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„Es geht um Innovation durch Partizipation“

Im Gespräch mit Professor Dr. Daniel Buhr und Professor Dr. Udo Weimar, Steinbeis-Unternehmer am Steinbeis-Transferzentrum Soziale und Technische Innovation

Beim Schlagwort „Innovation“ denken die meisten von uns vor allem an technische Innovationen und vergessen, dass Innovationen stets auch eine soziale Bedeutung haben, da sie die Art unseres Zusammenlebens – privat oder beruflich – beeinflussen. Die TRANSFER sprach mit Professor Dr. Daniel Buhr und Professor Dr. Udo Weimar, Steinbeis-Unternehmer am Steinbeis-Transferzentrum Soziale und Technische Innovation, über soziale Innovationen und Netzwerke und wie sie erfolgreich umgesetzt werden können.

Herr Professor Buhr, Sie beschäftigen sich mit sozialen Innovationen. Was genau ist damit gemeint?

Daniel Buhr:
Nach Wolfgang Zapfs ursprünglicher Definition sind soziale Innovationen „neue materielle und soziale Technologien, die helfen, unsere Bedürfnisse zu befriedigen und soziale Probleme besser zu lösen.“ Bei sozialen Innovationen handelt es sich also um soziale Praktiken und Techniken, die wir anwenden beziehungsweise die aufgrund einer breiten Akzeptanz in der Gesellschaft institutionalisiert worden sind. Ihr Ziel ist es, bestehende Probleme besser als bisherige Ansätze zu lösen. Daher sind soziale Innovationen häufig eng verzahnt mit technischen Innovationen. So schaffen neue technische Entwicklungen neue Möglichkeiten, zum Beispiel für Tele-Arbeit sowie flexiblere, lebensphasenorientierte Arbeitszeitmodelle, benötigen dafür aber eben – nicht zuletzt zur Kompensation – auch eine Weiterentwicklung sozialer Sicherungssysteme und Arbeitsorganisationen. Sie stimulieren zudem neue soziale Dienste, beispielsweise bei Kinderbetreuung, Pflege, und neue Qualifizierungs- und Weiterbildungsmöglichkeiten.

Herr Professor Weimar, welche Rolle spielen Netzwerke bei Entstehung, Entwicklung und Verbreitung von sozialen Innovationen?

Udo Weimar:
Den Ausgangspunkt einer sozialen Innovation bildet im Idealfall ein konkretes Bedürfnis. Netzwerke beziehungsweise die Kollaboration innerhalb eines vielfältigen Ökosystems sind meines Erachtens elementar für den gesamten Innovationsprozess. Das gilt für die nutzendenzentrierte Ideensuche in der Inventionsphase ebenso wie für die spätere Verbreitung dieser guten Idee als Produkt, Dienstleistung oder Prozess. Denn letztlich ist die Innovation die Verwirklichung einer noch nicht ausgeprobten Idee, also die Demonstration, dass die Idee auch tatsächlich ausführbar ist, und schließlich deren Verbreitung in Wirtschaft und Gesellschaft. Dabei spielen unterschiedliche Formen des Lernens und der Diffusion über verschiedene Akteursgruppen hinweg eine ganz wesentliche Rolle.

Unterscheiden sich Netzwerke im Bereich von sozialen Innovationen von Netzwerken in anderen Bereichen und wenn ja, wie?

Udo Weimar:
Ökonomisch betrachtet durchaus. Denn häufig haben Sie es bei sozialen Innovationen auch mit Ehrenamt und Freiwilligkeit sowie einer intrinsischen Motivation zum Beitritt dieses Ökosystems zu tun. Es folgt nicht zwingend einer ökonomischen Logik. Das heißt, die Koordination funktioniert nicht so sehr über den Markt, über Angebot und Nachfrage beziehungsweise den Preis, sondern über Vertrauen und intensive Netzwerkpflege. In der Regel folgen soziale Innovationen eher einem offenen Innovationsprozess, der möglichst von Beginn an die gesamte Vierfach-Helix aus (Sozial-)Wirtschaft, Wissenschaft, Politik beziehungsweise Verwaltung und Zivilgesellschaft einbezieht. Das ist aufwendig und womöglich betriebswirtschaftlich nicht immer sinnvoll, weil Sie beispielsweise als Unternehmen in der Marktwirtschaft mitunter eher einen geschlossenen Innovationsprozess verfolgen und sich Ihr geistiges Eigentum beispielsweise erstmal durch Patente schützen lassen wollen. Aber tendenziell öffnen sich in vielen Bereichen die Innovationsprozesse, weil die Problemlagen häufig zu komplex sind, um sie allein lösen zu können.

Was sind die zentralen Erfolgsfaktoren für soziale Innovationen und Netzwerke in diesem Bereich?

Daniel Buhr:
Vertrauen – und Institutionen, die dieses befördern, wie zum Beispiel Plattformen, institutionalisierte Beteiligungs- und Mitgestaltungsformate: Es geht also um Innovation durch Partizipation. Im Netzwerkmodell kommt zum Ausdruck, dass Innovationen nicht nur den Anstrengungen einzelner Akteure zu verdanken sind, sondern dass die Art des Zusammenwirkens aller Beteiligten die Innovationsfähigkeit einer Organisation beziehungsweise die Wettbewerbsfähigkeit eines Landes insgesamt entscheidend beeinflussen kann. Das Entstehen von Innovationen wird als das Ergebnis eines interaktiven und kumulativen Lernprozesses zwischen Personen und Organisationen verstanden, der zudem maßgeblich durch das institutionelle Umfeld geprägt wird, in das diese Organisationen eingebettet sind.


Wollen Sie wissen, wie eine soziale Innovation in einem Netzwerk erfolgreich umgesetzt werden kann?

Dann besuchen Sie das LebensPhasenHaus auf www.lebensphasenhaus.de, ein Projekt, an dem auch die Experten des Steinbeis-Transferzentrums Soziale und Technische Innovation beteiligt sind.

Kontakt

Prof. Dr. Daniel Buhr (Interviewpartner)
Steinbeis-Unternehmer
Steinbeis-Transferzentrum Soziale und Technische Innovation (Tübingen)

Prof. Dr. Udo Weimar (Interviewpartner)
Steinbeis-Unternehmer
Steinbeis-Transferzentrum Soziale und Technische Innovation (Tübingen)

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