Steinbeis-Team entwickelt einen Universalprüfstand für Fahrradlaufräder mit
Laufräder gehören zu den wichtigsten Komponenten des Fahrrads und benötigen umfangreiche Tests sowohl für die Ermittlung der Lebensdauer (End-of-Life) und der Belastungsgrenzen als auch zur Optimierung. Hierbei gilt es, in der Realität stattfindende Szenarien bestmöglich unter Laborbedingungen nachbilden zu können. Das Steinbeis-Innovationszentrum Nachhaltige Leichtbaukonstruktion, die E&M Industrietechnik GmbH und die PI ROPE GmbH haben sich dieser Aufgabe angenommen und im Rahmen eines vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz geförderten Projektes einen innovativen Prüfstand entwickelt.
Das Ziel bestand darin, einen neuartigen Prüfaufbau sowie einen Prüfablauf zu entwickeln, der sowohl die Lebensdauer-, Antriebs- und Bremsprüfungen als auch statische Festigkeits- und Seitensteifigkeitsprüfungen realisieren kann. Neben den bestehenden Verfahren aus der geltenden Norm lag der Fokus auf einer realitätsnahen Übertragung der Belastungen.
Auf Basis von mehreren Feldversuchen in unterschiedlichen Szenarien wurde ein neues Konzept zur Prüfung dieser Parameter unter Laborbedingungen entwickelt. In Zusammenarbeit mit der E&M Industrietechnik GmbH konnten die Prüfabläufe in einem prototypischen Aufbau umgesetzt werden, der durch seine modulare Baukastenstruktur für ein vielseitiges Spektrum an Laufradprüfungen geeignet ist. Somit entstand eine realitätsnahe sowie kosten- und zeiteffiziente Prüfmöglichkeit für Laufräder, bei der eine Lebensdauerprüfung für Laufräder in weniger als vier Tagen erfolgen kann.
Mehr Funktionen – bessere Ergebnisse
Bisher werden Laufradprüfungen anhand der DIN EN ISO 4210-7 durchgeführt. Diese Belastungsannahmen und Prüfabfolgen bilden aber in keiner Weise die real auftretenden Belastungen eines Laufrades ab. Sowohl bei den Lastspitzen, der Art der Belastung als auch der Dauer sowie Variation bedurfte es einer intensiven Überarbeitung. Aus den Ergebnissen von umfangreichen Feldversuchen konnten die Projektpartner ein deutlich breiteres Belastungsspektrum ermitteln als die Norm zu diesem Zeitpunkt abbildete. Im Zuge der Validierung wurde nun ein deutlich besserer Überdeckungsgrad mit der tatsächlich auftretenden Belastung nachgewiesen.
Der Laufradprüfstand ist im Vergleich zu den normativen Vorgaben mit deutlich mehr Funktionen ausgestattet und ist in der Lage höhere und realitätsnahe Belastungen in das Rad einzuleiten. Neben der üblichen Schlagleistenprüfung können während des Dauerversuches zusätzlich Seitenkräfte auf das Rad einwirken.
Die Funktionsweise des Prüfstandes umfasst folgende innovative Prüfmodule:
- Dauerlaufprüfung (Lebensdauersimulation) durch das Überfahren von Schlagleisten eines mit einer Normalkraft beaufschlagten Laufrades.
- Einzeln programmierbare Seitenkrafteinleitung während der Dauerlaufprüfung durch zusätzliches Seitenkraftmodul.
- Antriebsprüfung von Hinterrädern: Hierbei wird ein Laufrad am Umfang verspannt und an seiner Antriebseinheit durch schwellende Belastungen in Form eines maximalen Antriebsmomentes beansprucht.
- Bremsprüfung: Hierbei werden Laufräder an ihrem Umfang verspannt und die Lasteinleitung erfolgt wiederum an der Nabe. Auch hier wird in Form eines Momentes eine schwellende Belastung eingeleitet und eine realitätsnahe Bremsbelastung des Laufrades erzeugt.
- Nabenprüfung: Damit kann eine Prüfung für Nabenhersteller angeboten werden. Naben können fixiert werden und das jeweilige Funktionsbauteil wiederum in Form eines schwellenden Drehmomentes auf seine Haltbarkeit untersucht werden.
Der Prüfstand wird aktuell anhand von Versuchen verbessert und zur Serienreife gebracht.
Kontakt
Prof. Dr.-Ing. Jörg Hübler (Autor)
Steinbeis-Unternehmer
Steinbeis-Innovationszentrum Nachhaltige Leichtbaukonstruktion (NLK) (Zschopau)