Kundenprobleme verstehen und nachhaltig lösen
Das rasante Wachstum des Internets bringt eine enorme Datenflut und damit eine neue Dynamik in Informationsaustauschprozessen mit sich. Diese Entwicklung wirft viele Fragen auf – ethische Fragen zu Transparenz oder Datenschutz, philosophische Fragen zu positiven und negativen Seiten der stetig ansteigenden Menge an Daten, aber auch ganz pragmatische Überlegungen: Ist diese Masse an Daten wirklich nützlich oder nur belastend? Die Antworten hängen nicht zuletzt vom Umgang mit Daten und der Motivation ab, die dahintersteckt. Kerstin Schenk und Professorin Dr. Esin Bozyazi vom Steinbeis-Beratungszentrum Geschäftsmodelle der Zukunft zeigen für die Medizintechnik einen sinnvollen als auch praktischen Ansatz auf, wie wir den Herausforderungen Datenenabling und digitale Transformation erfolgreich begegnen können.
Das Internet ist zugleich Inkubator, Treibhaus und virtueller Marktplatz für Daten aller Art. Als im Jahr 2001 die ersten Nutzerdaten erhoben wurden, hatten gerade einmal 8 % der Weltbevölkerung Internetzugang. Heute, knapp 20 Jahre später, ist mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung über das Internet miteinander vernetzt. Das Datenvolumen im Web verdoppelt sich alle zwei Jahre. Der „Information-Highway“ wurde über die letzten Jahre massiv ausgebaut und der technische Fortschritt hat uns ein digitales Neuland mit nahezu unbegrenzten Möglichkeiten eröffnet. Diese Entwicklungen bringen nicht nur Veränderungen im Verhalten und Handeln mit sich, sondern wirken sich auch grundlegend auf geschäftliche Interaktionen und die zwischenmenschliche Kommunikation aus. Gerade die Einschränkungen des öffentlichen Lebens durch die aktuelle Pandemie haben diesem Trend in den letzten Monaten noch einmal eine besondere Dynamik verliehen. Mitten in dieser für alle neuen Realität bekam das Team des Steinbeis-Beratungszentrums Geschäftsmodelle der Zukunft den Auftrag von einem mittelständischen Medizintechnikunternehmen, Events und Konferenzen zu digitalisieren. Dazu gehören die Modernisierung und Professionalisierung von Konferenzsystemen, der Aufbau von kollaborativen Prozessen und die Präsentation von Dienstleistungen und Produkten auf virtuellen Konferenzen sowie die Erstellung eines eigenen Konzepts für die Ausrichtung und Organisation von virtuellen Events.
Geschäftsmodelle der Zukunft: Daten innovativ und nachhaltig nutzen
Wenn Kerstin Schenk und Esin Bozyazi mit ihrem Ansatz „Geschäftsmodelle der Zukunft“ zu Unternehmen kommen, werden sie häufig mit der Frage konfrontiert, wie der Kunde zukunftsfähig wird und bleibt. Eine Frage, die aus Sicht der beiden Steinbeis-Expertinnen nur einer beantworten kann: der Kunde selbst. Nach einer ersten Betrachtung der gesellschaftlichen Entwicklungen und Zukunftstrends, innovativen Technologien und ideologischen Strömungen suchen Kerstin Schenk und Esin Bozyazi schließlich immer nach den noch nicht befriedigten Kundenbedürfnissen. Um diese zu finden und in der Tiefe zu verstehen, braucht es Informationen über den Kunden: Im aktuellen Projekt nehmen sie dazu die Kunden des Medizintechnikunternehmens und deren Wünsche genauer unter die Lupe. Dieser Prozess kann im digitalen Zeitalter völlig neu erfunden und modern organisiert werden. Doch meistens fehlen dazu die Ansätze, die Vorstellung der Möglichkeiten und auch Ideen.
Um ihren Kunden beim Aufbau seines eigenen Geschäftsmodells der Zukunft zu unterstützen, haben die beiden Expertinnen daher eine Reihe an „Learning Snacks“ entwickelt, um Grundlagenwissen aufzubauen und dieses nicht nur einmalig in Workshop- oder Trainingsformaten zu vermitteln, sondern nachhaltig zugänglich zu machen. Dabei war es den beiden besonders wichtig, zunächst einmal das Bewusstsein für Digital Assets zu entwickeln, denn Daten als wertvolles Asset zu verstehen und deren Wert zu erkennen, ist einer der Grundsteine für ein erfolgreiches Geschäftsmodell der Zukunft.
Step 1: Organisierte Daten bilden die Basis
Im ersten Schritt initiierten Kerstin Schenk und Esin Bozyazi als „Learning Snack“ eine „360-Grad-Data Discussion“ – eine Rundum-Perspektive auf Datenerhebung und Datenenabling. Damit lässt sich ein Datenmanagementsystem entwickeln, das empirische Forschungslogik mit Wirtschaftlichkeit verbindet und sowohl eine rechtssichere aber gleichzeitig auch eine ethisch vertretbare und wertbasierte Vorgehensweise gewährleistet. Mit diesem Mindset und der Perspektive der Geschäftsmodellierung betrachtet das Steinbeis-Team die Geschäftsarchitektur und generiert eine Entwicklungsagenda, die zur besseren Orientierung visualisiert wird. Da gute Entscheidungen immer nur auf Basis von guten Informationen getroffen werden können, steht nun, nachdem die Infrastruktur für die Datenerhebung geschaffen wurde, die Analysephase an.
Step 2: Die Qualität der Frage bestimmt das Ergebnis
Für die Analysephase hat sich die Methode des „Fragenstormings“ als erfolgreich erwiesen: Zunächst werden sämtliche Fragen, die im Zusammenhang mit dem festgelegten Ziel stehen, gesammelt, um dann die für das Ergebnis und Ziel relevantesten Fragen herauszufiltern. Im aktuellen Beispiel lautete das vom Kunden vorgegebene Ziel folgendermaßen: Definition und Aufbau einer Plattform, mit der das Unternehmen erfolgreich virtuelle Konferenzen abhalten kann. Die Fragen, die dabei sofort in den Sinn kommen, sind beispielsweise: Wie definieren wir „Erfolg”? Was soll das Ergebnis sein? Wie messen wir es? Geht es um zufriedene Kunden oder um möglichst viele Kontakte? Was macht eine virtuelle Konferenz zum Erlebnis? Warum nehmen Menschen überhaupt an solchen Konferenzen teil?
Nicht selten interpretieren die erfahrenen Zukunftsdesignerinnen das Kundenziel im Laufe dieses Prozesses neu oder ergänzen es um weitere Teil- oder Unterziele. Die Analysephase hat sich als ein wertvoller Treiber von Innovationen erwiesen. Mit der Idee Geschäftsmodelle der Zukunft zu gestalten denken Kerstin Schenk und Esin Bozyazi über den Tellerrand hinaus und ermitteln den Modernisierungsbedarf aus einer übergeordneten „Big-Picture-Perspektive“. Auch im Projekt mit dem Medizintechnikunternehmen hat sich die Zielrichtung durch ein tieferes Verständnis der Treiber von künftigen Trends noch einmal um ein entscheidendes Ziel verändert. Dies entspricht einem iterativen und agilen Prozess und kombiniert die Prinzipien des divergenten (Informationen und Kundenerfahrungen sammeln, um Lösungsideen zu generieren) und konvergenten Denkens (sich auf bestimmte Bereiche konzentrieren und Entscheidungen treffen). Dazu soll im Projekt eine zukunftsorientierte „Digital Analytics Suite“ etabliert werden, die als Basis und Frühindikator für Innovationen dient, um das Geschäftsmodell auf künftige Entwicklungen vorzubereiten. In manchen Unternehmen bilden sich durch derartige Entwicklungsprojekte neue Teams, agilere Formen der Zusammenarbeit bis hin zu völlig neuen Abteilungen und Positionen und letztendlich auch neue Services und Produkte. In jedem Fall bringen sie aber einen neuen Mindset und eine neue Innovationskultur ins Unternehmen.
Ausblick auf Step 3: Business Design Thinking zur Ideengenerierung
Nachdem die Informationen gesammelt, selektiert und aggregiert sind, kennen die Steinbeis-Beraterinnen die tieferen Kundenbedürfnisse und die Kriterien, anhand derer eine erfolgreiche virtuelle Konferenz bewertet und gemessen werden kann. Basierend darauf beginnen die beiden Steinbeis-Expertinnen mit der Ideensammlung für die virtuelle Konferenz und stellen den Menschen und das Kundenerlebnis in den Mittelpunkt, um eine einmalige User Experience zu kreieren. Der Prozess startet, nachdem das Business-Design-Team aufgestellt und die Design Challenge formuliert wurde: Für das Medizintechnikunternehmen wurde dafür eine Leitidee formuliert, die durch den Kreativprozess hinweg Orientierung geben soll. Sie lautet: „Wir verbinden Menschen mit Medizin und Innovation.” Das gilt nicht nur als Qualitätsanspruch für die Lösung, sondern auch für den Prozess, denn auch hier ist es wichtig eine gesunde Vorgehensweise zu entwickeln. Denn egal ob Kunde, Mitarbeiter oder Stakeholder, auch in technokratischen Digitalisierungsprozessen steht der Mensch im Mittelpunkt. Diesen Fokus setzen die beiden Steinbeis-Expertinnen auch bei ihrem Projektansatz mit Kunden: „Als Befürworter und Treiber von modernen Open-Innovation-Ansätzen unterstützen wir Fortschritt durch Erfahrungsaustausch und Netzwerke. Wir veranstalten daher immer wieder Best-Practice-Workshops. Bei Interesse freuen wir uns auf Anfragen und nehmen uns gerne die Zeit, um gemeinsam praxistaugliche Zukunftskonzepte zu entwickeln!“, betont Kerstin Schenk.
360-Grad-Perspektive auf Datenerhebung und Datenenabling
- Wissenschaftlich-forschende Betrachtung der Datenerhebung:
Gute Entscheidungen können nur auf Basis guter Informationen getroffen werden. Der erste Schritt heißt daher immer: Klarheit schaffen. - Medizinische Ansätze der Datenerhebung:
Aus der Medizin lernen wir, wie wichtig eine gute Datenbasis ist. Nach diesem Grundsatz geht das Steinbeis-Team in seinen Projekten vor und sorgt für Daten und Informationsqualität nach dem Motto: Wir dienen dem Menschen, aber wir glauben Daten. - Ethische Gedanken zur Datenerhebung:
Die digitale Transformation ermöglicht immer mehr, aber auch immer präzisere Daten zu erheben. In den vergangenen Jahren gab es viele Diskussionen darüber, ob und welche Daten gesammelt werden dürfen und welche nicht. Der Anspruch des Steinbeis-Teams: Wir sammeln Daten, die sinnvoll sind! - Grenzen der Datenerhebung durch rechtliche Grundlagen:
Seit dem 25. Mai 2018 wurden neue Vorschriften und damit die allgemeine Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) in Kraft gesetzt. Diese spezifiziert sehr genau, welche Befugnisse und Pflichten Unternehmen beim Aufzeichnen und Verarbeiten von Kunden-, Mitarbeiter- oder personenbezogenen Daten haben. Bei den sensiblen Gesundheitsdaten gelten neben den allgemeinen datenschutzrechtlichen Anforderungen zusätzliche Voraussetzungen. Aber vor allem gibt das Regelwerk eine nützliche Faustregel für das Sammeln von Daten mit, die heißt: So viel wie nötig und so wenig wie möglich! - Technische Perspektive: Tool-Tour und innovative Möglichkeiten
Eine nicht zu vernachlässigende Dimension ist die technische Perspektive. Die beiden Steinbeis-Beraterinnen erweitern Horizonte mit einem Überblick über innovative technische Möglichkeiten, die über (technische und geistige) Grenzen hinausgehen.
Kontakt
Kerstin Schenk (Autorin)
Steinbeis-Unternehmerin, Expertin für Digitalisierung und Transformationsprozesse
Steinbeis-Beratungszentrum Geschäftsmodelle der Zukunft (Stuttgart)
Prof. Dr. Esin Bozyazi
Steinbeis-Unternehmerin, Expertin für Future Business Design und Nachhaltigkeit
Steinbeis-Beratungszentrum Geschäftsmodelle der Zukunft (Stuttgart)