Im Gespräch mit Steinbeis-Unternehmer Wolfgang Müller
Wolfgang Müller ist seit über 30 Jahren im Steinbeis-Verbund aktiv und ist ein Netzwerker aus Leidenschaft. Mit seinen drei Steinbeis-Unternehmen unterstützt er insbesondere KMU dabei, Netzwerkpartner zu werden und selbst Netzwerke zu bilden. Im Gespräch mit der TRANSFER sprach Wolfgang Müller darüber, wie Netzwerken gelingen kann und wie Unternehmen, insbesondere KMU, davon profitieren können.
Herr Müller, wie entstehen Netzwerke und wann ist ein Netzwerk aus Ihrer Sicht erfolgreich?
Es gibt im Prinzip zwei Möglichkeiten, Teil eines Netzwerkes zu werden: Entweder es gibt ein bestehendes Netzwerk, an dem ich teilnehmen möchte, oder ich gründe ein neues. Wenn ich mich in ein bestehendes Netzwerk integrieren möchte, muss ich mich gründlich darüber informieren, ob mir dort auch das geboten wird, was ich brauche. Gründet man ein Netzwerk selbst, gilt es herauszufinden: Was sind die Inhalte? Wer sind meine Partner? Kann ich ihnen vertrauen? Denn Netzwerke bedeuten Vertrauen.
Wenn man ein Netzwerk betreibt und mehr setzt als man zurückbekommt, dann ist das ein schlechtes Geschäft. In einem gelingenden Netzwerk partizipiert jeder Partner mehr als er einsetzt. Das merkt man in der Regel auch daran, dass die Menschen Spaß und Erfolg haben. Der Erfolg zeichnet sich unter anderem dadurch aus, dass man ein gesetztes Ziel zu einem bestimmten Zeitpunkt erreicht hat. Ein reines Informationsnetzwerk ist hingegen erfolgreich, wenn der Informationsfluss funktioniert. Auch der Erfolg der einzelnen Partner ist ein Zeichen für ein gelungenes Netzwerk. Aber das wichtigste Ergebnis des Netzwerkens ist aus meiner Sicht der Austausch von bewerteter Information. Diese wird unmittelbar zu Wissen, das essenziell für unternehmerische Entscheidungen ist.
Auch die Größe spielt beim Erfolg eines Netzwerkes eine zentrale Rolle: Wenn man nur zu zweit ist, ist man verheiratet oder hat eine Kooperation, aber kein Netzwerk. Auf der anderen Seite kann man bei Netzwerken mit 500 Akteuren unmöglich alle kennen. In diesem Fall fehlt das Vertrauen, von dem Geschäftsprozesse leben. Bei 30 Akteuren, die man gegebenenfalls schon mehrere Jahre kennt, kann man die Menschen einschätzen und weiß Informationen zu werten. Diese Wertigkeit ist wiederum ein Indiz für den Erfolg eines Netzwerkes. Das heißt, ich plädiere eher für kleinere Netzwerke.
Wie läuft die Netzwerkbildung und -arbeit in und mit Ihrem Steinbeis-Unternehmen ab?
Wir bilden sehr häufig projektbezogene Netzwerke. Das bedeutet, wir haben eine bestimmte Aufgabe und versuchen Menschen zusammenzubringen, um gemeinsam dieses Projekt zu bearbeiten. Der Vorteil ist, dass diese temporären Netzwerke ein definiertes zeitliches Ende haben, anhand dessen man gut die Zielerreichung beurteilen kann. Wenn wir ein Netzwerk initiieren, ist es in der Regel so, dass wir es auch managen. Das ist wie bei einem Fischernetz: Es hat Knoten, Verbindungsteile, ab und zu ist es vielleicht marode. Ist letzteres der Fall braucht man jemanden, der es repariert und Hilfestellungen gibt. Oder wir bilden Netzwerke mit Kunden, die wir schon lange kennen und zu denen ein Vertrauensverhältnis besteht. Und in Netzwerken wie dem Steinbeis-Verbund oder dem deutschen Verband für Technologietransfer und Innovation sind wir Partner, wir nehmen und geben.
Viele Ihrer Kunden sind KMU: Wie können gerade diese vom Netzwerkgedanken profitieren und welchen Einfluss hat der digitale Wandel darauf?
Ein KMU ist dadurch gekennzeichnet, dass die Unternehmensleitung im Prinzip für alles verantwortlich ist – Vertrieb, Materialbeschaffung und so weiter. Es sind dann weder die Menschen noch die Zeit vorhanden, um ein Netzwerk geschweige denn mehrere zu betreiben. Das ist schade, denn Netzwerke bringen Informationen. Die Lösung besteht darin, ein Netzwerk zu finden, das das Unternehmen zielgerichtet mit den benötigten Informationen versorgen kann – und umgekehrt, das heißt in das das Unternehmen seinerseits innerhalb kürzester Zeit Input liefern kann, von dem andere profitieren. Der digitale Wandel ist dabei eindeutig ein Vorteil, denn man kann schnell kommunizieren und Wissen speichern.
Netzwerke bieten mehrheitlich Vorteile, sie bergen aber auch Risiken. Worauf sollten Unternehmen dabei insbesondere achten?
Das Risiko ist – wie bei allen Geschäftsprozessen –, dass Informationen diffundieren können. Wenn beispielsweise das Gerücht aufkommt, einem Unternehmen gehe es nicht gut, und sich das im Netzwerk verbreitet, dann ist man am Punkt einer Geschäftsschädigung. Wenn das Vertrauen fehlt, treten Probleme auf.
Bei der Netzwerkbildung ist ein harmonisches Gründungsteam essenziell. Herrscht ein ständiges Schlachtfeld, wird man daran keine Freude haben. Ein Netzwerk muss so gestaltet sein, dass man es aus der Projektmanagementsicht überhaupt leiten kann. Wenn die Anforderungen an das Projektmanagement zu hoch sind, dann wird das Netzwerk nicht funktionieren. Um diese Herausforderungen zu überwinden, muss von vornherein klar sein: Wer macht was mit welchem Einsatz und welchen Kosten?
Netzwerke sind keine hierarchischen Organisationsformen. Was bedeutet das für die Entscheidungsfindung und die Steuerung?
Da sind wir beim Thema Demokratie. Demokratische Strukturen sind wichtig für Netzwerke, man kann Vorschläge machen, abstimmen und muss sich nicht jedem und allem anschließen. Überlegen Sie sich, man hätte ein Netzwerk mit lauter dominanten Menschen – es wäre schwierig eine Struktur zu finden, mit der hinterher alle zufrieden sind. Wenn die Demokratie fehlt, gibt es in der Regel ein, zwei Leader und der Rest schließt sich ihnen an. Das verstehe ich nicht unter einem gelungenen Netzwerk.
Was bedeutet es für Sie ein Mitglied im Steinbeis-Verbund zu sein und wie profitieren Sie davon?
Das Steinbeis-Netzwerk ist etwas ganz Besonderes. Ich habe in den letzten 33 Jahren nichts Vergleichbares kennengelernt. Es besteht aus kleinen autarken Einheiten, die auf verschiedene Bereiche spezialisiert sind. Natürlich kenne ich nicht jedes einzelne Steinbeis-Unternehmen, aber das spielt keine Rolle: Letztlich ist die Möglichkeit entscheidend, dass ich sie kennenlernen kann und das in möglichst kurzer Zeit. Und so konnte ich über die Jahre sowohl enge, andauernde als auch temporäre, projektbezogene Kontakte zu vielen Steinbeisern knüpfen.
Kontakt
Wolfgang Müller (Interviewpartner)
Steinbeis-Unternehmer
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