Der entwickelte Prüfstand zur Erprobung von Fahrradgetrieben

Getestet? Ja, aber bitte nachhaltig!

Steinbeis-Experten und die H+B Hightech GmbH entwickeln einen nachhaltigen Prüfstand für Nabenschaltungen von Fahrrädern

Die H+B Hightech GmbH ist Spezialist für hochpräzise Motorkomponenten für Verbrennungsmotoren. Um neue Geschäftsbereiche zu erschließen hat Geschäftsführer Hilmar Wanner gemeinsam mit seinem Team 2020 beschlossen, seine Automotive-Kompetenz auch in den Fahrradmarkt einzubringen. Eine kompetente Unterstützung im Bereich der Entwicklung und Erprobung von innovativen Fahrradgetrieben fand das Unternehmen beim Steinbeis-Transferzentrum Innovative Antriebstechnik und Abwärmenutzung (IAA). Und so entwickelten Steinbeis-Experten einen Prüfstand zur Erprobung von Fahrradgetrieben für das innovative 3X3 NINE-Radnabengetriebe.

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Die H+B Hightech GmbH hat eine Nabenschaltung entwickelt, die Fahrradfahren noch einfacher und intuitiver macht und somit einen wichtigen Beitrag zur nachhaltigen Mobilität leistet. Die 3X3 NINE funktioniert im Stand, unter Last und ohne große Pflege. Das Planetengetriebe ist vor Umwelteinflüssen sicher geschützt und schaltet auch nach vielen tausend Kilometern noch so präzise wie am ersten Tag – und das mit Kette oder Riemen. Dazu ist die 3X3 NINE so stabil, dass sie problemlos auch leistungsstarke E-Motoren bedienen kann. Bereits in der Entwicklungsphase des 3X3 NINE-Projektes setzte H+B Hightech auf eine nachhaltige Gestaltung. Für die Umsetzung eines Prüfstands zur Erprobung von Fahrradgetrieben holte sich das Unternehmen fachkundige Hilfe vom Steinbeis-Transferzentrum Innovative Antriebstechnik und Abwärmenutzung (IAA), das sich im Schwerpunkt mit der Entwicklung und Erprobung von Antriebseinheiten beschäftigt.

Das Konzept des Prüfstandes

Im Vorfeld erarbeitete das Projektteam gemeinsam die Anforderungen an den Prüfstand:

  • Erprobung der 3X3 NINE-Getriebe­nabe und von deren Abwandlungen
  • Antrieb des Radnabengetriebes über Riemen und Kette möglich
  • Schneller und flexibler Wechsel der Prüfgetriebe
  • Kein Einspeichen der Getriebe erforderlich
  • Schaltvorgänge des Getriebes müssen im Prüfbetrieb möglich sein

Für die Umsetzung wurden die bereits vorhandenen Prüfstandsmotoren, Steuerung und ein Maschinenbett verwendet. Das Konzept sah Folgendes vor: Ein Antriebsmotor treibt über eine Gelenkwelle eine Riemenscheibe an, die über einen Lagerbock gelagert ist. Über Riemen und angebrachte Riemenscheiben am An- und Abtrieb wird das Prüfgetriebe betrieben. Es wird über eine Starrachse gehalten, so wie es im Fahrrad auch der Fall ist. Über zwei Messflansche werden die Drehzahlen und Drehmomente im Bereich des Lagerbocks ermittelt. Basierend auf diesem Konzept wurde der Prüfstand umgesetzt.

Fahrradgetriebe im Test

Als Nächstes wurde die Erprobung der 3X3 NINE sowie weiterer vergleichbarer Fahrradgetriebe geplant. „Um eine realitätsnahe Erprobung sicherzustellen, haben wir im ersten Schritt einen Ablaufplan zur Kollektivdefinition entworfen. Das ist notwendig, um die zu prüfenden Getriebe mit realitätsnahen Drehzahlen und -momenten zeitlich gewichtet zu belasten“, erläutert Steinbeis-Unternehmer Professor Dr.-Ing. Markus Kley. Recherchen, Expertenbefragung und Analysen ergaben schließlich die folgenden Randbedingungen:

  • Kurbeldrehzahl (Trittfrequenz) zwischen 20 und 115 pro Minute
  • Drehmomente am Kurbeltrieb bis 300 Newtonmeter
  • Dauerleistung bis max. 500 Watt

Auf Grundlage dieser Randbedingungen und von entsprechenden Verteilungsfunktionen wurde ein Drehzahl-/Drehmomentkollektiv mit 500 Lastpunkten mit gleichen Zeitanteilen generiert, die zur Minimierung der Erprobungszeit anschließend gerafft wurden. Hierfür wurden nicht relevante Lastpunkte in schädigungsgleiche höhere Lastpunkte mit geringerer Häufigkeit umgerechnet. Der Kollektivhöchstwert blieb dabei unverändert, um keine unrealistischen Schäden an Mechanismen zu provozieren.

Das Kollektiv konnte dadurch von 500 Punkten auf 27 Äquivalenzlastpunkte reduziert werden, die sich in dem gerafften Drehzahl-/Drehmomentkollektiv entlang der maximalen Leistungskurve verteilen. Für die 3X3 NINE-­Getriebenabe ergaben sich somit drei Lastpunkte in jedem Gang. Dadurch reduzierte sich die Erprobungszeit um 70 %. Für die Erprobung am Prüfstand wurden die Getriebe über ein Schnellspannsystem, das einen Fahrradhinterbau spiegelt, eingespannt und das generierte Drehzahl-/Drehmomentkollektiv abgefahren.

Auslegung des Aktuators

„Das Getriebe soll sowohl mit manueller Dreh-Shift- als auch elektrischer Schaltung verfügbar sein. Für die elektronische Schaltung ist die Entwicklung eines elektromechanischen Schaltaktuators notwendig“, erklärt Hilmar Wanner, Geschäftsführer von H+B Hightech seine weiteren Planungen. Zusätzlich zu Analysen der Getriebedauerhaltbarkeit führte das Steinbeis-Team deshalb Untersuchungen zur Ermittlung der erforderlichen Schaltkraft und des Schaltmoments durch. Dafür wurde in den vorhandenen Versuchsaufbau zur Getriebeerprobung ein Kraftsensor integriert, der zwischen dem Getriebe und dem Dreh-Shift über Bowdenzüge befestigt wurde. Für die Ermittlung der Schaltkräfte und -momente hat das Expertenteam Untersuchungen bei unterschiedlicher Belastung und Trittfrequenz durchgeführt und betrachtete sowohl Hoch- als auch Rückschaltungen. Ziel der Untersuchungen war es, die Grenzdrehmomente zu ermitteln, bei denen ein problemloser Schaltvorgang möglich ist. Die ermittelten Daten waren außerdem für die Spezifikation des elektromechanischen Aktuators wichtig.

Dauerlauf

Für die Erprobung der 3X3 NINE wurden die 27 Drehzahl-/Drehmomentpunkte herangezogen und gangweise nacheinander abgefahren. Erfahrungen vorheriger Prüfläufe haben gezeigt, dass es sinnvoll ist, die Zeitanteile zunächst auf 1 % der Gesamtzeitanteile zu testen und dies zyklisch zu wiederholen. Dies hat zur Folge, dass jeder Gang mehrmals gefahren und die entsprechende Schalthäufigkeit um Faktor 100 repräsentativ abgebildet wird.

Die Erkenntnisse aus den entstandenen Schadensbefunden hat das Team in mehreren Iterationsschritten im Entwicklungsprozess berücksichtigt, sodass schlussendlich die Basis zur Entwicklung der robusten, zuverlässigen und einfach zu schaltenden 3X3 NINE geschaffen wurde.


Das oben beschriebene Projekt 3X3 NINE – Prüfstandsentwicklung für die Fahrrad-Nabenschaltung der nächsten Generation wurde mit dem Transferpreis der Steinbeis-Stiftung – Löhn-Preis 2023 ausgezeichnet. Weitere Informationen finden Sie auf unserer Website.


Steinbeis Lunchbreak | Auf einen Happen mit… Prof. Dr.-Ing. Markus Kley und Dominik Maier

Kontakt

Prof. Dr.-Ing. Markus Kley (Autor)
Steinbeis-Unternehmer
Steinbeis-Transferzentrum Innovative Antriebstechnik und Abwärmenutzung (IAA) (Aalen)

Hilmar Wanner (Autor)
Geschäftsführer
H+B Hightech GmbH (Adelmannsfelden)
www.3×3.bike

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