann heute schon falsch sein. [2] In vielen Unternehmen gibt es nicht nur in Sachen Digitalisierung noch Rückstand, sondern beispielsweise auch im Hinblick auf neue Geschäftsmodelle. Bislang gab es entweder Widerstände gegen solche Veränderungen oder es fehlten die Kapazitäten und Prioritäten. Umso wichtiger ist es, Krisenzeiten zum Abbau dieses Rückstands zu nutzen: Was in Boom-Zeiten versäumt wurde, kann oft gerade in Zeiten freier Kapazitäten nachgeholt werden.[3] Nach der durch Corona ausgelösten Krise wird es wie nach allen großen Krisen nicht mehr so sein wie zuvor. Zu massiv sind die Einschnitte und Verschiebungen, als dass man wieder einfach zum „Business as usual“ zurückkehren könnte.

Krise als Antrieb für den Wandel

Krisen sind häufig Auslöser für Wandel.[4] Nach dem Eintritt der Krise folgt meist eine Phase des Schwankens zwischen Hilflosigkeit und Bewältigungsversuchen und eine zentrale Emotion dabei ist Angst [5], die die emotionale Bereitschaft erzeugt, sich führen zu lassen.[6] Das merkt man aktuell in der ganzen Bevölkerung. Eine Krise verstärkt erwiesenermaßen das Gefühl der Dringlichkeit für Veränderungen.[7] Angst ist aber bekanntermaßen ein schlechter Ratgeber und daher als einziges Leitmotiv zur Überwindung von Krisen nicht zielführend; ein erfolgreicher Mechanismus der Angstabwehr heißt Vertrauen.[6] Wer einen nachvollziehbaren und glaubwürdigen Plan für den Weg aus der Krise hat, dem wird auch Vertrauen geschenkt. Dafür sind tatkräftige Führungskräfte gefragt, die auch in großen Problemen noch die vorhandenen Chancen sehen.[8] Damit Menschen jedoch Bereitschaft für eine veränderte Zukunft entwickeln, muss es eine zumindest ansatzweise gemeinsame Problemsicht geben.[9] Das bedeutet, Führungskräfte müssen die Belegschaft partnerschaftlich mitnehmen, dabei ist vor allem die richtige Bewältigung der Emotionen wichtig. Schlüssel zur Veränderung ist eine emotionale Zustimmung, denn Fakten bringen Mitarbeiter zwar zum Denken, aber erst Gefühle bringen sie zum Handeln.[10] Gelingt keine emotionale Krisenbewältigung, kann dies zu einer negativen Entwicklung führen.[5]

Culture follows Strategy

Damit Menschen die Bereitschaft für neue Strategien, Ansätze und Geschäftsmodelle entwickeln, müssen sie also entsprechend beteiligt und emotional „abgeholt“ werden. Dies ist für den Erfolg der neuen Konzepte zwar notwendig, aber noch nicht hinreichend. Denn neue Konzepte erfordern auch Änderungen in Organisation und Kultur. Dem alt bekannten Zusammenhang „Structure follows Strategy“ muss für eine dauerhaft erfolgreiche Veränderung auch konsequent das „Culture follows Strategy“ folgen.[11] Kultur kann aber nicht im herkömmlich verstandenen Sinne direkt und auf ein genau definiertes Ziel hin technokratisch verändert werden, sondern lässt sich nur indirekt durch Veränderung von Verhalten und Haltung der Menschen beeinflussen.[12]

Um Kultur zielgerichtet zu beeinflussen, muss die Richtung bekannt sein. Im ersten Schritt ist daher eine Kulturanalyse notwendig. Was ist im Moment nötig: mehr Prozessorientierung, mehr Innovation oder mehr Agilität? Neue Geschäftsmodelle zeigen hierzu zwar die Richtung, sie geben jedoch noch keine Gewissheit. Vieles wird erst im Zuge der Veränderung deutlich. Umso wichtiger ist daher eine hinreichende Veränderungsaffinität als Element der Unternehmenskultur. So können, wie im EFQM-Modell beschrieben, Change und Transformation kontinuierlich vorangetrieben werden. Um eine veränderungsaffine Unternehmenskultur zu etablieren, ist aber wichtig, dass Veränderungen initiiert und aktiv implementiert und die entstehenden Lernerfahrungen genutzt werden.[13]

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Organisationsentwicklung für ein erfolgreiches Veränderungsmanagement

Neben dem Kulturwandel ist auch eine Anpassung der Organisation an die neuen Herausforderungen nötig. Dabei ist nicht nur relevant, welche strukturellen Veränderungen notwendig sind, sondern auf welchen Inhalten der Fokus des Managements im Hinblick auf die Organisation liegen sollte. Organisationen durchlaufen in ihrer Entwicklung verschiedene Phasen. Der Transaktionsanalyst Claus Nowak hat hierzu in Anlehnung an andere etablierte Modelle fünf Phasen entwickelt: die Pionierphase, Konsolidierung, Routine, Stagnation und Degeneration.[14] Die Produktivität von Organisationen ist in der Mitte der Routinephase am höchsten. Routine bedeutet dabei jedoch nicht stupides Abarbeiten eingeschliffener Prozesse. In Stagnation und Degeneration beschäftigt sich das Unternehmen oft zu sehr mit sich selbst anstatt mit Kunden und Wettbewerb. Im Pionierstadium und in der Konsolidierung fehlen hingegen häufig Strukturen und Koordination.

Das bedeutet: Um die Organisation für die Herausforderungen der Zeit nach der Krise fit zu machen, kann der Entwicklungsstatus der Organisation durch Interventionen zielgerichtet in Richtung der Routinephase verändert werden. Auch hier leistet das EFQM-Modell eine klare Wegweisung, worauf der Fokus gelegt werden sollte.[15] In Stagnation und Degeneration muss das Management wieder einen stärkeren Schwerpunkt auf die Schärfung der Strategie und eine entsprechende Anpassung der Kultur legen. In Pionierphase und Konsolidierung sollte das Augenmerk unter anderem stärker auf dem Etablieren geeigneter Strukturen und der konsequenten Umsetzung der Strategie liegen.

Das EFQM-Modell als ganzheitlicher Ansatz kann Unternehmen helfen, sowohl in Krisen als auch in Zeiten danach dauerhaft herausragende Unternehmensergebnisse zu erzielen. Die Experten des Steinbeis-Beratungszentrums Business Excellence unterstützen bei dessen Umsetzung und begleiten ihre Kunden durch schwierige Phasen.

Kontakt

Dr.-Ing. Günther Schöffner (Autor)
Freier Projektleiter
Steinbeis-Beratungszentrum Business Excellence (Gaimersheim)


Referenzen
[1] European Foundation for Quality Management EFQM (2019): The EFQM Model. Eigenverlag, Brüssel.
[2] Berner, Winfried (2012): Culture Change – Unternehmenskultur als Wettbewerbsvorteil. Schäffer-Poeschel Verlag, Stuttgart, S. 22.
[3] Krüger, Wolfgang (2009): Führen. Jetzt! Leadership in stürmischen Zeiten. Haufe Verlag, München, S. 77.
[4] Staehle, Wolfgang H. (1999): Management. Eine verhaltenswissenschaftliche Perspektive. Verlag Franz Vahlen, 8. Auflage, München, S. 901.
[5] Schlieper-Damrich, Ralph; Netzwerk CoachPro® (Hrsg.; 2011): Wertecoaching in Krisen. Aus erschütternden Situationen sinnvoll aufbrechen. managerSeminare Verlag, Bonn, S. 89.
[6] Paschen, Michael; Dihsmaier, Erich (2011): Psychologie der Menschenführung. Wie Sie Führungsstärke und Autorität entwickeln. Springer Verlag, Berlin, S. 35.
[7] Kotter, John (2009): Das Prinzip Dringlichkeit. Schnell und konsequent handeln im Management. Campus Verlag, Frankfurt/New York, S. 150.
[8] Malik, Fredmund (2007): Management. Das A und O des Handwerks. Campus Verlag, Frankfurt/New York, S. 283.
[9] Doppler, Klaus; Fuhrmann, Hellmuth; Lebbe-Waschke, Birgitt; Voigt, Bert (2011): Unternehmenswandel gegen Widerstände. Change-Management mit den Menschen. Campus Verlag, 2. Auflage, Frankfurt/New York, S. 106-107.
[10] Lederer, Dieter (2017): Veränderungsexzellenz. 12 Erfolgsstrategien für den Unternehmenswandel. Carl Hanser Verlag, München, S. 13.
[11] Doppler, Klaus; Lauterburg, Christoph (2009): Change-Management. Den Unternehmenswandel gestalten. Campus Verlag, Frankfurt/Main, S. 67.
[12] Schöffner, Günther (2020): Changeprozesse positiv gestalten. Kontinuierliche Veränderungsbereitschaft erzeugen und Widerstände überwinden. Schäffer-Poeschel Verlag, Stuttgart, S. 65.
[13] Ebd., S. 203.
[14] Nowak, Claus et. al. (2015): 70 Modelle für Führung, Coaching und Change-Management. Verlag Christa Limmer, Meezen, S. 382-392.
[15] Schöffner, Günther (2020): The EFQM Model as a guideline for improving organizational development. EFQM Knowledge Base, Digital EFQM, www.efqm.org, Brüssel.