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So bringt das Metaverse Nutzen für Unternehmen

Eine systematische Herangehensweise erleichtert den Einstieg

In einer immer digitaler werdenden Welt spielen technologische Innovationen eine entscheidende Rolle. Das Metaverse ist eine dieser Innovationen – eine konvergente virtuelle Realität, die Menschen aus der ganzen Welt zusammenbringt und Unternehmen eine Fülle neuer Möglichkeiten bietet. Das Metaverse hat das Potenzial, nach dem mobilen Internet eine neue Ära des Internets einzuleiten. Oft ist vom begehbaren Internet die Rede, weil physische und virtuelle Räume miteinander verschmelzen und Nutzer immersiv interagieren können. Die Wirtschaft sieht sich mit der Aufgabe konfrontiert diese aufstrebende Technologie zu erkunden und zu bewerten, um deren Potenzial zu erschließen und nicht von Mitbewerbern überholt zu werden. Doch das Verständnis des Metaverse und seiner unternehmerischen Anwendungsmöglichkeiten steckt noch in den Kinderschuhen und so wissen viele Unternehmen nicht, wie sie die für sie passende Metaverse-Strategie entwickeln. Professor Dr. Markus Weinberger, Unternehmer am Steinbeis-Transferzentrum Digital Expertise, hat mit den Experten der P3 group GmbH daher einen Ansatz entwickelt, der Nutzungsmöglichkeiten des Metaverse für Unternehmen aufzeigt.

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Unternehmen aller Branchen stehen vor der Herausforderung zu verstehen, wie das Metaverse ihre Geschäftsmodelle und -prozesse beeinflussen könnte und welche Möglichkeiten es bietet, um einen Wettbewerbsvorteil zu erzielen. Ob es darum geht, Kundenerfahrungen zu verbessern, neue Vertriebskanäle zu erschließen oder die Arbeitsumgebung zu revolutionieren: Das Metaverse könnte die Spielregeln in vielen Bereichen verändern.

Kompetenzaufbau: Los geht’s!

Der Aufbau einer Metaverse-Strategie läuft in vier Phasen ab. Den Start bildet der Kompetenzaufbau. Hier wird der Grundstein gelegt, um spätere Diskussionen zwischen den Entscheidern zu ermöglichen. Hierfür ist es wichtig, den richtigen Personenkreis für den anstehenden Prozess zu definieren. Als Grundlage für die richtige Zusammensetzung kann auf die Strategie-Team-Zusammensetzung von Peppard und Ward zurückgegriffen werden: Neben einem diversen Team werben sie auch für einen Sponsor aus dem Top-Management sowie die Etablierung eines Steuerkreises [1].

„Das Thema Metaverse ist neu, es fehlt noch an einer einheitlichen Definition. Deshalb ist es wichtig, innerhalb des Unternehmens ein gemeinsames, identisches Verständnis zu erzeugen“, erläutert Steinbeis-Experte Markus Weinberger eine der aktuellen Herausforderungen. Für diesen Schritt ist es essenziell zu verstehen, wie das Metaverse und die angrenzenden Technologien im Allgemeinen verwendet werden können. Dieser Kompetenzaufbau im Unternehmen findet im Rahmen von Workshops statt. Hierzu können, falls nötig, externe Experten hinzugezogen werden. Darüber hinaus werden Marktanalysen und Benchmarks durchgeführt, um ein ganzheitliches Bild des Marktes und der Wettbewerber zu schaffen. Auch die Erstellung eines eigenen oder die Nutzung eines bestehenden Technologieradars kann dabei helfen, die aktuelle Entwicklung besser einschätzen zu können. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz erstellt regelmäßig ein solches Dokument [2].

Initiale Bewertung und Zielsetzung: Wo stehen wir?

In Phase zwei, der initialen Bewertung und Zielsetzung, werden die Erkenntnisse aus der ersten Phase um die interne Perspektive angereichert. Bevor sinnvolle Ziele definiert werden können, bietet es sich an, ein sogenanntes Digital Maturity Assessment [3] durchzuführen und alle bestehenden digitalen Aktivitäten des Unternehmens in Form eines Asset Sheets zu dokumentieren [4].

Mit dem Digital Maturity Assessment wird bewertet, wie gut das Unternehmen heute im Hinblick auf die Digitalisierung dasteht. Hierfür wird eine qualitative Einschätzung verschiedener Kategorien vorgenommen. Die Auflistung aller bestehenden Digitalisierungsaktivitäten unterstützt, dass sich die Aktivitäten rund um das Metaverse in die übergeordneten Digitalisierungsinitiativen und -projekte einfügen. „Es ist wichtig die Konvergenz verschiedener Technologien im Blick zu behalten und nicht in Silos zu denken“, unterstreicht Philipp Eiler, Senior Management Consultant der P3 group. Sobald die internen Analysen abgeschlossen sind, können mithilfe dieser Informationen realistische strategische Ziele und Erfolgsfaktoren zur Erfüllung dieser Ziele definiert werden.

Das Festlegen der Ziele sollte in Abstimmung mit dem Top-Management vorgenommen werden. Als Hilfe bei der Zielbeschreibung und Zusammenfassung der Analyseergebnisse können die OGTM-Methode (Objectives, Goals, Tactics, Metrics) oder die Nutzung der klassischen SWOT-Analyse (Strengths, Weaknesses, Opportunities, Threats) helfen.

Identifikation von Anwendungsfällen: Was nützt es?

Sind die strategischen Ziele definiert, folgen die Identifikation und Bewertung von Anwendungsfällen. Hier ist die Einbindung von Mitarbeitenden unerlässlich, da sie über Wissen zu den Prozessen und Abläufen sowie über entsprechendes Fachwissen verfügen, um den tatsächlichen Nutzen der Anwendungsfälle bewerten zu können. Im Rahmen von Interviews und Workshops werden die Nutzungspotenziale zunächst identifiziert. Hierfür eignet sich der Design-Thinking-Ansatz: Er hat den Vorteil, dass er die Nutzerbedürfnisse in den Mittelpunkt stellt und den Prozess zielgerichtet steuert [5].

Potenzielle Anwendungsfälle können in zwei übergeordnete Kategorien eingeteilt werden:

  • Optimierung interner Prozesse (beispielsweise Training/Onboarding, Meetings und Events, Digital Twins) oder
  • neue Angebote für Kunden (beispielsweise Marketing, neue Produkte, Geschäftsmodelle, Serviceerweiterungen)

Definition von Handlungsrouten: Wie gehen wir vor?

Abschließend wird in Phase vier, der Modularisierung und Definition von Handlungsrouten, die Umsetzung der ausgewählten Anwendungsfälle detailliert. Hierfür bietet es sich an, mehrere Eskalationsstufen zu definieren. Dadurch besteht die Möglichkeit die einzelnen Projekte in Phasen zu unterteilen, um eine strukturierte Anpassung und Entscheidungsfindung zu gewährleisten.

Ein Beispiel hierfür ist der digitale Zwilling in der Produktion: Anstatt sich direkt vorzunehmen die ganze Produktion virtuell und dreidimensional abzubilden, kann auch mit einzelnen Maschinen gestartet werden, die aktuell neu angeschafft werden müssen. Oder man beginnt zunächst mit der Installation von Sensoren zur Datenerhebung, um Dashboards zu nutzen und so einen ersten Überblick über die eigene Produktionsstraße zu erhalten. Besonders wichtig ist dabei, die Meilensteine und Eskalationsstufen mit konkreten Zielen und Messwerten zu versehen. So lässt sich der Erfolg kontinuierlich messen, eventuelle Anpassungen können systematisch vorgenommen und erfolglose Anwendungsfälle frühzeitig gestoppt werden.

Projekte mit langer Laufzeit und großen Investitionen bergen die Gefahr, während der Umsetzung überholt zu werden – das mussten zahlreiche Chat-bot-Projekte erfahren, die durch das Aufkommen von deutlich stärkerer KI über Nacht obsolet wurden. Je früher in solchen Fällen reagiert werden kann, desto geringer ist die Gefahr große Mengen an Ressourcen unnötig investiert zu haben. Auch die Auswahl der richtigen Lieferanten und Partner für die Umsetzung spielt eine entscheidende Rolle. Sind diese Vorkehrungen getroffen, steht einer Implementierung nichts mehr im Wege.

Erfolgsfaktoren: So wird’s gut!

Die erfolgreiche Erarbeitung und Umsetzung einer Metaverse-Strategie basiert auf mehreren Erfolgsfaktoren. Hierzu gehört eine offene Unternehmenskultur, die sich neuen Themen gegenüber aufgeschlossen zeigt. Dies schließt die Bereitschaft ein, sich von aktuellen technologischen Beschränkungen zu lösen und zukünftige digitale Entwicklungen zu akzeptieren. Das Metaverse ist eine unaufhaltsame Entwicklung, die als Chance verstanden werden sollte, auch wenn zum heutigen Zeitpunkt noch technische Limitationen bestehen.

Die Unterstützung des Top-Managements spielt für den Erfolg ebenfalls eine entscheidende Rolle. Dies umfasst die Bereitstellung von Ressourcen wie Budget und Personal sowie das Schaffen von Strukturen, um neue Technologien bewerten und einordnen zu können. Das Ermöglichen von Ausprobierräumen knüpft daran direkt an und sorgt dafür, dass Erfahrungen gesammelt werden können und Berührungspunkte mit dem Thema geschaffen werden, bevor große Investitionen getätigt werden.

Auch die Einbindung externer Experten kann sinnvoll sein, wenn heute noch keine Expertise im Unternehmen besteht oder Unterstützung bei der Erarbeitung der Strategie gewünscht wird. Dieser externe Support kann auch dabei helfen, eine klare Zielsetzung für die Strategie herauszuarbeiten.

In naher Zukunft könnten Unternehmen, die das Metaverse als strategisches Instrument nutzen möchten, vor der Herausforderung stehen, die richtige Balance zwischen den technologischen Möglichkeiten und den tatsächlichen Bedürfnissen ihrer Zielgruppen zu finden. Es wird entscheidend sein, nicht nur Technologien und Anwendungen zu entwickeln, sondern auch die menschliche Komponente – die Art und Weise, wie Menschen das Metaverse erleben und nutzen möchten – in den Mittelpunkt zu stellen. Nur so finden die identifizierten Anwendungsfälle auch Akzeptanz und erzeugen einen Mehrwert für Unternehmen und Nutzer.

Kontakt

Prof. Dr. Markus Weinberger (Autor)
Steinbeis-Unternehmer
Steinbeis-Transferzentrum Digital Expertise (Gaimersheim)
https://digitalexpertise.eu

Philipp Eiler
Senior Management Consultant
P3 group GmbH (Stuttgart)

Quellen
[1] Peppard, J., & Ward, J. (2016). The Strategic Management of Information Systems: Building a Digital Strategy. Hoboken: Wiley.
[2] Stich, V., Stroh, M.-F., Abbas, M., Frings, K., & Kremer, S. (November 2022). de.digital. Abgerufen am 12. Oktober 2023 von TECHNOLOGIE- UND TRENDRADAR: https://www.de.digital/DIGITAL/Navigation/DE/Lagebild/Technologie-und-Trendradar/technologie-und-trendradar.html
[3] Greiner, O., Riepl, P., & Kittelberger, D. (2017). Die digitale Strategie – der Wegweiser zur systematischen Digitalisierung. In M. Kieninger, Digitalisierung der Unternehmenssteuerung – Prozessautomatisierung, Business Analytics, Big Data, (S. 19-32). Stuttgart: Schäffer-Poeschl
[4] Rauser, A. (2016). Digital Strategy: A Guide to Digital Business Transformation. Scotts Valley, Kalifornien: CreateSpace Independent Publishing Platform.
[5] Grots, A., & Pratschke, M. (2009). Design Thinking – Kreativität als Methode. Thexis, 26, 18-23. doi:https://doi.org/10.1007/s11621-009-0027-4
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