Steinbeis-Experte entwickelt messgesteuertes Verfahren für ein funkenerosives Profilschleifen
Bei aller Komplexität, die in technischen Geräten, Maschinen und Anlagen stecken kann, verbindet sie doch eine zentrale Funktion: Sie setzen physikalische Effekte in reale Gebrauchsgegenstände um. Dafür nutzen sie Wirkflächen und Kinematiken, und was läge näher, als diese Bauteile möglichst effizient und damit kostengünstig mit Multifunktionseigenschaften auszustatten. Das ist möglich, indem mehrere Wirkflächen zu einem einzigen Werkstück zusammengefasst und in spanlos genau formenden Prozessen hergestellt werden. Um bei diesen Prozessen auch die Nacharbeiten spanlos zu ermöglichen, hat Prof. Karl Schekulin am Reutlinger Steinbeis-Transferzentrum Verfahrensentwicklung ein Verfahren zum messgesteuerten funkenerosiven Formschleifen entwickelt.
Wenn mehrere Bauteile zu einem einzigen Werkstück zusammengefasst werden, hat das entscheidende Vorteile: nicht nur aus fertigungsorganisatorischer Sicht, sondern auch weil die Fügeflächen eingespart werden oder gänzlich entfallen und somit die Funktionsqualität deutlich ansteigt. Als spanlos genau formende Verfahren zur Herstellung des Werkstücks kommen erprobte Fertigungsprozesse wie Feingießen, Druckgießen, Feinstanzen, Feinschmieden und Sintern in Frage. Dabei kann zur Erhöhung des Umformgrads halbwarm und zur Erhöhung der Maßqualitäten mit anschließendem Kalt-Kalibrieren gearbeitet werden.
HERAUSFORDERUNG NACHARBEIT
Trotz dieser Fertigungsprozesse lassen sich je nach geforderter Maßgenauigkeit spanende oder abtragende Nacharbeiten nicht vermeiden. Bei schwer zugänglichen Stellen und Hinterschneidungen lassen sich allerdings die Wirkflächen eines Multifunktionsteiles verfahrensbedingt nicht beliebig spanlos formen. In diesem Fall wären das konventionelle Bohren, Drehen, Fräsen und Schleifen zwar die erste Wahl, sind aber aufgrund der Komplexität des Werkstücks oft nicht möglich.
DIE LÖSUNG: FUNKENEROSIVES SCHLEIFEN
Das war Grund genug für Karl Schekulin, sich an die Lösung dieses Problems zu machen und das messgesteuerte funkenerosive Formschleifen zu entwickeln. Dabei wird auf einer drei- oder fünfachsigen Funkenerosionsmaschine eine der Achsen programmtechnisch als Hauptachse für eine Schwingbewegung der Elektrode definiert. „Der Erodierprozess ist denkbar einfach: Die Schleiftiefe, beispielsweise ein bestimmtes Endmaß, wird vorgegeben, die Elektrode tastet den Startzustand an und das Bearbeitungsergebnis wird durch erneutes Antasten festgestellt“, erklärt Karl Schekulin das Verfahren. Wenn zum Kompensieren des Elektrodenverschleißes Nacharbeiten notwendig sind, werden diese automatisch durchgeführt.
Der funkenerosive Prozess ist im Vergleich zum CNC-Fräsen ein sehr langsamer Vorgang. Das lässt sich aber durch die Mehrfachanordnung der Werkstücke und der Elektroden einfach kompensieren, so dass das Verfahren auch in der Massenfertigung wirtschaftlich einsetzbar ist. Um das neue Verfahren auf seine Industrietauglichkeit hin zu prüfen, hat Karl Schekulin nun eine handelsübliche Funkenerosionsmaschine umgebaut und mit zusätzlichen Bewegungsachsen ausgestattet. Die Maschine ist momentan am Steinbeis-Transferzentrum Verfahrensentwicklung in Reutlingen in Erprobung, um so die Verfahrensparameter für einen industriellen Einsatz zu ermitteln.
Kontakt
Prof. Karl Schekulin | Leiter
Steinbeis-Transferzentrum Verfahrensentwicklung (Reutlingen)
www.steinbeis-transferzentren.de/
Ihr schreibt, dass der Erodierprozess denkbar einfach ist. Mein Vater hat mir auch letztens versucht, diesen Prozess näher zu erklären. So einfach erschien mir das allerdings gar nicht.