Frischer Wind in der Bau- und Gebäudebranche

Steinbeis-Projekt bringt Start-ups und etablierte Unternehmen der Baubranche zusammen

Progressive Start-ups treffen auf traditionelle Baubranche – warum diese Kombination viel Potenzial hat, zeigt die Initiative GROUNDBREAKERS, die das Steinbeis-Transferzentrum Innovation und Entrepreneurship als Inkubator für Start-ups im Bereich Construction Technology (ConTech) und Property Technology (PropTech) ins Leben gerufen hat.

Hier wird schon das in die Tat umgesetzt, was mit GROUNDBREAKERS angestrebt wird: Beim Wettbewerb Solar Decathlon 2022 verbanden HFT-Studierende die Materialien großer Bauunternehmen mit innovativen Ideen zur Aufstockung eines Bestandsgebäudes der HFT – und gewannen damit den ersten Preis in der Kategorie Gebäudetechnik & Bauphysik. (© HFT Stuttgart)

 

Die Baubranche wächst und verarbeitet aktuell mehr als 70 % aller abgebauten Rohstoffe in Deutschland. Oftmals ist der Abbau unserer Ressourcen mit erheblichen Eingriffen in die Umwelt verbunden und trägt damit maßgeblich zur Klimaerwärmung bei.[1] Vom weltweiten CO2-Ausstoß gehen sogar ganze 38 % auf Gebäude zurück (sowohl im Betrieb als auch im Bau).[2] Zur Erreichung der UN-Klimaziele ist es also unbedingt notwendig, Materialien und Prozesse in der Bau- und Gebäudewirtschaft neu zu denken und innovative Maßnahmen auch schnell in die bestehenden Prozesse zu integrieren.

GROUNDBREAKERS: Start-ups den Weg bereiten

Ein Start-up, das hier einen neuartigen Ansatz geschaffen hat, ist die alcemy GmbH. Das 2018 gegründete Unternehmen setzt sich für die Dekarbonisierung der Wertschöpfungskette bei Beton ein, denn allein die Betonindustrie ist für etwa 8 % des weltweiten CO2-Ausstoßes verantwortlich.[3] Das Ziel von alcemy ist es, mehr klinkereffiziente Betone und Recycling-Betone in die massenhafte Anwendung zu bringen. Verantwortlich für die hohe Menge an CO2 in Betonen ist der traditionelle Klinkeranteil im Beton – wird dieser durch CO2-arme Materialien substituiert, verändern sich die Materialeigenschaften des Betons grundlegend. Um das Material dennoch so stabil zu machen wie herkömmlichen Beton, entwickelte alcemy ein KI-gesteuertes System, das dafür sorgt, dass der Baustoff exakt und gleichmäßig zusammengesetzt ist – damit konnten bereits fünf Millionen Tonnen Zement gesteuert und schon über 80.000 Tonnen CO2 eingespart werden.

Doch wie erreicht nun ein Start-up wie alcemy erfahrene und etablierte Partner in der Bau- und Gebäudewirtschaft? Hier kommt GROUNDBREAKERS ins Spiel, eine Initiative des Steinbeis-Transferzentrums Innovation und Entrepreneurship, die sich zum Ziel gesetzt hat, diese beiden Akteure zu vernetzen und Ideen umso schneller testen und implementieren zu können. „Unternehmen der Bau- und Gebäudebranche werden nicht gerade Flexibilität und Schnelligkeit nachgesagt. Das liegt vor allem an sehr vielschichtigen Problemstellungen, hohen regulatorischen Vorgaben, komplexen Lieferketten für Rohstoffe und einem chronischen Mangel an Fachkräften“, weiß Steinbeis-Unternehmer Professor Dr. Patrick Planing. Genau da kommt die Schnelligkeit von Start-ups ins Spiel: Sie haben noch keine große Verwaltungsstruktur und können ihre Systeme flexibel an neue Anforderungen anpassen. Das gelingt am besten mit erfahrenen Partnern an der Seite, die bereit sind, sich für Innovationen und neue Ideen in ConTech und PropTech zu öffnen. Das Steinbeis-Projekt GROUNDBREAKERS versorgt also mutige Ideen mit Ressourcen und Know-how und verbindet gleichzeitig große und mittelständische Unternehmen mit Innovation und Nachhaltigkeit.

„Die Start-ups profitieren aber auch von der Vernetzung untereinander und vom Zugang zur Expertise der Hochschullandschaft im Bereich Forschung“, erklärt Patrick Planing, der mit seinem Steinbeis-Unternehmen an der Hochschule für Technik Stuttgart (HFT) angesiedelt ist und dort im Bereich Wirtschaftspsychologie lehrt. „Mit ihren Schwerpunkten in Bauphysik, Architektur und Informatik ist die HFT ein perfekter Partner – wir unterstützen hier unter anderem Start-ups wie alcemy, die an neuen und nachhaltigen Baumaterialien forschen.“

Stuttgart als Hotspot für die Bau- und Gebäudeindustrie

Der Standort Stuttgart bietet für das Steinbeis-Transferzentrum Innovation und Entrepreneurship und die Arbeit von GROUNDBREAKERS viele Vorteile: Als „Stadt der Architekten“ ist sie Sitz führender Unternehmen und Forschungseinrichtungen im Bau‐ und Gebäudebereich und beherbergt drei renommierte Ausbildungsstätten für Bau und Architektur – die Universität Stuttgart, die Staatliche Akademie der bildenden Künste und die HFT. Auch in der Landeshauptstadt stattfindende Events wie die Internationale Bauausstellung 2027 sind ein idealer Nährboden für die Nutzbarmachung innovativer Lösungen und bieten die Möglichkeit, die Region als Hotspot für PropTech- und ConTech-Start-ups zu etablieren.

Kontakt

Prof. Dr. Patrick Planing (Autor)
Steinbeis-Unternehmer
Steinbeis-Transferzentrum Innovation und Entrepreneurship (Stuttgart)

Christine Kraus (Autorin)
Kommunikation und Coaching
PLAN G | Gründungszentrum der HFT Stuttgart (Stuttgart)

Matthias Schöttler (Autor)
Innovationsmanager und Start-up-Coach
HFT Stuttgart (Stuttgart)

Quellen:
[1] https://www.bmuv.de/jugend/wissen/details/nachhaltigkeit-in-der-baubranche-eine-grossbaustelle-1
[2] https://www.quarks.de/umwelt/darum-brauchen-wir-eine-bauwende/
[3] https://www.handelsblatt.com/unternehmen/energie/klimaschutz-klimakiller-beton-so-will-die-deutsche-zementindustrie-co2-neutral-werden-/26652040.html
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