Rückseite Versuchsstand mit Steuerung und Rechner mit LabView

Wohlfühltemperatur für Elektroautos

Steinbeis-Team ist an einem ZIM-Projekt zum Thermomanagement beteiligt

Die E-Car-Tech GmbH produziert Umrüstsätze, mit deren Hilfe Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor auf einen Elektroantrieb umgerüstet werden können. Eine Problemstellung ist dabei das geänderte und komplexere Thermomanagement. Gemeinsam mit dem Team des Steinbeis-Innovationszentrums Entwicklungstechnologie wird deshalb im Rahmen eines ZIM-Projektes die sogenannte Thermobox entwickelt.

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Die Temperatur der Antriebsbatterie eines Elektroautos sollte sich, unabhängig von der Außentemperatur, zwischen 25 und 30°C bewegen, des Controllers und der Ladeelektronik möglichst unter 60°C und des Elektromotors möglichst unter 110°C. Das kann teilweise über den bereits vorhandenen überdimensionierten Fahrzeugkühler umgesetzt werden, zusätzlich muss aber auch der Innenraum beheizt oder gekühlt werden. Um hier ein System für alle Aufgaben zu entwickeln, entsteht im Rahmen des laufenden ZIM-Projektes „Thermobox“ in Zusammenarbeit mit dem Steinbeis-Innovationszentrum Entwicklungstechnologie eine Anlage auf Basis einer Inversionswärmepumpe. Diese kann durch Umschalten des Entspannungsventils und damit den Wechsel der Wärmetauscher – der Kondensator wird zum Verdampfer und umgekehrt – sowohl Kälte als auch Wärme erzeugen. Mit einigen Umschaltventilen, Wasserpumpen und einer intelligenten Steuerung soll jede Wärmequelle oder -senke an die Thermobox angeschlossen werden können.

Betriebszustände auf dem Prüfstand

Dafür wurde als erstes ein Laborprüfstand entwickelt, mit dem alle Betriebszustände simuliert werden können. Anstelle von Innenraum, Batterie und Controller mit Motor wurden Wasser-Wasser-Wärmetauscher eingesetzt, so können anhand des Durchflusses und der gemessenen Temperaturen sowohl Eintritt und Austritt der Wärme als auch der Wärme- und Kältebedarf dieser einzelnen Wärmeverbraucher bestimmt werden. Da Motor, Controller und Ladeelektronik nur Kühlbedarf haben und relativ hohen Temperaturen ausgesetzt sind, werden sie zu einem Wärmeverbraucher zusammengefasst.

Der originale Fahrzeugkühler verbleibt beim Umbau von Verbrennungsmotor auf Elektroantrieb immer im Fahrzeug und ist genauso wie das Ausgleichsgefäß Teil des Prüfstandsaufbaus. Die Wärmepumpe hat viel mehr Einstellmöglichkeiten als die Anlage, die später im Fahrzeug verbaut wird: So können bei ihr beispielsweise der Dampfdruck im System und somit die Temperatur im Kondensator reguliert werden. Außerdem sind die Drehzahlen des Kompressors und aller Pumpen über Pulsweitenmodulation (PWM) regelbar. Alle Komponenten wie Ventile und Sensoren werden so auch im Fahrzeug eingesetzt, im Testbetrieb sind aber weitaus mehr vorhanden, um alle Betriebszustände simulieren zu können.

Sensoren, Pumpen und Wärmepumpe sind in einem Blockschaltbild visualisiert, in dem die Betriebszustände mittels LEDs angezeigt werden. Der Versuchsstand hat darüber hinaus eine eigene Hochvolt-Stromversorgung sowie eine 12-Volt-Versorgung, genau wie das Fahrzeug. Alle Sensoren und Aktoren sind über einen CAN-Bus vernetzt, wodurch eine Steuerung des Versuchsstandes über LabView, eine grafische Programmierumgebung, erfolgt. Aktuell soll der Versuchsstand noch um mehrere Displays ergänzt werden. Außerdem werden die durchgeführten Versuche zeigen, ob noch ein elektrischer Durchlauferhitzer eingesetzt werden muss.

Die Betriebszustände des Thermomanagements ergeben sich im Wesentlichen aus den Außentemperaturen und den Belastungszuständen des Antriebs. Die Temperaturen aller Wärmeverbraucher stellen hier, wie auch später im Fahrzeug, die Steuergrößen dar. In den Umrüstsätzen  E-Car-Tech werden die Akkus möglichst mit maximal 1C (Kapazität der Batterie) belastet, um die elektrische Belastung möglichst niedrig zu halten und die Lebensdauer zu verlängern. Dadurch haben die Akkus kaum Selbsterwärmung im Betrieb und sind fast nur von der Außentemperatur beeinflusst. Daraus hat sich Folgendes ergeben:

  • Außentemperatur -40°C bis +18°C: Innenraumheizung, Batterieheizung über Wärmepumpe (WP), WP warm, restliche Komponenten werden gekühlt.
  • Außentemperatur +18°C bis +22°C: Nur Kühlung über Fahrzeugkühler, WP aus.
  • Außentemperatur +22°C bis +24°C: Kühlung Innenraum WP, WP kalt, restliche Komponenten werden über den Fahrzeugkühler temperiert.
  • Außentemperatur +24°C bis +50°C: Kühlung Innenraum und Batterie WP, WP kalt, restliche Komponenten werden über den Fahrzeugkühler temperiert.
  • Außentemperatur +50°C bis+70°C: Nur Kühlung aller Komponenten über WP.

Umdenken und optimieren

Ein erstes Fazit kann Steinbeis-Experte Professor Matthias Vogel schon ziehen: „Alles muss kleiner werden! Eine viel kompaktere Wärmepumpe ist notwendig und die Ventile sollen zu einer Ventilinsel zusammengefasst werden.“ Ziel ist es, nur eine Vor- und Rücklaufleitung zu den einzelnen Wärmeverbrauchern zu verlegen. Aus Platzgründen wird es wohl unumgänglich sein, die Wärmepumpe und die Ventilinsel an unterschiedlichen Stellen im Fahrzeug zu platzieren. Geplant war ursprünglich, alles in der Thermobox unterzubringen.

Kontakt

Prof. Matthias Vogel (Autor)
Mitarbeiter
Steinbeis-Innovationszentrum Entwicklungstechnologie (Oberndorf)

223076-38