Preisträger-Team aus Pforzheim blickt zurück und schaut nach vorn
In einer engen Kooperation entwickelten die Experten am Steinbeis-Transferzentrum Produktion und Organisation gemeinsam mit der Stadtmüller GmbH neue Schweißverfahren unter Einsatz der Lasertechnik, durch die Berührschutzgitter in einem Arbeitsvorgang komplett verschweißt werden können, und wurden dafür 2010 mit dem Transferpreis der Steinbeis-Stiftung ausgezeichnet. Wie es für das Steinbeis- Unternehmen nach der Auszeichnung weiterging und wie die Zusammenarbeit der Projektpartner aktuell aussieht, berichtet der Steinbeis-Experte Prof. Dr.-Ing. Herbert Emmerich.
Die Auszeichnung und Würdigung von Projektergebnissen durch den Transferpreis der Steinbeis-Stiftung – Löhn-Preis im Jahre 2010 war und ist für das Steinbeis-Transferzentrum Produktion und Organisation und dessen Kunden, die Firma Stadtmüller, ein besonderes Ereignis und Highlight. Die Projektergebnisse mit dem etwas sperrigen Titel „Neuartiges Laser-Schweißverfahren für rotationssymmetrische Bauteile“ entstanden aus einer langjährigen vertrauensvollen und intensiven Zusammenarbeit mit dem Kunden, die danach noch deutlich verstärkt wurde und bis zum heutigen Tage anhält.
Besonders positiv ist, dass sich im Nachgang zu der Auszeichnung und Veröffentlichung mehrere Projekte eingestellt haben, die sich, wenn auch mit anderen Technologien behaftet, im vergleichbaren Markt- beziehungsweise Wettbewerbsumfeld befanden und befinden. Die zu bearbeitenden Themenfelder sind dabei oft im ersten Ansatz die Optimierung und Absicherung der Wettbewerbsfähigkeit im operativen Bereich. Die eingesetzten, bekannten Tools in Kombination mit dem Erfahrungsschatz und dem Expertenwissen der beteiligten Steinbeis-Mitarbeiter bilden dabei stets die Grundlage, um die Produktentwicklungsprozesse, Produktions-, Logistik- und Lieferprozesse zu verschlanken und zu optimieren.
Diese Optimierungen reichen jedoch mittelfristig nicht aus, um im harten Wettbewerb bestehen zu können. Im industriellen Umfeld sind vor allem technische Innovationen erforderlich, die die Differenzierung zum Wettbewerb und damit den erforderlichen Vorsprung im Markt absichern. Das frühzeitige Erkennen und Verfügbarmachen von Technologien ist dabei ein wesentlicher Punkt der Entwicklungsaktivitäten. Entscheidend für die erfolgreiche innerbetriebliche Umsetzung ist, dass neben der Durchentwicklung der getätigten Innovationen zur Produktionsreife die Anpassung von technischen und organisatorischen Abläufen vorgenommen wird. Der Einsatz neuer, bisher in den Unternehmen nicht bekannter oder noch nicht eingesetzter Technologien erfordert in aller Regel in den technischen Unternehmensbereichen eine signifikante Weiterentwicklung oder gar ein komplettes Umdenken bisheriger Verfahren und Arbeitsabläufe. Die hauptsächlich davon tangierten Bereiche sind neben der Produktkonstruktion die Prozess- und Arbeitsplanung, aber auch die Betriebsmittelkonstruktion oder rein operative Bereiche wie beispielsweise Werkzeugbau und Instandhaltung. Diese teilweise auch organisatorischen Veränderungen können nur unter dem Hintergrund einer hohen technischen Fachkompetenz durchgeführt werden und sind die Grundlage dafür, dass die neuen Technologien auch effizient implementiert und effektiv im Wertschöpfungsprozess mit hoher Prozessstabilität und Verfügbarkeit betrieben werden können.
Aus wirtschaftlicher Sicht ist es entscheidend, bereits im Vorfeld einer geplanten Einführung von neuen Technologien und Verfahren eine wirtschaftliche Risikoabschätzung durchzuführen. Es gilt, neben der Abschätzung der finanziellen und technischen Risiken, eine Ressourcenplanung für das Personal und einen Terminplan für die stufenweise Implementierung festzulegen. Als sehr häufiger Hemmschuh erweisen sich dabei Engpässe in der Akquisition von Fachkräften. In aller Regel wird bei den neuen Verfahren und Technologien der Automatisierungsgrad sowohl im Bereich der Materialflüsse, wie auch im Bereich der Informationsflüsse und deren Verarbeitung signifikant erhöht. So ist beispielsweise die automatisierte Wandlung und Transformation von Produktdaten (CAD-Daten) hin zu Prozessdaten mit sofortiger Verfügbarkeit von lauffähigen Ablaufprogrammen auf den jeweiligen Produktionsanlagen heute bereits Stand der Technik (CAD-CAM Kopplung). Mit diesem technologischen Wandel ist direkt ein Wandel mit spezifischen Qualifikationsanforderungen an die am Prozess beteiligten Mitarbeiter verbunden. Da bedingt durch die konjunkturelle Situation sofort einsetzbare Fachkräfte mit entsprechendem Hintergrund nicht verfügbar sind, kommt der innerbetrieblichen Ausbildung und Weiterentwicklung der Mitarbeiter zukünftig eine immer größere Bedeutung zu.
So war auch bei der Firma Stadtmüller die technologische und organisatorische Weiterentwicklung ein stetiger und permanenter Prozess. An der Stelle, an der vor einigen Jahren noch Mitarbeiter mit geringem Automatisierungsgrad Schutzgitter für Unternehmen der Lüftungs- und Klimatechnik hergestellt haben, hat Hochtechnologie stufenweise Einzug gehalten. Für die Produktion von Schutzgittern, bei denen früher die klassische Widerstandsschweiß- und MAG-Technologie eingesetzt wurde, wird heute ein eigenentwickeltes und patentiertes Laserschweißverfahren eingesetzt. Die Produkte werden von den Designern in Absprache mit den Kunden bereits fertigungs- und verfahrensgerecht ausgelegt und gestaltet. Der Festigkeitsnachweis wird bereits im Vorfeld der Musterfreigabe mittels FEM-Technologie erbracht und mit dem Kunden abgestimmt. Die Qualität der Produkte wird über eine optimierte Vorproduktion der Einsatzkomponenten und über intelligente Vorrichtungskonzepte weitgehend abgesichert. Die Rüstprozesse werden im digitalen Umfeld vorbereitet und mit Hilfe einer spezifischen Offlineprogrammierung und Simulation im Vergleich zur Vergangenheit bezüglich der Rüstdauer drastisch reduziert. Selbst Richtprozesse, die früher ausschließlich manuell durchgeführt wurden, werden heute mit Einsatz von mathematischen Algorithmen und künstlicher Intelligenz automatisiert.
Entsprechend der schnellen Weiterentwicklung der technologischen Möglichkeiten ergeben sich für entwickelnde und produzierende Unternehmen auch zukünftig hochinnovative Betätigungsfelder zur Absicherung der Wettbewerbsfähigkeit. Es gilt diese als klassische Aufgabe des Technologie- und Innovationsmanagements zu identifizieren, zu bewerten und mit einer auf die jeweiligen Bedürfnisse und Möglichkeiten angepassten Strategie sicher in den Unternehmen einzuführen.
Kontakt
Professor Dr.-Ing. Herbert Emmerich ist Leiter des Steinbeis- Transferzentrums Produktion und Organisation an der Hochschule Pforzheim. Zu den Tätigkeitsschwerpunkten des Steinbeis- Unternehmens gehören Unternehmensorganisation und Führung, Produktions- und Arbeitsorganisation, Produktivitätsmanagement, Handhabungs- und Montagetechnik sowie Produktentwicklung.
Professor Dr.-Ing. Herbert Emmerich
Steinbeis-Transferzentrum Produktion und Organisation (Pforzheim)