Im Gespräch mit Dr. Cyrus Bark, Geschäftsführer der Mittelstandswerk GmbH
Als kleines oder mittelständisches Unternehmen an externe Finanzmittel zu kommen, ist in der Theorie weitaus einfacher als in der Praxis. Diese Erfahrung musste Dr. Cyrus Bark in den vergangenen Jahren schmerzlich machen: Der großelterliche metallverarbeitende Betrieb auf der schwäbischen Alb mit über 70 Mitarbeitern und 10 Millionen Euro Umsatz benötigte 2019 zur Deckung einer temporären Finanzierungslücke dringend einen Überbrückungskredit. Die Auftragsbücher waren voll und der unternehmerische Ausblick positiv. Dennoch musste das Unternehmen Eigeninsolvenz anmelden: Für die klassischen Banken war das Risiko einer weiteren Kreditvergabe zu hoch und die gebotene Sicherheitenlage zu gering – für die alternativen Eigenkapitalgeber wie Private Equity Fonds war die Unternehmensgröße zu klein und die Renditeerwartung zu gering. Das Unternehmen fiel durchs Finanzierungs- wie auch Beratungsraster und wurde im Zuge eines Asset-Deals an einen türkischen Investor verkauft. Dank der Unterstützung der Kunden, Lieferanten, Mitarbeitenden sowie durch viel Eigenengagement und umfängliche private Mittel ist es der Unternehmerfamilie 2022 gelungen, das Unternehmen wieder in den Familienbesitz zurückzukaufen. Die schmerzhafte Erfahrung hat den umtriebigen Unternehmer dazu gebracht selbst aktiv zu werden: Die von ihm gegründete Mittelstandswerk GmbH berät KMU in betriebswirtschaftlichen Sondersituationen und arbeitet parallel am Aufbau eines Private Equity Fonds für genau diese kleinen und mittelständischen Unternehmen. Im Gespräch mit der TRANSFER und Steinbeiser Ralf Lauterwasser hat er von seinen Erfahrungen und Plänen berichtet.
Herr Dr. Bark, Unternehmertum und die Entscheidung für die Selbstständigkeit werden von allen Seiten bestärkt und unterstützt – beim Geld scheint diese Unterstützung dann aber leider ein jähes Ende zu haben. Was sind in Ihrer Erfahrung die Gründe dafür, dass etablierte Banken, Kreditinstitute und Fonds nicht mit KMU zusammenfinden?
Bark:
Die Gründe sind bei den etablierten Finanzierern des Mittelstandes und bei beispielsweise Fonds als Eigenkapitalgeber unterschiedlich.
Historisch waren die regionalen Sparkassen und Volksbanken der klassische Finanzpartner des kleinen Mittelstandes als Fremdkapitalgeber. Diese Rolle kann von den Kreditinstituten immer weniger ausgefüllt werden. Wesentliche Gründe hierfür liegen in den strenger gewordenen Kreditvergabekriterien, hohen bürokratischen und regulatorischen Hürden, teilweise mangelnder Kompetenz der bankseitigen Ansprechpartner sowie einer viel höheren Risikoaversion der Institute. Das sind eben „Banker“ und keine Unternehmer – deshalb agieren sie auch nicht wie solche.
Die innovativeren Eigenkapitalgeber richten ihr Augenmerk hauptsächlich auf größere mittelständische Unternehmen mit Jahresumsätzen jenseits der 25 Millionen Euro oder auf „hoch-innovative“ Start-ups mit teilweise extremen Entwicklungsphantasien. Da werden durchaus Start-up-Unternehmen mit Millionenbeträgen finanziert, die bisher lediglich einen dreizeiligen Programmiercode entwickelt und bis dato nur Verluste eingefahren haben. Der klassische, etablierte Mittelstand, auch aus der Old Economy, geht da meist leer aus, da zu klein und anscheinend zu wenig „sexy“.
Zudem sprechen die Vertreter der Private Equity Fonds oftmals nicht dieselbe unternehmerische Sprache wie die Vertreter des inhabergeführten Mittelstandsunternehmen, der an Finanzmittel kommen möchte. Ein Beispiel: Ein Private Equity Consultant aus Düsseldorf oder Frankfurt mit handgenähten Budapestern und Nadelstreifenanzug kann schwerlich mit einem Inhaber einer Dreherei auf der Schwäbischen Alb kommunizieren, der morgens noch an der Maschine steht und produziert und mittags die Finanzierungsrunde verhandelt, und das liegt nicht am schwäbischen Dialekt.
Ihre eigenen Erfahrungen waren für Sie der Antrieb, diese Lücke zu füllen. Wie weit sind Sie aktuell in Ihrem Vorhaben, das Mittelstandswerk als den Ansprechpartner für KMU zu etablieren, und wo sind die Hürden vielleicht auch höher als erwartet?
Bark:
Wir haben unser Vorhaben, das „Mittelstandswerk-Konzept“ als Ansprechpartner für die KMU zu etablieren, in zwei separate Teilbereiche unterteilt, die aktuell auch unterschiedlich weit vorangeschritten sind.
Der erste Bereich ist die Beratung, die Mittelstandswerk GmbH. Hier sind wir bereits seit letztem Oktober operativ tätig und machen unsere mittelständischen Kunden fit für die Zukunft. Wir können durch die interdisziplinäre Qualifikation unserer Berater und der Schnittstelle zu Steinbeis im kaufmännischen als auch im technischen Bereich unterstützen. Wir verbessern Prozesse, heben Wertpotenziale und aktivieren das firmeneigene Humankapital. Dank unserer Kontakte und Partner schaffen wir Zugang zu diversen lokalen Netzwerken im Bereich Wirtschaft, Technologie und Markt.
Der zweite Bereich ist unser M-Werk Fonds. Dieser auf KMU maßgeschneiderte Private-Equity-Ansatz soll ab dem zweiten Quartal 2024 einsatzbereit sein. Wir wollen mittels des M-Werk Fonds Eigenkapital bereitstellen, beispielsweise für eine schnelle Marktdurchdringung, Geschäftsfelderweiterungen oder die Erschließung neuer Märkte und Kunden. Der Bedarf an Finanzmitteln im kleinen Mittelstand ist derzeit erfahrungsgemäß sehr hoch, ein Engpass an möglichen Zielunternehmen unseres Fonds sehe ich tendenziell nicht.
Herausfordernd wird fondsseitig sicherlich das Fundraising, um den Fonds mit Eigenmitteln zu füllen. Die Bereitschaft potenzieller Investoren, generell und gerade jetzt in die Mittelstandswerk-Idee zu investieren, bleibt abzuwarten. Wenn die Fondsstruktur und die Rahmenbedingungen für die Investoren ab Quartal zwei stehen, werden wir aktiv in den Fundraising-Prozess einsteigen – erste Signale verschiedener Family-Offices, die wir in die Mittelstandswerk-Idee eingebunden haben, sind durchweg positiv und stimmen uns optimistisch. Ich persönlich halte den Zeitpunkt für eine Investition in den M-Werk Fonds derzeit für sehr günstig.
Was unterscheidet den Ansatz des Mittelstandswerks im Wesentlichen von dem der etablierten Berater und Kreditinstitute?
Bark:
Wir bieten Smart Money für den Mittelstand, damit heben wir uns von den etablierten Beratern und Kreditinstituten ab.
Der Smart Money-Ansatz unterscheidet sich erstens dadurch, dass wir im Gegensatz zu den Banken echtes Eigenkapital und kein Fremdkapital anbieten und im Gegensatz zu den klassischen Beratern durch unser Finanzengagement unmittelbar im Unternehmen involviert sind.
Der zweite Unterschied vom Smart Money-Ansatz besteht darin, dass wir im Gegensatz zu Banken und klassischen Beratern als unternehmerischer Partner auf Augenhöhe des Mittelständlers agieren und unsere vielfältigen Kompetenzen, interdisziplinären Qualifikationen und unser Netzwerk stark umsetzungsorientiert einbringen. Das mittelständische Unternehmer-Gen ist in unserer eigenen DNA verwurzelt, das unterscheidet uns.
Herr Lauterwasser, Steinbeis ist an der Mittelstandswerk GmbH beteiligt – auch Sie scheinen den Bedarf an Finanzierungslösungen für KMU als noch unbefriedigend beantwortet zu sehen. Was hat Sie an der Geschäftsidee von Herrn Bark überzeugt, die Unternehmensgründung des Mittelstandswerks zu unterstützen?
Lauterwasser:
Wir sehen die von Cyrus Bark dargestellte Finanzierungslücke, gerade bei technologieorientierten KMU, ebenfalls in vielen Projekten. Gerade diese mittelständischen Unternehmen bilden den Kern unserer Kunden. Die vielfältigen Herausforderungen in technologischer Hinsicht und des Marktes erfordern enorme Anstrengungen der Unternehmen. Die Herangehensweise des Mittelstandswerks mit einer kompetenten Beratung einerseits und einer Finanzierung mit Eigenkapital andererseits ist aus unserer Sicht die richtige und passende Vorgehensweise dafür. Wir unterstützen diese unternehmerisch getriebene Initiative mit Überzeugung als Gesellschafter und über die Expertise in unseren Steinbeis-Unternehmen.
Kontakt
Dr. Cyrus Bark (Interviewpartner)
Mittelstandswerk GmbH (Überlingen)
Ralf Lauterwasser (Interviewpartner)
Steinbeis GmbH & Co. KG für Technologietransfer (Stuttgart)