Zwei Jahre, ein Wirtschaftsraum, kein Limit – EGON macht Tempo

Das Steinbeis-Team in Villingen-Schwenningen koordiniert das Wirtschaftsförderungsprojekt für drei Kommunen im Schwarzwald

Seit gut zwei Jahren lenkt und leitet das Steinbeis-Transferzentrum Wirtschaft, Gründung, Kommune aus Villingen-Schwenningen das interkommunale Wirtschaftsförderungsprojekt Existenzgründungsoffensive Neckar-Eschach, kurz „EGON“. Zeit für einen ersten Rückblick auf die identifizierten Handlungsfelder und Aktivitäten des Steinbeis-Teams vor Ort.

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Das Projekt „EGON“ existiert seit rund zehn Jahren und erstreckt sich seit einigen Jahren auf den gemeinsamen Wirtschaftsraum der Kommunen Dauchingen, Deißlingen und Nieder­eschach in der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg. Vor zwei Jahren wurde das Steinbeis-Transferzentrum Wirtschaft, Gründung, Kommune im Zuge einer Neuaufstellung mit dem Management des Projekts beauftragt. Die ersten Wochen und Monate hat das Steinbeis-Team genutzt, um jeden Stein im EGON-Raum bildlich umzudrehen: Das brachte ungenutzte Potenziale, Bedarfe und Handlungsspielräume zu Tage und zeigte, wie das erfolgreiche Projekt für die Zukunft weiterentwickelt werden kann.

Der Ansatz: Von einer zu drei Säulen

Während der ursprüngliche Schwerpunkt der Wirtschaftsförderungsmaßnahmen auf der Unterstützung von Existenzgründungen lag, fokussiert sich das Steinbeis-Team seit der Projektübernahme auch unmittelbar auf die Bedarfe und Herausforderungen der Bestandsunternehmen als weitere Säule. Zudem werden als dritte Säule die allgemeinen Tätigkeiten der Wirtschaftsförderung wie PR-Maßnahmen und Standortmarketing deutlich intensiver betrieben als zuvor. Darüber hinaus erweist sich das vielfältige Netzwerk der Teammitglieder innerhalb und außerhalb des Steinbeis-Verbundes als Erfolgsfaktor. Dieses Netzwerk im Bedarfsfall kurzfristig einbeziehen zu können, ist wertvoll, da die Fragestellungen der Unternehmen häufig komplex und vielschichtig sind.

Ein weiteres Merkmal des neuen Ansatzes ist die möglichst systematische und stetige Ermittlung der Bedarfe von Gründenden – und insbesondere von Bestandsunternehmen. Zu diesem Zweck hat das Team in den ersten Monaten mehrere informelle Gruppengespräche mit Unternehmerinnen und Unternehmern aus dem EGON-Wirtschaftsraum geführt, Bedarfe, Herausforderungen wie auch Erwartungen analysiert und Kontakte geknüpft. Die parallel begonnenen Unternehmensbesuche brachten ebenfalls einen wesentlichen Informationszuwachs. Beide Maßnahmen waren dem Schlüsselelement der systematischen Bedarfsanalyse – einer standardisierten Unternehmensbefragung – vorgeschaltet. Auf die Ergebnisse der Befragung konnten dann die Wirtschaftsförderungsmaßnahmen gezielt ausgerichtet werden.

Die Handlungsfelder: Kooperation, Digitalisierung, Ausbildung

Aus der Unternehmensbefragung leitete das Steinbeis-Team ein Füllhorn an Handlungsbedarfen und -möglichkeiten ab. Drei Handlungsfelder haben sich dabei aus quantitativer Perspektive als besonders relevant erwiesen. Das erste Handlungsfeld betrifft den Bereich der Vernetzung und Kooperation. Anhand der Befragungsergebnisse zeigte sich deutlich, dass die Informationslage der Bestandsunternehmen über Kooperationsmöglichkeiten im EGON-Wirtschaftsraum verbesserungswürdig ist und es an Orten des Kontaktes sowie des Austausches fehlt. Zahlreiche Teilnehmende der Befragung hatten Interesse an der Aufnahme und/oder Intensivierung von Kooperationsbeziehungen vor Ort. „Dieses Handlungsfeld sind wir direkt angegangen, indem wir inzwischen regelmäßig Unternehmensstammtische und -treffen im EGON-Wirtschaftsraum veranstalten“, erläutert Steinbeis-Unternehmer Wolfgang Müller. Die inhaltlichen Schwerpunkte der einzelnen Termine variieren und werden vorab per E-Mail und in den Amtsblättern der Kommunen bekanntgegeben. Die Treffen werden sehr gut angenommen, einige vielversprechende Kooperationen haben sich bereits angebahnt.

Das zweite als zentral ermittelte Handlungsfeld ist vor dem Hintergrund der Transformation im gesamten EGON-Wirtschaftsraum relevant: Aus der Befragung ging hervor, dass rund zwei Drittel der befragten Unternehmen zeitnah die Einführung oder Ausweitung digitaler Geschäftsprozesse planen. Da gleichzeitig die Verbesserung der Internetverbindung aus einer Liste von zehn potenziell relevanten Standortfaktoren am häufigsten genannt wurde, leitete sich hier dringender Handlungsbedarf ab. Die kurzfristige und dauerhafte Verbesserung der Internetverbindung war zunächst eine Herausforderung, denn – im Gegensatz zur Anregung des Kooperationsgeschehens – dies war nur mit Einbindung zumindest eines externen Akteurs, des Providers, möglich. Eine schnelle und zuverlässige Internetverbindung ist für viele Unternehmen im Wirtschaftsraum, insbesondere aus dem Industriesektor, von elementarer Bedeutung. „Umso erfreuter waren wir, dass wir in sehr kurzer Zeit einen Kooperationspartner gefunden haben, der ein entsprechendes Glaserfasernetz zügig und unbürokratisch bereitstellt“, zeigt sich Steinbeis-Projektmitarbeiter Marcel Reiner begeistert. Dieses Netz lässt auch bei Transaktionen großer Datenmengen keine Wünsche mehr offen. Darüber hinaus findet im Rahmen von EGON regelmäßig eine virtuelle Sprechstunde zum Thema Digitalisierung statt, die zu vorab übermittelten Fragen berät.

Das dritte wesentliche Handlungsfeld betrifft die (betriebliche) Ausbildung. Aus der Unternehmensbefragung ging hervor, dass lediglich rund 30 Prozent der befragten Unternehmen aktuell Ausbildungsplätze anbieten. Das überraschte angesichts der überwiegend kleinbetrieblichen Wirtschaftsstruktur im EGON-Raum nicht, da Kleinbetriebe vergleichsweise selten(er) ausbilden. Da Ausbildung eine wichtige Strategie zur Gewinnung von Nachwuchspersonal ist und daher auch den Fortbestand des Unternehmens unterstützt, ist davon auszugehen, dass der Nutzen von Ausbildung im Vergleich zum Aufwand unabhängig der Betriebsgröße höher ist. Zugleich ist es mit Blick auf die Demografie ländlicher Räume auch im Interesse der Kommunen, möglichst viele junge Menschen durch das Angebot einer beruflichen Perspektive vor Ort zu binden. Zudem ist die Rückkehr junger Menschen, die ihre Ausbildung in anderen, teils urbanen Räumen absolvieren, ungewiss. Aus Anfragen von interessierten jungen Menschen und deren Eltern leitet das Steinbeis-Team außerdem ab, dass oftmals zwar Interesse an einer Ausbildung vor Ort besteht, die Informationslage über das Angebot aber unzureichend ist. Es gilt also, auch in diesem Bereich zu handeln. Daher entstand zeitnah nach der Befragung ein Projekt zum Thema Berufsorientierung und -findung, das unter anderem die Schaffung eines Praktika-Pools mit örtlichen Unternehmen enthält. Hierdurch werden die Rahmenbedingungen verbessert, um interessierte Schülerinnen und Schüler mit örtlichen Unternehmen zusammenzubringen. Im Rahmen dieses Projektes ist auch der Einbezug mehrerer Akteure mit direktem Bezug zum Arbeitsmarkt geplant, darunter insbesondere die regionale Agentur für Arbeit. Diese Vernetzung zielt darauf ab, bereits vorhandene Strukturen und Angebote vor Ort noch besser kommunizieren und nutzen zu können, sodass die Suchprozesse von Unternehmen und jungen Menschen vereinfacht werden. Zudem gibt es mit der Agentur für Arbeit eine Kooperation im Bereich Arbeitskräftegewinnung, um Geflüchtete aus der Ukraine in den Arbeitsmarkt im EGON-Wirtschaftsraum zu integrieren. Dazu wurde im Juli 2024 ein „Speed-Dating“ mit Geflüchteten und Unternehmen mit Personalbedarf veranstaltet, das sehr gut besucht war. Die Kooperation ist an den „Job-Turbo“, eine bundesweite Initiative des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales zur beschleunigten Integration von Geflüchteten in den Arbeitsmarkt, angedockt.

Und so geht es weiter

Nach zwei Jahren zeigen die Projekte, Kooperationen und die Wertschätzung der Unternehmen: Das Konzept des Steinbeis-Teams ist ein Erfolg. Die Fortführung der zunächst auf zwei Jahre angelegten Zusammenarbeit ist längst beschlossen, der Handlungsbedarf wird mit Sicherheit nicht kleiner werden: Die aus der Unternehmensbefragung abgeleiteten Handlungsempfehlungen stehen weiterhin auf der Agenda, gleichzeitig wird die Zukunft neue exogene Entwicklungen und Innovationen bringen, die sich im EGON-Wirtschaftsraum auswirken und die Wettbewerbsfähigkeit des Standortes beeinflussen werden. Auch wenn die entsprechenden Aktivitäten rund um EGON noch Zukunftsmusik sind, ist eines klar: Es gibt kein Limit, aber viel Tempo.


Weitere Informationen zu den Ursprüngen und zum Konzept des Projektes „EGON“ finden sich im Steinbeis Transfer-Magazin 01/2023, S. 85f.: www.steinbeis.de/mediathek/publikationen

Kontakt

Marcel Reiner (Autor)
Mitarbeiter
Steinbeis-Transferzentrum Wirtschaft, Gründung, Kommune (Villingen-Schwenningen)
www.start-mit-steinbeis.de

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