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Wenn Vertrieb und Transfer zusammenfinden

Pandemie und Digitalisierungsschub haben die Entwicklung hin zu Vertriebsansätzen verstärkt

Herausragende Technologieexpertise, Managementkompetenz und Qualifizierungsleistungen kennzeichnen den Steinbeis-Verbund seit Jahrzehnten. Im Spannungsfeld von zentraler Verbundenheit und dezentraler Wertschöpfung entstehen hochspezialisierte Transfer- und Dienstleistungen. Doch wie erreichen diese Leistungsangebote potenzielle Kunden und wie haben sich die Vo­raussetzungen für einen „Vertrieb“ dieser Leistungen verändert? Und welche Rolle spielen Transferlösungen und wissenschaftliche Forschung und Lehre für den Vertrieb als Beratungssegment und unternehmerische Kernfunktion? Die Beantwortung dieser Fragen ist Gegenstand eines Themenschwerpunkts im Steinbeis-Verbund sowie in dieser Ausgabe der TRANSFER.

Der „klassische“ Steinbeis-Transfer in Nebentätigkeit aus den wissenschaftlichen Einrichtungen heraus ist in vielen Bereichen lange ohne dezidierten „Vertrieb“ ausgekommen. Bestehende Kontakte aus (wissenschaftlichen) Projekten mit der Wirtschaft, stetig neue Kontakte bei Konferenzen, Symposien, Messen etc. waren Grundlage auch für die Anbahnung von Projekten des unternehmerischen Transfers. Doch schon vor den pandemiebedingten Umbrüchen wurde dieser Modus herausgefordert: Immer wichtiger wird auch die digitale Präsenz und Auffindbarkeit von Transferangeboten und immer bedeutender auch ihre professionelle Präsentation. Nicht zuletzt verändert sich auch „der Kunde“: Immer mehr technologische Entwicklungen und Wertschöpfungsprozesse erfordern das Mitwirken in Ökosystemen, zu denen sich der Zugang nur bedingt beiläufig ergibt.

„Vertrieb“ ist kein Selbstläufer
Viele Transferunternehmerinnen und -unternehmer haben seit Längerem die Notwendigkeit erkannt, sich intensiver Gedanken über den „Vertrieb“ ihrer Leistungen zu machen. Die pandemiebedingten Entwicklungen und der damit einhergehende Digitalisierungsschub haben diesen Prozess noch einmal verstärkt, zumal viele der etablierten Kanäle über lange Zeit nur sehr eingeschränkt oder auch gar nicht zur Verfügung standen. Immer häufiger werden eigene Webauftritte auf- oder ausgebaut, Social-Media-Präsenzen gestaltet und die Reichweite multimedialer Formate genutzt. Zudem werden auch weitergehende Vertriebsaktivitäten angestoßen, Vertriebsstrategien entwickelt, Vertriebskooperationen eingegangen und professionelle Vertriebsunterstützung eingeholt.

Im Zuge dieser Entwicklung werden auch zahlreiche Hürden erkennbar: Bisherige Synergieeffekte bei der Projektanbahnung fallen weg, neue Synergien zu etablieren ist zeitaufwendig. Häufig fehlen Wissen und Zugänge zu Vertriebsthemen, entsprechender Expertise, Instrumenten, und nicht selten auch die Bereitschaft, sich dem Thema zuzuwenden. Umso wichtiger ist es, immer wieder für das Thema zu sensibilisieren, Beispiele guter Praxis zu präsentieren, Instrumente und Ansätze zu diskutieren und Vertriebsexperten zu Wort kommen zu lassen.

Auftakt beim Steinbeis-Beraterforum
Einen motivierenden Start dieses Schwerpunktthemas hatte das verbundinterne Beraterforum Ende März am Steinbeis-Campus in Stuttgart-Hohenheim: Winfried Küppers, Unternehmer am Steinbeis-Beratungszentrum Vertriebsanalytik, stellte in seiner Keynote eindrücklich dar, wie sich Veränderungen in der Wirtschaft auf den Vertrieb von Beratungs- und Transferlösungen auswirken und gab Handlungsempfehlungen auch für Steinbeis-Unternehmen: Das Nutzen der zentralen Marke, die proaktive Verwendung der zentralen Medien und Kanäle, Social-Media-Präsenz und die Nutzung der Reichweite des Verbunds, die wissenschaftliche Fundierung und Rückbindung, Vertriebspartnerschaften sowie die Stärke des Netzwerks hob er dabei hervor. Viele „Bordmittel“, die ohne größeren Aufwand verfügbar sind und die in der geeigneten Kombination eine gute Wirksamkeit entfalten können.

Die zweite Facette des Themas, die Wirkung von Transferlösungen und wissenschaftlicher Forschung auf Vertriebsberatung und -konzepte, führte beim Beraterforum Professor Dr. Rainer Elste (Steinbeis-Beratungszentrum Vertriebs- und Marketinginstitut (VMI)) in seiner Keynote „Erfolgreich in einem Dreiecksverhältnis?“ zum Digitalisierungsindex Marketing & Vertrieb ein. Ein Beispiel aus Rainer Elstes Beratungspraxis zeigte, wie aus einer Kooperation seines Steinbeis-Unternehmens mit dem Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsunternehmen KPMG und der Hochschule Esslingen ein Tool zur Bestimmung des Digitalisierungsgrades der Vertriebsleistungen von Unternehmen entstehen konnte. Entwickelt auf Basis von Forschungsergebnissen steht es nun Unternehmen und Beratern zur Verfügung. Immer wieder, so die Erfahrung, geben wissenschaftliche Erkenntnisse und Methoden wichtige Impulse für die Weiterentwicklung von Vertriebsansätzen in der unternehmerischen Praxis. Kundenseitig wird die wissenschaftliche Rückbindung von Beratungsansätzen zunehmend erwartet und als kaufentscheidendes Merkmal gewertet, was als ein wettbewerbsstärkendes Element der transferbasierten Beratung verortet werden kann.

Hinzu kommen aber auch gänzlich neue Strukturen und Ansätze: So haben sich im Steinbeis-Expertennetzwerk X.0 (E X.0) Steinbeis-Technologieexperten, Management- und Strategieberater aus dem Verbund, mittelständische Unternehmen und Wissenschaftler nicht nur zusammengeschlossen, um neue, kollaborative Leistungsangebote zu entwickeln, sondern auch, um diese gemeinsam in einem entstehenden Ökosystem zu vermarkten. Darüber hinaus ist mit der Steinbeis Consulting Group Marketing & Sales ein Zusammenschluss von Steinbeis-Unternehmen entstanden, der kollaborative Beratungsleistungen aus einem Netzwerk heraus im Vertrieb aufbaut und anbietet und als Verbundpartner auch für andere Steinbeis-Unternehmen zur Verfügung steht.

Auf den folgenden Seiten geben erfahrene Steinbeis-Experten Einblick in ihre Ansätze und die Herausforderungen eines transferbasierten Vertriebs sowie des Vertriebs von Transferlösungen. Wir möchten damit einen breiten Erfahrungsaustausch innerhalb des Steinbeis-Verbundes und darüber hinaus anstoßen und sind gespannt auf unterschiedliche Perspektiven und Sichtweisen.

Kontakt

Dr. Michael Ortiz (Autor)
Geschäftsführer
Steinbeis Beratungszentren GmbH (Stuttgart)

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