PLM in der Lehre: Studierende im Gespräch über den Fertigungsprozess des E-Bikes

Die Umsetzung der Digitalisierung fängt mit exzellenter Lehre an

Steinbeis-Experten entwickeln das modulare PLM-Lehrmodul „PLM-Tactile“

Digitalisierung und Industrie 4.0 sind die Schicksalsthemen der deutschen Industrie. Voraussetzungen für eine gelingende Transformation in den hiesigen Unternehmen sind dabei die horizontale Integration sowie die Gestaltung des produkt- und auftragsbezogenen Informationsflusses nach dem Lean-Ansatz. Hierfür werden Nachwuchskräfte benötigt, die in der Lage sind, die Entstehung und den Fluss der Informationen in einem Unternehmen zu verstehen, und mit den Methoden des Produkt-Lebenszyklus-Managements (PLM) vertraut sind. Hierfür hat das Steinbeis-Transferzentrum Rechnereinsatz im Maschinenbau (STZ-RIM) in Zusammenarbeit mit der Hochschule Karlsruhe und der Siemens Industry Software GmbH ein modulares PLM-Lehrmodul als Baukasten für Universitäten und Hochschulen entwickelt.

Product Lifecycle Management ist als interdisziplinäres Thema im Studium und dem späteren Berufsalltag zu verstehen. Die PLM-Methoden ermöglichen Unternehmen ihren Produktentstehungsprozess (PEP) erstklassig aufzustellen, um in der Digitalisierung ganz oben mitwirken und agieren zu können. Zusätzlich helfen methodische PLM-Kenntnisse den unterschiedlichen Domänen im digitalisierten PEP der Zukunft eine Sprache zu sprechen. Da bei vielen Themen in den Unternehmen, wie zum Beispiel Änderungs- oder Anforderungsmanagement, Mitarbeiter aus verschiedenen Fachrichtungen wie Ingenieurswesen, Wirtschaftswissenschaften und Informatik zusammentreffen, ist eine PLM-Ausbildung unerlässlich.

Das modulare PLM-Lehrmodul „PLM mit Teamcenter und Active Workspace in der Lehre” (kurz PLM-Tactile), das unter der Federführung von Professor Dr.-Ing. Jörg W. Fischer von der Hochschule Karlsruhe – Technik und Wirtschaft entwickelt wurde, bietet eine methodische Darstellung des PLM-Gedankens. Es besteht aus mehreren Vorlesungsbausteinen, die je nach Schwerpunkt einer Bildungseinrichtung zusammengesetzt und erweitert werden können. Didaktisch unterstützt wird das Konzept durch ein industrievergleichbares Use-Case-Szenario über die Entwicklung eines E-Bikes auf einer PLM-Plattform inklusive CAx-Anwendungen. Somit macht PLM-Tactile das Produkt Lebenszyklus Management (be)greifbar. In diesem Szenario absolvieren die Studierenden Aufgabenstellungen anhand der digitalen Zwillinge des E-Bikes und der zugehörigen Fahrradfabrik und tauchen dabei in unterschiedliche Rollen im Produktentstehungsprozess ein. Ziel ist der Einstieg in den wachsenden Markt mit E-Bikes. Im Verlauf der Übungen werden die einzelnen Phasen der Produktentstehung anhand des V-Modells nach der VDI 2206 beleuchtet.

Workflowbasiertes Lebenszyklusmanagement im Teamcenter

Erarbeitet wurde das Lehrmodul am Steinbeis-Transferzentrum Rechnereinsatz im Maschinenbau (STZ-RIM), in dem Jörg W. Fischer als Partner agiert: „Unser Steinbeis-Transferzentrum und die Hochschule Karlsruhe, die bereits seit fünf Jahren mit dem Master-Studiengang Rechnerintegrierte Produkt- und Prozessentwicklung diejenigen Themen priorisiert, die heute in der Digitalisierung wichtig sind, waren ideale Partner zur Durchführung dieser Idee.“ Bei der Konzeption des Lehrmoduls bildete das Steinbeis-Transferzentrum ein Netzwerk aus verschiedenen Universitäten und Hochschulen sowie der Siemens Software GmbH als Technologie- und Prozess-Experten.

„Eine softwareunterstützte Lehrveranstaltung zu realisieren, ist für einzelne Professorinnen und Professoren eine Herausforderung“, so Jörg. W. Fischer. „Eine PLM-Vorlesung sollte die Studierenden dazu befähigen, im digitalisierten PEP der Zukunft sicher zu agieren.“ Hierzu müssen sich die Professoren in die einzelnen Themengebiete des PLM, beginnend vom Anforderungsmanagement bis zum After Sales und der Wiederverwendung, einarbeiten. Sollen unterstützend zur Vorlesung Übungen angeboten werden, so müssen die digitale Prozesskette in einem PLM-System aufgebaut und ein passendes Szenario ausgearbeitet werden. „Gerade hier“, so Jörg W. Fischer, „ist es notwendig, die Professorinnen und Professoren mit PLM-Tactile zu unterstützen.“

Die Lehrveranstaltung ist für Studierende der ingenieurstechnischen, wirtschaftswissenschaftlichen sowie der informationstechnischen Studiengänge an Universitäten und Hochschulen ausgerichtet. Aufgrund ihres modularen Aufbaus kann sie leicht in Bachelor- oder Master-Studiengänge integriert werden. Das Ziel ist es, den einzelnen Professoren ein reichhaltiges Angebot zur Erstellung ihrer jeweils eigenen PLM-Vorlesung zur Verfügung zu stellen. Daher werden für jedes der zehn PLM-Kernthemen Vorlesungsbausteine, Übungen sowie Lehrvideos zur Verfügung gestellt, die an den jeweiligen Universitäten und Hochschulen situativ eingesetzt oder auch verändert werden können. Prof. Dr.-Ing. Ute Dietrich von der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Berlin, die auf Grundlage von PLM-Tactile das Thema PLM in ihre Lehrveranstaltungen aufgenommen hat, sagt: „Die Vorlesungsbausteine sowie die begleitenden Übungen sind exzellent ausgearbeitet und waren für uns eine ideale Grundlage. Besonders die Use-Case-Szenarien kommen bei unseren Studierenden sehr gut an und wurden in der Evaluation hoch bewertet. Zukünftig planen wir, sukzessiv weitere Module aus dem Lehrmodul einzusetzen“.

Auch am Umwelt-Campus der Hochschule Trier wurden die Ergebnisse des Steinbeis-Projekts genutzt, um PLM erstmals in die Lehre einzubinden. „Wir bekommen sehr positives Feedback von unseren Studierenden zu dem PLM-Lehrmodul. Die Studierenden haben unglaublich schnell begriffen, warum das Thema PLM für sie wichtig ist. Ein solches Lehrmodul hätten wir ohne Unterstützung in so kurzer Zeit und in dieser Qualität nicht erarbeiten können“, so Stefan Hirsch, Dozent der Fakultät Maschinenbau am Umwelt-Campus. Am Trierer Campus wurden die Inhalte von PLM-Tactile zunächst in das Master-Modul „Produktdatenmanagement“ aufgenommen. Nach der erneuten Akkreditierung wird daraus ein eigenes PLM-Modul entstehen.

Die Unterlagen zu PLM-Tactile werden von Siemens in Zusammenarbeit mit dem Steinbeis-Transferzentrum Rechnereinsatz im Maschinenbau kostenfrei zur Verfügung gestellt. Das Steinbeis-Transferzentrum be- treut die interessierten Universitäten und Hochschulen bei der Anpas- sung der Unterlagen an die spezifischen Wünsche der einzelnen Einrich- tungen sowie bei der technischen Einführung des für die Übungen notwendigen PLM-Systems.

Kontakt

Prof. Dr.-Ing. Jörg W. Fischer, Jürgen Klinzmann
Steinbeis-Transferzentrum Rechnereinsatz im Maschinenbau (STZ-RIM) (Karlsruhe)