Steinbeis-Team entwickelt Laserstrahlmikrofügen in der Medizintechnik weiter
Die Nachfrage nach Laserstrahlschweißverfahren für medizintechnische Komponenten steigt stetig an. Diese Komponenten besitzen teilweise komplexe Bauteilgeometrien, Nahtverläufe und hohe Toleranzanforderungen. Wenn bei der Produktion dünnwandige Kapillarrohre mit Wandstärken von weniger als 200 μm und steigender Bauteilkomplexität gefügt werden müssen, kommen etablierte Laserstrahlschweißverfahren ohne Zusatzmaterial an ihre Grenzen: Sie führen zu einer erheblichen Reduzierung der Wandstärke der Kapillarrohre und können daher keine prozesssichere Verbindung der Rohre sicherstellen. Hier setzt das Kooperationsprojekt „Laserstrahlmikrofügen von Kanülenrohren für Medizinprodukte mit Zusatzwerkstoffunterstützung“ im Rahmen des Zentralen Innovationsprogramms Mittelstand (ZIM) an. Die beiden Chemnitzer Projektpartner, die Schweißtechnische Fertigung GmbH (STF) und das Steinbeis-Innovationszentrum Fügetechnik, entwickeln eine Möglichkeit, einem gepulsten Laserstrahlprozess drahtförmiges Zusatzmaterial zuzuführen, um reproduzierbare Schweißverbindungen zu erzeugen.
Die zunehmende Miniaturisierung in der medizinischen Gerätetechnik birgt immer neue Herausforderungen für die fügetechnischen Aufgaben in diesem Bereich. Auch im Hinblick auf die Wirtschaftlichkeit muss deshalb zum einen bestehende Fügetechnik für diese neuen Herausforderungen umgerüstet werden, zum anderen müssen Methoden und Möglichkeiten entwickelt werden, um ein kosteneffizientes Arbeiten für das Partnerunternehmen zu gewährleisten.
Das Projekt-Team hat bei der Entwicklung einen automatisierbaren Drahtförderer der L&A Lasertechnik & Applikationen GmbH verwendet, der eine für den Anwender offene Schnittstelle besitzt und sich daher einfach in bestehende Lasersysteme und Prozessabläufe integrieren lässt. Der Drahtförderer ist in der Lage Drähte bis zu einem Mindestdurchmesser von 300 μm prozesssicher zu fördern und somit bestens gerüstet, um auch zukünftige Fügeaufgaben zu meistern. Ergänzt wird das System durch eine flexible Haltevorrichtung bestehend aus zwei hydraulischen Spannarmen und einem Präzisionspositioniersystem für X-, Y- und Z-Achsen, womit sich die Drahtzuführung exakt, variabel und reproduzierbar an die verschiedenen Geometrien und Nahtverläufe anpassen lässt. Die Verbindungsschweißungen erfolgten an dünnwandigen Kanülenrohren aus dem rostfreien Stahl 1.4301 im Durchmesserbereich von 1,5 bis 4,05 mm mit Wandstärken von 140 bis 200 μm.
Geeignete Parameterkombinationen für das Laserstrahlschweißen ermittelte das Projekt-Team mit dem für die Medizintechnik geeigneten molybdänhaltigen Zusatzwerkstoff QuaLAs QL Med 4430. Die Experten des Steinbeis-Innovationszentrums und der STF GmbH untersuchten in den Versuchen die Anpassung der Laserstrahlschweißparameter (Fokusdurchmesser, Pulsenergie, Schweißgeschwindigkeit) an den Prozessablauf mit Zusatzwerkstoff und ermittelten geeignete Parameterfelder für die Zusatzwerkstoffzuführung (Drahtdurchmesser, Drahtvorschubgeschwindigkeit, Länge des freien Drahtendes, Anstellwinkel des Drahtes etc.). Im weiteren Verlauf des Projektes stand auch der Vergleich der Verbindungseigenschaften zu Schweißungen ohne Zusatzwerkstoff an.
Der Vergleich mit dem Ausgangsmaterialquerschnitt von Schweißungen ohne Zusatz zeigte beim Querschnitt mit Verwendung von Zusatzmaterial eine vergrößerte Anbindungsfläche zwischen den Kanülen. Die maximal ertragbaren Zugbeanspruchungen der Verbindung konnten so mithilfe von drahtförmigem Schweißzusatzwerkstoff um bis zu 30 % gesteigert werden (max. ertragbare Zugkraft 1400 N ohne Zusatz, 2000 N mit Zusatz). Dies führt das Projekt-Team darauf zurück, dass bei Schweißungen ohne Zusatz die Rohrwandungen infolge des Schweißprozesses extrem ausgedünnt werden. Das Versagen von mit Zusatzwerkstoff geschweißten Verbindungen trat generell im Bereich der Rohrwandungen auf, da diese gegenüber der Schweißverbindung den geringeren Querschnitt aufweisen. Die geometrischen Verhältnisse im Bereich der Schweißfuge, wo es aufgrund des verwendeten Zusatzwerkstoffdurchmessers nicht vollständig gelingt den Fugenbereich bis zum Kontaktpunkt der beiden Rohre mit Zusatzwerkstoff zu füllen, haben dabei keine negativen Auswirkungen auf die Bauteilfestigkeit.
Bei der Schweißung gebogener Kanülen ergab sich bedingt durch die Toleranzen beim Biegeprozess ein kleiner Spalt zwischen den Rohren in der Zone der Krümmung, der mit dem aufgeschmolzenen Zusatzwerkstoff prozesssicher überbrückt werden konnte. Die Nahteigenschaften sind gegenüber geradlinigen Nahtverläufen äquivalent.
Mithilfe des vom Steinbeis-Innovationszentrum Fügetechnik ermittelten Parameterkatalogs für Verbindungsschweißungen mit Zusatzwerkstoffen an verschiedenen Kapillarrohrhalbzeugen konnte der bestehende Schweißprozess bei der STF GmbH optimiert und auf eine größere Variantenvielfalt ausgedehnt werden. Dadurch kann STF ihr Portfolio im Bereich medizintechnischer Komponenten weiter ausbauen. Der gesteigerte Automatisierungsgrad des Schweißprozesses sorgt darüber hinaus für eine kosteneffizientere Produktion und sichert somit auch in Zukunft die Konkurrenzfähigkeit des Projektpartners.
Kontakt
Tom-Eric Adams, Holger Letsch, Prof. Dr. Peter Mayr
Steinbeis-Innovationszentrum Fügetechnik (Chemnitz)