Im Gespräch mit Dr. Stefan Pastuszka, Dozent der Steinbeis-Hochschule
Ob eine Strategie gut oder schlecht ist, zeigt sich meist erst im Nachhinein. Umso mehr muss ein Unternehmen das Augenmerk auf die durchdachte Strategieentwicklung legen. Einer, der sich damit eingehend beschäftigt, ist Dr. Stefan Pastuszka. Als Dozent im Onlinestudiengang M.A./MBA (USA) in General Management an der Graduate School der Fakultät Leadership and Management der Steinbeis-Hochschule vermittelt er Studierenden projektbezogenes Wissen und Methoden im Strategie- und Foresight Management. Mit Nick Lange von der School of International Business and Entrepreneurship (SIBE), der Business School der Graduate School der Fakultät Leadership and Management, hat er sich über die Herausforderung einer agilen Strategieentwicklung unterhalten.
Herr Dr. Pastuszka, der Themenkomplex Strategieentwicklung hat in Ihrer Vita einen zentralen Stellenwert. Wie kam es zu diesem Fokus?
Strategie ist ein Thema, das mich bereits mein gesamtes Berufsleben über begleitet. Dabei habe ich eine Vielzahl von Märkten, Geschäftsmodellen und strategischen Ansätzen kennengelernt. Heute unterstütze ich als Strategie- und Innovationsberater Menschen und Organisationen dabei, Klarheit und Struktur in komplexe Zusammenhänge zu bringen, um sich erfolgreich für die Zukunft aufzustellen. In diesen Kontext passt auch sehr gut meine Lehrtätigkeit an der Graduate School der Fakultät Leadership and Management der Steinbeis-Hochschule, die sich auf Strategie- und Foresight Management konzentriert.
Was hat Sie dazu bewogen, eine weitere Publikation zu diesem Thema zu veröffentlichen?
Beim Schreiben meines ersten Buches kam mir die Idee zu einer Canvas-basierten Methodik für die Strategieentwicklung: Als ich gerade an der Passage über Geschäftsmodelle arbeitete, wurde mir bewusst, dass es inzwischen für alles Mögliche ein Canvas-Modell gibt, nur nicht für das für Unternehmen sehr zentrale und relevante Thema der Strategie. Zwei Dinge haben mich dann dazu gebracht, zu diesem Thema zu publizieren: Auf der einen Seite war es die Arbeit mit Canvas-Modellen, die ich hochinteressant und produktiv finde. Es inspiriert mich beispielsweise immer wieder, mit dem Business Model Canvas Geschäftsmodelle abzubilden und neu- oder weiterzuentwickeln. Auf der anderen Seite war es meine Begeisterung für die Themen „Zukunft“ und „Innovation“, die mich dazu gebracht hat beides miteinander zu kombinieren und so eine intuitive und zeitgemäße Methode zu entwickeln, die dazu beiträgt bessere Entscheidungen für die Zukunft zu treffen.
Welche Relevanz würden Sie einer guten Strategie für ein Unternehmen zusprechen? Welche Folgen haben schlechte Strategien?
Das Wesentliche ist, dass Unternehmen überhaupt eine klare Strategie haben. Wenn wir nicht von Konzernen, sondern von kleinen und mittleren Unternehmen sprechen, dann gibt es in diesem Segment einige, die sich mit dem Thema „Strategie“ vergleichsweise wenig beschäftigen. Vielleicht hat die Geschäftsführung eine Strategie im Kopf, eine intensive und strukturierte Auseinandersetzung mit der Thematik findet aber oft nicht statt.
Wenn Unternehmen eine bestimmte Strategie verfolgen, beschreibt diese immer einen von üblicherweise mehreren möglichen Wegen zum Ziel. Einige Wege können mit Umwegen verbunden sein oder sich im Verlauf sogar als Sackgassen herausstellen. Das hat zur Folge, dass die Unternehmen entweder nicht schnell genug oder im schlimmsten Fall gar nicht ans Ziel kommen und die verfügbaren Ressourcen nicht effektiv eingesetzt werden. Erst am Ende kann aber beurteilt werden, ob eine Strategie gut oder schlecht war. Daher konzentriert man sich auf den aus heutiger Sicht erfolgversprechendsten Weg.
Wie wird in der Regel eine Strategie entwickelt? Und wie unterscheiden sich konventionelle Strategieentwicklungsmethoden von Ihrem Modell, dem „Strategy Explorer“?
Meiner Erfahrung nach hängt der Umgang mit dem Thema Strategieentwicklung sehr stark vom einzelnen Unternehmen ab. Große Unternehmen haben oft sehr ausgefeilte Prozesse, um Strategien zu entwickeln. Diese beinhalten Zyklen, in denen Strategien entwickelt, modifiziert, vorgestellt und verabschiedet werden. Das erfordert natürlich Ressourcen und kleinere Unternehmen können sich so etwas häufig gar nicht leisten. Insbesondere verfügen letztere meist nicht über dedizierte Strategieexperten, die sich konsequent um das Thema kümmern. In der Regel werden Strategien in diesen Unternehmen von Menschen erarbeitet, die keine Experten in diesem Bereich sind. In Sachen Werkzeug gibt es vielleicht spezielle Methoden aus dem großen Werkzeugkoffer der Strategieentwicklung, die ihnen als Hilfestellung an die Hand gegeben werden, oftmals müssen sie sich diese jedoch ebenfalls selbst erarbeiten. Auch dafür muss man sich einigermaßen auskennen, sonst wird das Ergebnis mitunter darunter leiden: Wenn man nur einen Hammer hat, sieht jedes Problem wie ein Nagel aus. In meinen Seminaren im M.A./MBA (USA)-Studiengang der Graduate School der Fakultät Leadership and Management der Steinbeis-Hochschule vermittle ich den Studierenden verschiedene Werkzeuge der Strategieentwicklung, die sie anschließend unmittelbar auf ihre eigenen Managementprojekte anwenden können. Ich denke, das ist ein guter Start, um dieses Wissen auch in die Unternehmen zu tragen.
Der Strategy Explorer basiert grundsätzlich auch auf solchen Standardwerkzeugen. In diesem Fall werden sie jedoch zu einem kompakten Gesamtprozess zusammengefügt. Eine der Schwierigkeiten bei der getrennten Anwendung unterschiedlicher Werkzeuge in Unternehmen ist zum Beispiel, dass die Analysen unter verschiedenen Vorzeichen in unterschiedlichen Teams durchgeführt werden. Diese Ergebnisse zusammenzuführen stellt sich dann als schwierig heraus. Beim Strategy Explorer wird dagegen von vornherein ein strategisches Gesamtbild entworfen, wobei das übergreifende Ziel und die Argumentationsketten stets sichtbar sind.
Der Strategy Explorer fördert die teamübergreifende Strategieentwicklung und bildet alle relevanten Ergebnisse auf einer Seite ab. Das schafft Klarheit und Struktur und zwingt dazu, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Im Prinzip kann man sich dieses neuartige Canvas-Modell wie einen Matchplan im Sport vorstellen, der ausgearbeitet und anschließend erfüllt wird. Solch ein Matchplan beinhaltet zum Beispiel die langfristigen Ziele, die Betrachtung des eigenen Teams mit seinen Stärken und Schwächen oder des Gegners. Der Strategy Explorer führt in sechs Schritten durch den Prozess der Strategieentwicklung: Von der Festlegung des Betrachtungsgegenstandes, der Vision und Mission geht es über die Umfeldanalyse zu den Stärken, Schwächen, Chancen und Risiken mit entsprechenden Schlussfolgerungen. Letztlich führen die Sammlung und Priorisierung von großen Schritten wie strategischen Optionen dann zur Formulierung des erfolgversprechendsten Weges nach vorne. Durch die Erarbeitung auf einer einzigen Seite hilft der Strategy Explorer Unternehmen dabei, sich nicht in Details zu verlieren, sondern den Überblick und die richtige strategische Flughöhe zu wahren.
Wie unterstützt Ihr Modell Unternehmen weiterführend?
Der Strategy Explorer stellt eine Methode dar, die Unternehmen hilft, in unterschiedlichen Bereichen in überschaubarer Zeit zu partizipativ entwickelten, Erfolg versprechenden Strategien für die Zukunft zu gelangen. Diese werden schnell und agil unter Einbringung unterschiedlicher Perspektiven erarbeitet – in vielen Fällen an nur einem einzigen Tag. Abhängig von der Zusammensetzung des Teams und eventuell notwendigen weiteren Recherchen ist das erste Ergebnis als eine Art Strategie-Prototyp zu verstehen, der im Nachgang gegebenenfalls noch überprüft, verfeinert und operationalisiert werden muss.
Das neue Werkzeug zur Strategieentwicklung beschreibt Stefan Pastuszka in seiner aktuellen Publikation „Strategy Explorer – das Strategiewerkzeug für Teams: Für jedes Business die passende Strategie entwerfen“. Mehr Informationen auch auf www.strategy-explorer.xyz
Kontakt
Dr. Stefan Pastuszka (Autor)
Dozent an der Steinbeis-Hochschule, Strategy & Innovation Coach, Autor, Speaker (Hainburg)
www.pastuszka.de
Nick Lange (Autor)
Research Assistant Marketing and Communications
Steinbeis School of International Business and Entrepreneurship GmbH (Herrenberg)
www.steinbeis-sibe.de