Professor Dr.-Ing. Adrian Pisla zeigt, warum KMU ein soziales, technologieorientiertes Umfeld brauchen
Das im März 2023 gegründete Steinbeis Transfer Center EMSEC (Engineering & Management Steinbeis Enterprise) in Cluj-Napoca liegt in der rumänischen Region Transsilvanien und ist dort bestens vernetzt – mit der Technischen Universität Cluj-Napoca, der Steinbeis Group EAST-WEST, die in Österreich, Aserbaidschan, Deutschland, Rumänien und der Ukraine aktiv ist, sowie dem Steinbeis Network Romania. Steinbeis-Unternehmer Professor Dr.-Ing. Adrian Pisla möchte mit seiner Arbeit insbesondere den Mittelstand und seine Fähigkeiten stärken und plädiert deshalb dafür, dass aus der etablierten „PEST”-Analyse ein „STEP”-Ansatz wird. Für die TRANSFER hat er die wichtigsten Impulse für diese Transformation zusammengefasst.
Der Mittelstand ist bekannt für seine Anpassungsfähigkeit, Kreativität, Flexibilität, seinen Erfolg und nicht zuletzt für seine Fähigkeit, durch die Schaffung von Werten die Gesellschaft voranzubringen. Er ist ein unverzichtbarer aktiver Teil jeder Gesellschaft und stellt gerade in Krisenzeiten eine der wichtigsten Stützen dar. Die aktuellen Herausforderungen offenbaren zwei Faktoren, die Ober-, Mittel- und Unterschicht voneinander unterscheiden: Erstens das Paradoxon des Kapitalismus und zweitens die Kräfte des Wandels, die in einer zirkulären Rangordnung eng miteinander verwoben sind. Das Paradoxon beginnt mit der Idee des Wettbewerbs, und der Behauptung, dass der Wettbewerb der wichtigste Faktor für erschwingliche, qualitativ hochwertige Produkte, Dienstleistungen sowie Technologien ist und Fähigkeiten sowie Handlungen direkt mit Ergebnissen verbindet. Es besteht darin, dass jedes Unternehmen in seiner Definition von Erfolg nicht nach Partnerschaft, sondern einem Monopol strebt, ganz nach dem Motto: „Die großen Fische fressen die kleinen.“ In einem größeren Rahmen scheint diese Art von unternehmerischem Ansatz für die USA charakteristisch zu sein, einer Nation mit einer vielfältigen Bevölkerung, geeint durch den „American Dream“. Europa hingegen ist eine eher soziale Region mit vielen Trägersystemen zur Unterstützung der Bevölkerung.
Mittelstand als Wirtschafts- und Beschäftigungsmotor
Nach Angaben der Weltbank sind die Bedingungen auf der ganzen Welt bemerkenswert ähnlich: KMU, die in den meisten Volkswirtschaften etwa 90 %, in der EU 99 % und in den Schwellenländern mehr als 50 % der Arbeitgeber ausmachen, spielen eine wichtige Rolle bei der Schaffung von Arbeitsplätzen. In den Schwellenländern können KMU bis zu 40 % des Bruttoinlandsprodukts (BIP) ausmachen, in der EU sind es 51 %. Mit Blick auf die Zukunft haben KMU für die Regierungen oberste Priorität, denn bis 2030 müssen 600 Millionen Arbeitsplätze geschaffen werden, um die neue globale Erwerbsbevölkerung aufzunehmen. Allerdings machen die zahlreichen Krisen wie auch die vielen Weiterentwicklungen, unter anderem im Technologiebereich, eine grundsätzliche Transformation erforderlich – vom Mittelstand zum New Mittelstand. Nur: Wie kann diese gelingen?
Aus PEST wird STEP: Das Soziale im Mittelpunkt
Um diese Frage zu beantworten, sollten wir zuerst den Ist-Zustand, genauer gesagt die vier Kräfte des Wandels in der sogenannten PEST-Analyse, betrachten. Sie wurde in den 1960er-Jahren von Harvard-Professor Francis J. Aguilar entwickelt. PEST steht für politische (political), wirtschaftliche (economical), soziale (social) und technologische (technological) Faktoren, die bei der Analyse eines Unternehmensumfeldes bewertet werden, mit dem Ziel, sowohl Unternehmensbedrohungen als auch -chancen zu identifizieren, potenzielle Veränderungen zu erkennen und bewusste Entscheidungen in einem veränderten Markt treffen zu können.
2023 beschäftigen sich Unternehmen mit Industrie 4.0, die durch technologische Innovationen mehr Nachhaltigkeit bietet, Zugriff auf mehr Ressourcen schafft und durch ein größeres Angebot an neuen technologiebasierten Produkten und Dienstleistungen für größere Widerstandsfähigkeit sorgt. Ist es vor diesem Hintergrund richtig, immer noch den Begriff „PEST“ zu verwenden, bei dem Politik an erster und Technologie an letzter Stelle steht?
Technologie braucht Fakten, deshalb bietet sie den einzigen Ansatzpunkt, an dem Leistung objektiv gemessen werden kann. Eine Debatte über die Zukunft des Mittelstandes ist unbedingt notwendig, insbesondere im Hinblick auf die einander überlagernden Krisen und die erstaunliche Tendenz nach Lösungen zu suchen, die keine Transformation erfordern. Aber es geht nicht darum, ob die Transformation notwendig ist, denn sie wird kommen – es geht darum, wie wir sie gestalten. Es kann sein, dass der PEST-Ansatz für die Industrie 4.0 noch funktionieren wird, aber eine Industrie 5.0 braucht eine neue, eine STEP-Betrachtung: Hier steht das „S“, der soziale Aspekt, im Mittelpunkt, gefolgt von „T“, dem technologischen Aspekt. Das Soziale ist wichtig, um zu verstehen, wie die Generationen der letzten 100 Jahre (Greatest, Silent, Baby Boomer, X, Millennials, Z und Alpha) wahrgenommen wurden, und um ihre Zusammenarbeit erfolgreich gestalten zu können. Das Soziale ist Grundlage, um den Fachkräftemangel zu bekämpfen. Und das Soziale ist nicht zuletzt wesentlich, weil die globale Corona-Pandemie uns gerade deutlich vor Augen geführt hat, welche Bedeutung ein gutes soziales Umfeld hat.
Handeln, nicht warten!
Die Transformation zu STEP ist nur dann möglich, wenn die richtige „Technologiekultur“ gelebt wird. Das Handeln und die Motivation zum Handeln sind zentrale Säulen der Industrie 5.0 und der Grund dafür, dass die vier Kräfte des Wandels mit dem „S“ beginnen müssen. „Hinfallen und aufstehen“, dafür plädieren wir am Steinbeis Transfer Center EMSEC. Wir haben es uns zur Aufgabe gemacht, Kunden bei den Themen Ausbildung und Innovationsförderung zu unterstützen, damit diese ihr Potenzial für neue Geschäfte, Produkte und Dienstleistungen maximal ausschöpfen können.
Aktuell beschäftigen wir uns unter anderem mit folgenden Projekten:
- Entwicklung einer App zur Identifizierung von Innovationskapazitäten,
- Organisation des „Transilvania Business Meeting“, das lokale Unternehmen mit südkoreanischen Partnern zusammenbringt,
- Entwicklung einer digitalen Matchmaking-Plattform, auf der erfahrene Spezialisten Nachwuchskräften Unterstützung und Mentoring anbieten,
- Zusammenbringen von deutschen, rumänischen und aserbaidschanischen Akteuren, die an der Energieversorgung der Zukunft arbeiten.
Kontakt
Univ.-Prof. Dr.-Ing. Adrian Pisla (Autor)
Steinbeis-Unternehmer
Steinbeis Transfer Center EMSEC – Engineering & Management Steinbeis Enterprise in Cluj-Napoca (Rumänien)
Dorina Raluca Ardelean-Baidoc (Autorin)
Doktorandin
Technische Universität Cluj-Napoca
Alina Beatrice Oltean (Autorin)
Doktorandin
Technische Universität Cluj-Napoca