Ausrichtmodul beim Fügen der Kernhälften

Präzise montiert

Steinbeis-Team entwickelt Multimontagesystem für elektrische Spulen

Die Arnold Elektronik GmbH im sächsischen Lichtenau blickt auf eine lange Unternehmensgeschichte: Vor beinahe einem Jahrhundert gegründet, hat sich der Spezialist für induktive Bauelemente stetig weiterentwickelt, doch die hohe Präzision erfordert bis heute manuelle Arbeitsprozesse. So werden Spulenkerne bisher an einem Handarbeitsplatz montiert. Das führt bei vor allem kleinen Spulenabmessungen zu Nachteilen, die Arnold Elektronik nun angegangen ist: Das Unternehmen hat gemeinsam mit dem Chemnitzer Steinbeis-Innovationszentrum Antriebs- und Handhabungstechnik ein Montagesystem entwickelt, das die Automatisierung von wesentlichen Prozessen ermöglicht.

Eine zu montierende Spule besteht aus dem bewickelten Spulenkörper und zwei Ferritkernhälften, die in den Spulenkörper eingeschoben und miteinander verklebt werden. Die Verklebung fixiert die Kernhälften und stellt den definierten Luftspalt her. Der Grad der Ausrichtung der Kernhälften beeinflusst die Spuleninduktivität erheblich: Ein Kantenversatz von wenigen 1/100 mm entscheidet darüber, ob die Induktionsgrenzen eingehalten werden oder ob die Spule fehlerhaft ist. Die endgültige mechanische Festigkeit der Spulen entsteht durch das Verbacken des ummantelten Kupferdrahtes in einem Ofen bei 150 °C. Die Klebeflächen müssen dementsprechend fest und temperaturstabil sein.

Insbesondere kleine Spulenabmessungen sind in der Handhabung extrem diffizil, da es für den Montagemitarbeiter kaum möglich ist, nicht in Kontakt mit der benetzten Fügefläche zu gelangen. Das Ausrichten der Kernhälften erfordert hohe Konzentration und Geschick, da der Kleber bei Einsatz eines Aktivators nur wenige Sekunden verarbeitet werden kann. Unmittelbar nach dem Zusammenfügen muss mit einem Induktionsmessgerät die Spule zwischen vorgeschriebenen Pins vermessen werden. Erfüllt die Spule die Messgrenzen nicht, kann der Mitarbeiter versuchen, mit Nachdruck die Kernhälften kräftiger mit den Fingern zusammenzudrücken oder leicht aufeinander zu reiben oder aber die Kernhälften wieder zu trennen und eine andere Kernhälfte auszuwählen. Dazu müssen die Fügestellen gereinigt und neu benetzt werden. Ist die Fügestelle bereits zu fest, kann die Spule nur noch aussortiert und der Kern mechanisch zerstört werden, um den bewickelten Spulenkörper gegebenenfalls wieder verwenden zu können.

Das Tragen von Schutzhandschuhen ist bei der Montage Pflicht, kann das Problem von Hautkontakt jedoch nur ungenügend verhindern, da die Anschlusspins sehr spitz sind und die Schutzhandschuhe bereits bei geringem Kontakt zerstechen. Miniaturspulen sind mit Handschuhen kaum handhabbar. Die Handhabetätigkeiten belasten die Fingerspitzen stark, zusätzliche Hautschädigungen durch den Kleber führen zu einem hohen Krankenstand. Die Anforderungen an die Arbeitskräfte sind sehr hoch, da das Sehvermögen stark strapaziert wird und die Qualität der Spulen sowie die Ausschussmenge von der Geschwindigkeit und Geschicklichkeit der jeweiligen Person abhängt.

All diese Einschränkungen waren für die beiden Projektpartner Anlass genug, sich der Optimierung der Montage anzunehmen. Mit dem vom Steinbeis- Team in Chemnitz und der Arnold Elektronik GmbH entwickelten Montagesystem können diverse Spulenkerne, ausgehend von einer Kernbreite zwischen 12 und 25 mm, montiert werden. Hierbei wird lediglich jeweils ein spulenabhängiger, wechselbarer Werkstückträger benötigt.

Der Montagemitarbeiter legt im ersten Arbeitsgang bis zu zehn Spulen inklusive der Ferritkerne in das Montagesystem ein. Die auf den verfahrbaren Magnetträgern befindlichen Elektromagnete befördern die Spulenkernhälften anschließend aus den Spulen und schwenken sie zum Auftragen des Klebstoffes in die Benetzungsposition. Nach dem Klebstoffauftrag werden die Kernhälften zum Fügen zurück in die jeweilige Spule geschoben. Dabei sichert das Ausrichtmodul das diffizile, passgenaue Ausrichten der Spulenkerne zueinander und ist somit essentiell für die Reproduzierbarkeit der Klebeverbindungen.

Das neuartige Montagesystem substituiert die derzeitige diffizile Handarbeit, die ein extrem hohes Maß an Konzentration, Geschick und Geschwindigkeit erforderte. Die Fertigungsergebnisse sind reproduzierbarer und der Ausschuss durch falsch ausgerichtete Kerne wird reduziert, da die Fügequalität nicht mehr vom jeweiligen Bearbeiter abhängig ist. Auf das Tragen von Schutzhandschuhen können die Montagemitarbeiter bei der Arnold Elektronik GmbH zukünftig verzichten, weil sie nicht mehr in direkten Hautkontakt mit dem Klebstoff kommen. Des Weiteren bringt das neue Montagesystem eine erhebliche Zeiteinsparung mit sich, da bis zu zehn Spulenkerne gleichzeitig gefügt und ausgerichtet werden können, statt wie bisher händisch jede Spule einzeln. Mit dem Multimontagesystem hat Arnold Elektronik einen modernen, flexiblen Arbeitsplatz geschaffen, mit dem wesentliche Produktivitäts- und Qualitätssteigerungen erreicht werden.

Kontakt

Prof. Dr.-Ing. habil. Eberhard Köhler
Steinbeis-Innovationszentrum Antriebs- und Handhabungstechnik im Maschinenbau (Chemnitz)