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Förderung von Innovationsökosystemen

Steinbeis-Experten unterstützen den baden-württembergischen Mittelstand bei der Umsetzung der Innovations- und Digitalisierungsstrategie der Europäischen Kommission

Die Einbindung der regionalen Unternehmen in die europäischen Innovationssysteme und die damit verbundene Nutzung des in Europa verfügbaren Know-hows ist vor dem Hintergrund der immensen globalen Herausforderungen und eines raschen digitalen Wandels ein wichtiger Bestandteil der baden-württembergischen Innovationsförderung. Das Steinbeis Europa Zentrum unterstützt seit über 33 Jahren die baden-württembergische Wirtschaft mit Erfolg bei der strategischen Innovationsförderung und der Umsetzung von Digitalisierungs- und Innovationsprozessen. Der enge und stete Kontakt einerseits zur Europäischen Kommission und den europäischen Initiativen und andererseits zu den Unternehmen und Forschungseinrichtungen im Land sorgt für einen fruchtbaren Austausch zwischen Politik und Wirtschaft.

Die Folgen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine, aber auch die Auswirkungen des Klimawandels, Umweltzerstörung, gesundheitliche Notlagen, demografischer Wandel und wachsende Ungleichheiten stellen Politik und Gesellschaft vor große Aufgaben. Um diese und zukünftige Herausforderungen zu bewältigen, erarbeitet die Europäische Kommission regelmäßig mehrjährige Strategien, die dann unter anderem in Form von Förderprogrammen umgesetzt werden. Zusätzlich wurde im Jahr 2020 der sogenannte NextGenerationEU-Recovery-Plan aufgesetzt, der den grünen, digitalen und resilienten Umbau der europäischen Wirtschaft und Gesellschaft mit über zwei Billionen Euro unterstützt. Das Steinbeis Europa Zentrum fördert die Umsetzung dieser Strategien durch die Integration baden-württembergischer Akteure in die europäischen Innovationssysteme sowie die Erarbeitung und Nutzung von innovativen Lösungen aus EU-Forschungs- und Innovationsprojekten. Das erklärte Ziel ist dabei, die Resilienz, Wettbewerbs- und Innovationsfähigkeit der baden-württembergischen Wirtschaft nachhaltig zu erhöhen.

Aktuell ist das Förderprogramm „Horizont Europa“ (HEU, 2021-2027) das zentrale Instrument der Europäischen Kommission für die Umsetzung des strategischen Plans 2020-2024. Mit einem Budget von rund 91 Milliarden Euro ist es zugleich das mit Abstand größte EU-Forschungs- und Innovationsrahmenprogramm, das es je gab. Als Nachfolger des erfolgreichen „Horizont 2020“-Förderprogramms stärkt „Horizont Europa“ die wissenschaftlichen und technologischen Grundlagen der EU, aber auch deren konkrete Anwendung in Wirtschaft und Gesellschaft. Darüber hinaus trägt es dazu bei, die Ziele für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen (UN Sustainable Development Goals – SDG) zu erreichen. Der Schwerpunkt der Förderung liegt dabei auf der Unterstützung des ökologischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Wandels in Europa und auf der Umsetzung der strategischen EU-Prioritäten, wie beispielsweise des „European Green Deals“ oder „Europe Fit for the Digital Age“.

Digitalisierung der europäischen Wirtschaft

Um den digitalen Umbau von Wirtschaft und Gesellschaft gezielt zu unterstützen, hat die EU in den letzten Jahren insbesondere die Förderung der Digitalisierung in der Breite vorangebracht. Die „Europa 2020“-Strategie setzte das Thema in den Jahren 2010 bis 2020 ganz oben auf die europäische Agenda. Insbesondere mit der daraus hervorgegangenen „digitalen Agenda für Europa” wurde ein wichtiger Schritt in Richtung einer klaren europäischen Digitalstrategie zur Förderung eines „digitalen Binnenmarktes“ unternommen, von dem die gesamte europäische Wirtschaft profitieren soll. Dabei ist die Initiative „Digitalisierung der europäischen Industrie” (Digitising European Industry, DEI) von besonderer Bedeutung. Im Fokus stehen die Entwicklung innovativer Produkte, die Verbesserung von Prozessen und die Anpassung von Geschäftsmodellen.

Unterstützung? Aber richtig!

Durch die Förderung von Kooperationen zwischen externen Partnern, zum Beispiel Unternehmen und Forschungseinrichtungen, kann bedeutendes Innovationspotenzial gehoben werden. Diese sogenannte „offene Innovation“ (Open Innovation) gilt seit einigen Jahren als unverzichtbar, um innovativ und wettbewerbsfähig zu bleiben. Dies gilt sowohl für kleine als auch für große Unternehmen. Allerdings ist es nach wie vor so, dass viele Unternehmen in erster Linie mit Organisationen, die in ihrer unmittelbaren Nähe angesiedelt sind, kooperieren, und dass diese Kooperationen selten gezielt angebahnt werden, sondern häufig zufällig entstehen. Um zum einen diese regionale Kooperationsanbahnung zu professionalisieren und zum anderen gezielt benötigtes Know-how aus anderen europäischen Regionen zu nutzen, wurden die Digital Innovation Hubs ins Leben gerufen. Momentan besteht das Netzwerk der European Digital Innovation Hubs (EDIH) aus 151 EDIH, die mit 7,5 Milliarden Euro durch die EU aus der DEI-Initiative kofinanziert werden. Die EDIH dienen als regionale Anlaufstellen vor Ort, als „One-Stop-Shops“ und vernetzen Unternehmen direkt mit den richtigen Ansprechpartnern, die sie bei ihrer Digitalisierungsherausforderung unterstützen. Die Dienstleistungen für Start-ups, KMU und mittelständische Unternehmen sind größtenteils öffentlich finanziert und damit für Unternehmen in der Regel kostenfrei. Ein besonderer Schwerpunkt aller EDIH liegt auf der Nutzung künstlicher Intelligenz, der Cybersicherheit und dem High Performance Computing. Neben Unternehmen können auch öffentliche Organisationen Digitalisierungsdienstleistungen der EDIH in Anspruch nehmen, um zum Beispiel Verwaltungsprozesse zu digitalisieren.

Angebote der EDIH umfassen:

  • Experimentierräume und Workshops zum Testen vor der Investition („test before invest“),
  • Unterstützung und Training für den Kompetenzaufbau („skills and training“),
  • Zugang zu Investitionen und Beratung zu öffentlichen Förder­programmen („support to find investments“) sowie
  • Schaffung eines starken regionalen und europäischen Innovations­ökosystems durch verschiedene Netzwerkaktivitäten und Kontakt­anbahnungen („innovation ecosystem and networking“).

Das Steinbeis Europa Zentrum spielt eine Schlüsselrolle in der europäischen Zusammenarbeit aller EDIH. Gemeinsam mit drei weiteren Partnern aus Spanien, Luxemburg und Belgien agiert es im Auftrag der Europäischen Kommission als „Digital Transformation Accelerator“ (DTA) und hat auf diese Weise direkten und schnellen Zugriff auf alle relevanten Informationen, die auf EU-Ebene veröffentlicht werden und für Baden-Württemberg relevant sein könnten. Es sorgt für den Austausch und Aufbau strategischer Partnerschaften zwischen allen europäischen EDIH in enger Zusammenarbeit mit anderen internationalen und europäischen Netzwerken, wie zum Beispiel dem Enterprise Europe Network, Startup Europe und der European Cluster Cooperation Platform.

In Baden-Württemberg wurden zwei EDIH gegründet: Der EDIH Südwest, koordiniert durch die Hahn-Schickard-Gesellschaft in Villingen-Schwenningen, und der EDIH Artificial Intelligence & Cybersecurity (AICS), koordiniert durch das Forschungszentrum Informatik in Karlsruhe. Die Anwendungsfelder des EDIH AICS sind Produktion, Energie, Mobilität sowie Handel und Dienstleistungen. Zu den Angeboten gehören beispielsweise Beratungsgespräche, Workshops und Schulungen, Machbarkeitsstudien, der Zugang zu Laboren und Testumgebungen, Entwicklungsprojekte für Funktionsmuster sowie die Unterstützung bei der Suche nach Finanzierungsmöglichkeiten oder bei der Beobachtung von Märkten und Trends.

Förderung von Anwendungsexperimenten

Für Unternehmen und Start-ups, die sich eher für die Durchführung eigener Forschungs- oder Entwicklungsprojekte interessieren, bietet das Steinbeis Europa Zentrum im Rahmen unterschiedlicher EU-Projekte Finanzierungsmöglichkeiten an. Über das EU-Projekt AI REGIO, das KI-Anwendungen im produzierenden Gewerbe förderte, wurden zum Beispiel 18 Entwicklungsprojekte, sogenannte „Anwendungsexperimente“, mit bis zu 100.000 Euro gefördert. Eins davon ist das Anwendungsprojekt „AI for sensitive gripping of non-rigid parts and textiles“ der Robotextile GmbH aus Baden-Württemberg, das einen Zuschlag von 100.000 Euro erhielt. Das Unternehmen arbeitete mit dem Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung (IPA) und der J. Schmalz GmbH, Marktführer in der Automatisierung mit Vakuum und für ergonomische Handhabungssysteme, zusammen, um gezielt eine Sensortechnologie zu entwickeln, die eine zuverlässige Trennung und Handhabung von Textilzuschnitten ermöglicht. Als zweites Unternehmen aus Baden-Württemberg erhielt die Bytefabrik.AI GmbH erfolgreich einen Zuschlag von 60.000 Euro für ihr Anwendungsprojekt „Data Stories for Human-Centric Manufacturing AI“. Im Projekt wurde ein innovativer Ansatz entwickelt, der KI-gestützte Datenanalysen so aufbereitet, dass auch Laien diese verstehen und unkompliziert nutzen können. Das Ziel des Experiments war die schnelle Entwicklung von Mikro-KI-Anwendungen, die auf prädiktive Analyseanwendungen oder Klassifizierungsaufgaben auf der Grundlage von rohen und kontinuierlichen Sensordaten abzielen.

Aufbauend auf AI REGIO wendet sich das im Januar 2023 gestartete Projekt AI REDGIO 5.0 ebenfalls an KMU aus der Fertigungsindustrie und unterstützt diese bei der Einführung künstlicher Intelligenz in ihre Prozesse. Durch die Verknüpfung der European Digital Innovation Hubs mit Testzentren für künstliche Intelligenz und sich im Aufbau befindenden Datenräumen (Data Spaces) initiiert AI REDGIO 5.0 grenzüberschreitende Kooperationen zwischen KMU. Das Steinbeis Europa Zentrum als Projektpartner berät KMU zu dem ersten offenen Aufruf, der im Dezember 2023 veröffentlicht wurde und den kleinen und mittelständischen Unternehmen die Möglichkeit bietet, sich am Prozess der digitalen Transformation der Industrie 5.0 zu beteiligen und ergänzende Fördermittel für die vollständige Umsetzung ihrer Experimente zu erhalten. Bei einem Gesamtbudget von 1,2 Millionen Euro für die beiden offenen Aufrufe beträgt der Höchstbetrag pro Antrag 60.000 Euro. Der erste Aufruf wird vier Monate lang offen sein. Dabei werden zehn Experimente von KMU unterstützt, die innerhalb von sechs Monaten abgeschlossen sein sollten.


Partner des European Digital Innovation Hub Artificial Intelligence & Cybersecurity (EdiH AICS)

  • FZI Forschungszentrum Informatik (Koordinator)
  • Steinbeis Europa Zentrum / Steinbeis 2i GmbH
  • Karlsruher Institut für Technologie
  • Fraunhofer-Institut für Optronik, Systemtechnik und Bildauswertung
  • Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg
  • Hochschule Karlsruhe
  • CyberForum e. V.
  • DIZ | Digitales Innovationszentrum GmbH
  • Technologieregion Karlsruhe GmbH
  • Wirtschaftsförderung Zukunftsregion Nordschwarzwald GmbH
  • Rund 200 assoziierte Partner

Kontakt

Sabine Hafner-Zimmermann (Autorin)
Senior Project Managerin
Steinbeis Europa Zentrum
Steinbeis 2i GmbH (Stuttgart)

Steve Bageritz (Autor)
Project Manager
Steinbeis Europa Zentrum
Steinbeis 2i GmbH (Stuttgart)

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