Steinbeis Innovation Hub bringt Mittelstand und Start-ups zusammen

Steinbeis-Initiative will erfolgreiche Arbeit des „Bosch Startup Harbour” fortführen

Mittelständische Unternehmen sind das Rückgrat der deutschen Wirtschaft.[1] Zur Absicherung dieses Erfolgsmodells ist der Mittelstand gefordert, etablierte Stärken weiterzuentwickeln und die Potenziale neuer Technologien gezielt zu nutzen. Gerade Kooperationen mit Start-ups können erheblich zur Gestaltung solcher Transformationsprozesse beitragen. Genau das stand im Mittelpunkt des bereits abgeschlossenen Projekts „Bosch Startup Harbour“ – und soll mit dem Steinbeis Innovation Hub fortgeführt werden.

Im Rahmen des von der Europäischen Union (Europäischer Sozialfonds) und dem Berliner Senat geförderten, mehrjährigen Bosch Startup Harbour arbeiteten die Steinbeis-Experten Dr.-Ing. Peter Schupp und Dr. Julian Kahl mit der Robert Bosch GmbH zusammen und sammelten Erfahrungen in der Inkubation von frühphasigen Start-ups. Im Mittelpunkt des Projekts stand die Vernetzung von Start-ups mit verschiedenen Geschäftseinheiten des Bosch-Konzerns, um neue Technologien und Geschäftsmodelle zu validieren und die Unternehmungen voranzutreiben.[2] Mit der Initiative „Steinbeis Innovation Hub” der School of Management and Technology, einer Business School der Steinbeis Hochschule, soll dieser Ansatz weiterentwickelt werden und zukünftig auch mittelständischen Unternehmen Zugang zu innovativen Gründungen ermöglichen. „Wir wollen KMU und Start-ups in der Anbahnung und Durchführung von anwendungsorientierten Projekten in Forschung, Entwicklung, Beratung und Qualifizierung unterstützen“, erklären Peter Schupp und Julian Kahl ihr Vorhaben.

Der Weg zum New Mittelstand

Die Zusammenarbeit zwischen mittelständischen Unternehmen und innovativen Start-ups bietet zahlreiche Vorteile für beide Partner: Die Verbindung von inkrementeller Innovation im Bestandsgeschäft und radikalen Innovationen junger Unternehmen schafft eine Grundlage für die Transformation und ermöglicht es bestehende Innovationsbarrieren zu überwinden. Das „Innovator’s Dilemma“ [3] bringt eine der wesentlichen Innovationsbarrieren des Mittelstands auf den Punkt: Etablierte Unternehmen haben aufgrund von Innovationserfolgen in der Vergangenheit nur wenige Anreize von ihren am Markt erfolgreichen Technologien abzuweichen und auf neue (diskontinuierliche) Technologien zu setzen. Bestehende Kundenbeziehungen und Marktreputation sowie „sunk costs“ verleiten Unternehmen häufig dazu, sich allein auf ihre Stärke der inkrementellen Technologieentwicklung zu fokussieren. Die massiven Transformationserfordernisse auf dem Weg hin zum New Mittelstand, wie etwa die Dekarbonisierung industrieller Prozesse, der Übergang zur Elektro- und neuen Formen der Mobilität sowie die rasante Entwicklung der Digitalisierung im Allgemeinen und der künstlichen Intelligenz im Speziellen, erfordern jedoch größere Innovationsanstrengungen.[4,5,6]

Win-win-Situation für alle Partner

Kooperationen zwischen mittelständischen Unternehmen und Start-ups bieten erhebliches Transformationspotenzial, indem sie Zugänge zu neuen Technologien und Geschäftsmodellen schaffen.[7] Dabei können Potenziale jenseits von den im Unternehmen bereits erfolgreich etablierten Technologiepfaden erkannt und erprobt werden. Ferner ermöglichen solche Kooperationen mittelständischen Unternehmen Einblicke in die für Start-ups typische agile Arbeitsweise und hohe Innovationsgeschwindigkeit und liefern neue Impulse für die eigene Innovationskultur. Auch für Start-ups entstehen zahlreiche Vorteile. Die Gewinnung erster zahlender Kunden stellt eine der zentra­len Hürden für frühphasige Start-ups dar, deren technische Entwicklung häufig noch nicht abgeschlossen und deren Geschäftsmodelle unerprobt sind. Erfolgreiche Pilotprojekte mit Kooperationspartnern können wesentlich zur Validierung von Technologien und Geschäftsmodellen beitragen und als Türöffner für die anschließende Kunden- und Investorengewinnung fungieren, wie auch der Bosch Startup Harbour gezeigt hat.

Trotz der bedeutenden Vorteile, die sich in der Zusammenarbeit von mittelständischen Unternehmen und Start-ups ergeben, werden die Potenziale bislang nicht voll ausgenutzt. Häufig mangelt es an der notwendigen Transparenz über geeignete Kooperationspartner und Technologieanbieter.[8] Zudem verfügen nur wenige mittelständische Unternehmen über eigene Accelerator- oder Co-Innovationsprogramme, um Kooperationsprojekte systematisch zu begleiten. Außerdem fehlt es den Start-ups oft noch an Reife, um das volle Potenzial in den Kooperationen abzurufen.

Ausblick auf die Arbeit des Hubs

Mit dem Steinbeis Innovation Hub sollen in Zukunft mittelständische Unternehmen, die deutschlandweit verteilt sind, mit innovativen Start-ups in den führenden Gründungsmetropolen, wie etwa Berlin und Tel Aviv, zusammengeführt werden. Die Kernkompetenzen des Steinbeis-Teams um Peter Schupp und Julian Kahl liegen in der personenindividuellen Qualifizierung von Nachwuchskräften und in der Vermittlung von Transfer- und Intrapreneurship-Kompetenzen im Rahmen des Projekt-Kompetenz-Studiums der Steinbeis Hochschule. Basierend darauf sollen im Rahmen des Steinbeis Innovation Hubs von den Steinbeis-Experten prozessbegleitende Coachings und Qualifizierungen angeboten und die Start-up-Teams in ihren Vorhaben unterstützt werden. Diese Unterstützungsleistungen sowie die Einbindung von Steinbeis-internen und externen (Netzwerk-)Partnern ermöglichen den Brückenschlag zwischen Start-ups und Mittelstand. Zu den wesentlichen Kooperationsformen, die der Steinbeis Innovation Hub organisieren und begleiten will, zählen Learning Journeys und Innovationsprojekte. Erstere haben ein informelles Kennenlernen und den gerichteten Informationsaustausch zwischen Mittelständlern und Start-ups in bestimmten zuvor definierten Technologiefeldern zum Gegenstand. Das wesentliche Ergebnis solcher Learning Journeys ist das erste Erkennen von Potenzialen neuer Technologien und möglicher Kooperationsvorhaben. Davon können in Zukunft alle am Hub Beteiligten profitieren. Innovationsprojekte bieten einen Rahmen, in dem mittelständische Unternehmen und Start-ups bei konkreten Forschungs- und Entwicklungsvorhaben kooperieren können. Gegenstand können die Lösung bestimmter Fragestellungen, die Entwicklung von Proofs of Concept, die Produktentwicklung oder der gemeinsame Aufbau von Intellectual Property sein. Ausgangspunkt der Projekte werden Innovationsbedarfe mittelständischer Unternehmen sein, die der Hub dann systematisch erfasst und Start-ups mit geeigneten Problemlösungs- und Technologiekompetenzen dazu holt – entweder über themenspezifische Aufrufe, sogenannte Innovation Challenges, oder über Vorschläge von Netzwerkpartnern und Scouts.

Mehrwert durch (und für) Steinbeis

Durch den Einsatz der genannten Kooperationsformen sollen mittelständische Unternehmen in klar definierten kollaborativen Projektkontexten und Vertrauensräumen Zugang zu neuem Wissen und Technologien erhalten. Dank der flexiblen Einbindung von Technologieexpertise aus dem Steinbeis-Verbund kann dann zusätzliches Know-how eingebracht werden. „Zu den wesentlichen Outcomes für Start-ups werden die frühphasige Markt- und Technologievalidierung sowie die Gewinnung erster Pilotpartner zählen“, geben Peter Schupp und Julian Kahl einen Ausblick. Vom Scouting und Matchmaking über den ersten Informationsaustausch bis hin zur Unterstützung bei der Arbeit an konkreten Innovationsprojekten ist der Steinbeis Innovation Hub als Co-Innovationspartner für den Mittelstand und Begleiter von Transformationsprozessen geplant. Die Hub-Initiative soll auch Steinbeis-Unternehmen die Möglichkeit bieten, sich mit ihren Technologieangeboten und Industriekunden einzubringen, um gemeinsam zur Realisierung ihrer Ziele aktiv zu werden.

Kontakt

Dr.-Ing. Peter Schupp (Autor)
Geschäftsführer
SCMT Steinbeis Center of Management and Technology GmbH (Filderstadt)
www.scmt.com

Steinbeis-Unternehmer
Steinbeis-Transfer-Institut School of Management and Technology (Filderstadt)

Dr. Julian Kahl (Autor)
Mitarbeiter
Steinbeis School of Management and Technology GmbH (Filderstadt)

Dr. Fritjof Karnani
Mitarbeiter
Steinbeis School of Management and Technology GmbH (Filderstadt)

Efrat Pan
Mitarbeiterin
Steinbeis School of Management and Technology GmbH (Filderstadt)

Quellen
[1] Vgl. KfW-Mittelstandspanel, Frankfurt am Main 2023.
[2] Vgl. www.startup-harbour.com
[3] Vgl. Christensen, C. M.: The Innovator’s Dilemma: When New Technologies Cause Great Firms to Fail, Boston 1997.
[4] Vgl. Schieke, S., Ternés, A.: Mittelstand 4.0 Wie mittelständische Unternehmen bei der Digitalisierung den Anschluss nicht verpassen, Wiesbaden 2018.
[5] Vgl. Rüter, J., Fink, J.: nachhaltig.digital Monitor 2020: Status-quo zu Nachhaltigkeit und Digitalisierung im Mittelstand, Osnabrück 2021.
[6] Vgl. Saam, M., Viete, S., Schiel, S.: Digitalisierung im Mittelstand: Status Quo, aktuelle Entwick­lungen und Herausforderungen. ZEW-Gutachten und Forschungsberichte, Mannheim 2016.
[7] Vgl. Röhl, K.H., Engels, B.: Mehr Kooperationen von Start-ups und Mittelstand als Chance für Digitalisierung und Innovationen, in: Wirtschaftsdienst, Vol. 101(5) (2021): 381-386.
[8] Vgl. Wrobel, M., Schildhauer, T., Preiß, K.P.: Kooperationen zwischen Start-ups und Mittelstand, Berlin 2017.
223075-45