Wabenförmig angeordnete Bambusringe sind die Grundlage von COMBOO.

Nachwachsende Rohstoffe innovativ eingesetzt

Steinbeis-Team begleitete zwei ZIM-Projekte rund um Bambus

Der Wunsch nach Dekarbonisierung beschäftigt Forscher und Industrie gleichermaßen, da CO2 als klimaschädlich benannt wurde. Auch staatliche Vorgaben sollen eine stete Reduktion des Gases in allen Lebensbereichen erwirken. Das Steinbeis-Innovationszentrum Forschungsnetz Berlin (SIZ) war an zwei Projekten beteiligt, die sich mit der Verwendung und Verarbeitung nachwachsender Rohstoffe und den damit verbundenen Möglichkeiten CO2 einzusparen beschäftigt haben.

Diese Diashow benötigt JavaScript.

Als Experte für öffentlich geförderte Forschungsvorhaben ist das Steinbeis-Innovationszentrum Forschungsnetz Berlin (SIZ) immer wieder Teil von innovativen, nachhaltigen und zukunftsgerichteten Projekten. Zwei davon, die von der Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen (AiF) im Rahmen des Zentralen Innovationsprogramms Mittelstand (ZIM) des Bundesministeriums für Bildung und Forschung gefördert wurden, geben Einblicke in die Forschung Berliner und Brandenburger Industriebetriebe und setzen bei der Einsparung von CO2 bei der Wohnwagenausstattung sowie der Verbindungs- und Fügetechnik an.

Von Synergien profitieren

Viele Komponenten von Wohnwagen und Wohnmobilen, wie Außenwände und diverse Innenausbauten bestehen, zumeist aus Verbundwerkstoffen, oft in Sandwichbauweise. Ein Sandwich ist eine Anordnung, bei der sogenannte Decklagen die Zug- und Druckkräfte übernehmen, während ein leichter Kern die Schubspannungen aufnimmt und die Decklagen voneinander trennt.

Das Berliner Unternehmen AlexDesign-PolyGlas GmbH, das über breite Expertise auf dem Gebiet der Konstruktion und Verarbeitung von Glasfaserverbundwerkstoffen verfügt, hatte 2019 aufgrund vieler Anfragen die Idee, eigene flexible Komponenten für die Nachrüstung beziehungsweise den Umbau von vorhandenen Wohnmobilen anzubieten. Um stärker Synergien nutzen zu können, wurden weitere Partner gesucht und mit der Fenster und Türen Wittstock GmbH, dem Steinbeis-Innovationszentrum Forschungsnetz Berlin (SIZ) sowie der Berliner Hochschule für Technik (BHT), die über einen Kooperationsvertrag mit dem Steinbeis-Unternehmen verbunden ist, gefunden. Die Projektpartner waren überzeugt, die ehrgeizigen Ziele mithilfe nachwachsender Rohstoffe sowohl für Decklagen als auch für Kernmaterialien erreichen zu können. Bei ersten Gesprächen und nachfolgenden Recherchen wurden die unterschiedlichen Erfahrungen und Kenntnisse der Projektpartner mit beziehungsweise über alternative oder ergänzende Fasermaterialien wie Reisstroh, Bananenblätter, Kokosfasern, Sisal sowie Bambusfasern synergetisch genutzt. Diese Naturmaterialien sind noch nicht in direkt verarbeitbarer Form verfügbar und für eine Zulassung daraus gefertigter Bauteile existieren bislang keine entsprechenden Nachweise. Hier laufen im Rahmen des Projekts aktuell noch eigene Untersuchungen, um gegebenenfalls neue aussichtsreiche Werkstoffe zu identifizieren, obwohl die Verarbeitung teilweise schwierig ist.

Multitalent Bambus

Eine Alternative zu den gängigen Kernlagen von Sandwichaufbauten stellt aus Sicht der Projektpartner Bambus dar. Bambus ist ein extrem schnell wachsendes Gras, das auf allen Kontinenten außer Europa und der Antarktis heimisch ist. Es kommt in weit über 1.000 Arten vor und erreicht Wuchsgeschwindigkeiten von bis zu 100 Zentimeter pro Tag, bei Wuchshöhen bis 30 Meter. Die langen schlanken Halme bestehen aus hohlen zylindrischen Abschnitten, unterteilt durch sogenannte Nodien, die ein Zusammenfallen verhindern. Bambus ist bereits nach fünf bis sieben Jahren erntereif, verglichen mit 70 Jahren bei einheimischen Nadelbäumen. Der Aufbau des Materials unterscheidet sich ebenfalls vom Holz der Bäume, so ist die Dichte in der Randschicht höher als im Innenbereich. Bislang ist Bambus geschnitten, geschliffen und verklebt zumeist als Parkett oder als Frühstücksbrett bekannt, wenngleich auch Balken, Schälfurniere oder sogar Kleidungsstücke erhältlich sind, deren Herstellung allerdings sehr aufwendig ist.

Die Projektpartner setzen Bambus in möglichst wenig verarbeiteter Form testweise in Strukturen der Wohnmobilkomponenten sowie auch als Kernlage für ein neues Konzept von Türen und Türfüllungen im Wohn- und Eingangsbereich ein. Grundlage dafür ist die Entwicklung von „COMBOO“ (Kombination der englischen Begriffe „honeycomb“ (Honigwabe) und „bamboo“ (Bambus)), einer Wabenanordnung ringförmiger geschnittener Bambusrohre, aus der mit entsprechenden Decklagen ein technisches Sandwich wird. Neben der geringen Dichte weist das Material die positiven Eigenschaften des Ursprungsmaterials Bambus auf: Die „leeren“ Hohlräume haben den Vorteil einer guten Isolationswirkung, die sich gegebenenfalls noch mit ökologischen Dämmmaterialien verbessern lässt.

Eine innovative Fügung

Im Mittelpunkt des zweiten Projekts „Reibschweißen von Holz und Bambus“, das das Berliner Steinbeis-Team mit den Kollegen der BHT durchführte, standen innovative Verbindungslösungen und Fügetechniken für die neu entwickelten Materialien. So existieren am Markt bereits Harze und Klebstoffe mit einem Leinölanteil von bis zu 56 %, um Fasern zu Faserverbundwerkstoffen verarbeiten zu können. Aber auch für die Verbindung der Komponenten sind innovative Ansätze gefragt. Eine mögliche Lösung stellt das Reibschweißverfahren dar: Ein neuartiger Ansatz zum Verbinden von Stangenmaterialien, um verschiedene einheimische Hölzer, aber auch Bambus effektiv und effizient miteinander zu verbinden. Das Reibschweißen von Holz und Bambus sowie deren verschiedene Kombinationen ist ein wirtschaftlich und ökologisch hoch interessantes Verfahren zum Fügen dieser Werkstoffe: Es bietet vielerlei Vorteile gegenüber konventionellen Verfahren, wie zum Beispiel die Einsparung von Klebstoff und Holz, da auch Reststücke benutzt werden können. Dazu kommen der Verzicht auf Zusatzwerkstoffe, die Vermeidung von Materialverlusten durch Zinkenverbindungen sowie die Herstellung von Bambusrohren mit nahezu einheitlichem Durchmesser. Eine Besonderheit des Reibschweißprozesses von Holz liegt darin, dass bestimmte Holzbestandteile ab einer gewissen Reibung erweichen und sogar schmelzen oder verdampfen.

Eine weitere Eigenart ist, dass die Holzkomponenten (Lignin, Zellulose und Hemizellulose) zwischen den zu verbindenden Holzstücken durch einen dicht verschlungenen Holzfaserverbund in eine Matrix aus geschmolzenem interzellularem Holzmaterial übergehen. Diese Inhaltsstoffe finden sich ebenfalls im Bambus wieder, wodurch sich auch dieser mittels des Reibschweißverfahrens fügen lässt, wie durch die Untersuchungen im Rahmen des ZIM-Förderprojektes mit einer von der Werkzeugbau Christian Dunkel GmbH entwickelten Reibschweißanlage für Holz und Bambus nachgewiesen wurde. Die für den Prozess erforderlichen Einstellparameter wie Reibgeschwindigkeit, Schweißzeit, Schweißdruck beziehungsweise -kraft und Nachhaltezeit wurden von den Projektpartnern materialabhängig untersucht und es konnten zahlreiche Holz-Holz-, Holz-Bambus- und Bambus-Bambus-Kombinationen getestet werden.

Kontakt

Prof. Dr. Andreas Loth (Autor)
Professor für Design und Realisierung mechatronischer Systeme
Berliner Hochschule für Technik (Berlin)

Dr. Ansgar Keller
Steinbeis-Unternehmer
Steinbeis-Innovationszentrum Forschungsnetz Berlin (SIZ) (Berlin)

Christian Schrembs
Mitarbeiter
Steinbeis-Innovationszentrum Forschungsnetz Berlin (SIZ) (Berlin)

Prof. Dr.-Ing. Ralf Förster
Leiter Labor für Produktionstechnik
Berliner Hochschule für Technik (Berlin)

Heiko Kirchner
Geschäftsführer
AlexDesign-PolyGlas GmbH (Berlin)

Matthias Krause
Geschäftsführer
Fenster und Türen Wittstock GmbH (Wittstock-Dosse)

Christian Dunkel
Gründer
Werkzeugbau Christian Dunkel GmbH (Berlin)

223074-63