Steinbeis begleitet die Erprobung des Hybrid-Flugzeugs „h-aero“
Ein Start-up aus Baden-Württemberg hat ein patentgeschütztes, innovatives Hybrid-Flugzeug entwickelt, das alle Vorteile bisher bekannter Fluggeräte vereint und die Nachhaltigkeitsanforderungen an Mobilität konsequent umsetzt. Derzeit wird das Konzept in der unbemannten Version vielversprechend erprobt. Die betriebswirtschaftliche Begleitung des Projektes hat das Steinbeis-Beratungszentrum Unternehmensentwicklung und Sozialraumplanung übernommen.
„Nichts ist wertvoller, als eine Erfindung, deren Zeit gekommen ist“, so beschreibt Dr. Csaba Singer sein unbemanntes Flugsystem, h-aero, das eine Kombination aus Flugzeug, Hubschrauber und Ballon ist. Auf den ersten Blick denkt man an eine Drohne oder an ein UFO. Doch mit einer Drohne hat der Prototyp „one“ nur eines gemeinsam: Beide sind unbemannt. Der Vergleich zu einem UFO ist aber zulässig, denn Singers Fluggerät weist völlig neuartige Flugeigenschaften auf. Bereits 2006 hat Singer, der an der Universität Stuttgart Luft- und Raumfahrttechnik studiert hat, das Patent für den h-aero angemeldet. Ein paar Jahre später interessierte sich die NASA für seine Erfindung und wählte sein Konzept als eines von wenigen aus weltweit über 1.000 Projekten zur alternativen Erkundung des Mars aus der Vogelperspektive aus und lud ihn nach Houston ein.
Ende 2014 beantragte Csaba Singer im Rahmen seiner Unternehmensgründung einen EXI-Gründergutschein und arbeitet seither eng mit Konrad Roth, dem Leiter des Steinbeis-Beratungszentrums Unternehmensentwicklung und Sozialraumplanung, zusammen. Die betriebswirtschaftliche Begleitung des Start-ups sowie des gesamten Projekts steht bei der Kooperation im Fokus. Zu Beginn stand vor allem der Finanzbedarf im Vordergrund. Hierzu hat das Steinbeis-Team mehrere Recherchen zu Fördermöglichkeiten des Landes Baden-Württemberg, des Bundes und der EU durchgeführt. Der Fokus lag zunächst auf nicht rückzahlbaren Zuschüssen für die Entwicklung sowie die Sicherung des Lebensunterhalts während der Entwicklungszeit. Dies gilt auch heute für die Weiterentwicklung des Prototypen für die Serienfertigung. Hinzu kommen jetzt auch Förderprogramme für den Vertriebs- und Marketingaufbau. Bisher gelang es, neben dem Exi-Gründungsgutschein das Start-up mit einem Exist-Gründungsprogramm für Gründungen aus dem Hochschulbereich sowie dem Innovationsgutschein (A+B) in einer Gesamthöhe von 120.000 Euro zu unterstützen. Des Weiteren hat Konrad Roth die betriebswirtschaftlichen Teile der mittelfristigen Businesspläne maßgebend mitgestaltet. Alle Planungen für Produktkosten, Umsätze und Aufwände sowie Liquidität und Rentabilität wurden in enger Zusammenarbeit mit dem Start-up erstellt und im Laufe der vergangenen zwei Jahre periodisch angepasst und auf einen Zeithorizont von fünf Jahren erweitert. Gleichzeitig oblag dem Steinbeis-Team immer wieder die Aufgabe des Controllings. Ganz im Sinne aktueller Tendenzen Richtung Energiewende und Nachhaltigkeit verfolgt die Zusammenarbeit zwischen dem Steinbeis-Unternehmen und dem Start-up zwei Themen parallel: das Fliegen mit erneuerbaren Energien und die Lösung der Smog- und Feinstaubproblematik in Großstädten unter Anwendung solarthermischer Verfahren. In diesem Zusammenhang entstand 2015 das Steinbeis-Transferzentrum Solarthermische Energiesysteme mit Sitz in Baden-Baden, das Csaba Singer leitet. Doch zurück zum Fliegen.
Das grundsätzlich Neue am h-aero ist, dass er eine Technologie nutzt, an der die Universität Stuttgart, das KIT und industrielle Partnerfirmen aus der Region seit über 20 Jahren forschen. „Fliegen mit erneuerbaren Energien“, wie Csaba Singer das nennt. Sein Fluggerät nutzt das unbrennbare und ungefährliche Traggas Helium, das, in einem elliptisch geformten Ballon eingefangen, für den natürlichen Auftrieb sorgt. Damit braucht es nahezu keine Auftriebsenergie und kann im Vergleich zu heutigen „Drohnen“ viel länger in der Luft verweilen und deutlich mehr Gewicht tragen. „Der Prototyp kann jetzt schon drei Kilogramm bis zu fünf Stunden tragen“, sagt Csaba Singer, der den „one“ im Juni 2016 zum ersten Mal auf der Internationalen Luft- und Raumfahrtausstellung ILA in Berlin der Weltöffentlichkeit vorgestellt hat. Doch das ist nicht der einzige Vorteil seiner Idee. Das Flugsystem ist emissionsfrei, kann vertikal starten und landen und dabei eine maximale Höhe von vier Kilometern erreichen. An den Tragflächen sorgen Propeller, angetrieben von starken Elektromotoren, für die notwendige Kraft. Bedarfsweise werden diese tagsüber mit Hilfe von Solarzellen mit Energie versorgt. Nachts übernehmen diese Aufgabe dann ein oder mehrere Batteriepacks. So ist es perspektivisch möglich, dass h-aero monatelang in der Luft schweben und damit zukünftig beispielsweise bei der Bereitstellung von Kommunikationsnetzen helfen kann. Genau daran forschen gerade auch Facebook und Google. Doch Csaba Singer meint, aufgrund der hier beheimateten Schlüsseltechnologien, gemeinsam mit Partnern im süddeutschen Raum (Cyber Valley) derzeit noch einen Wissensvorsprung von bis zu fünf Jahren gegenüber den Technologiegiganten aus dem Silicon Valley zu haben.
Seit der ILA Berlin ist aus einer Ausgründung der Universität Stuttgart ein Start-up geworden. Unter der Firmierung Hybrid-Airplane Technologies GmbH arbeitet seit Dezember 2016 ein Team von zehn Mitstreitern an der Weiterentwicklung des Prototypen zum ersten serienreifen unbemannten Hybridflugzeug (Hybrid Unmanned Aircraft) und, mit Unterstützung des Steinbeis-Beratungszentrums Unternehmensentwicklung und Sozialraumplanung, an deren Markteinführung. Erste Kunden gibt es bereits und weitere haben konkrete Absichtserklärungen unterschrieben. Jetzt steht der Vertrieb als Herausforderung an. Im März fand hierzu ein Vertriebsworkshop unter der Moderation von Steinbeis-Experten statt, in dem aus den bisher gewonnenen Erkenntnissen mit potentiellen Kunden Vertriebs- und Kundenstruktur, Vertriebswege und -mittel sowie Abwicklungsprozesse erarbeitet wurden.
Betrachtet man die Anforderungen an Mobilität in den kommenden Jahrzehnten und darüber hinaus die notwendigen Änderungen an vorhandenen technischen Systemen, liegt das Hauptaugenmerk nicht darauf, dass h-aero jetzt schon viel mehr kann, als die leistungsstärksten Quadrocopter am Markt. Auch nicht auf den überaus spektakulären Kamerafahrten mit 25kg schweren Hollywoodkameras, sondern vielmehr auf den mit h-aero nun ermöglichten Nutzlasten und Flugdauern bei Anwendungen, wie der wiederverwendbare Wetterballon, der luftgestützte Bodenschatzdetektor, der Schadstoffvermesser in Großmetropolen, die Unterstützung der Polizei aus der Luft, der Minenfelddetektor der UN oder der Tierbestandsvermesser des Max-Planck-Instituts. In den größeren, derzeit in der Entwicklung befindlichen Versionen soll h-aero später bei der kurzfristigen Bereitstellung von Kommunikationsnetzen helfen. „Damit wären Funkmasten nicht mehr notwendig“, sagt Csaba Singer. Im Zusammenhang mit gesellschaftlichen Entwicklungen in Richtung Öko-Soziale-Marktwirtschaft, in Zeiten von Energiewende, Elektromobilität, Industrie 4.0 und zunehmend nachgefragter Nachhaltigkeit ist h-aero ein Wegweiser. Der entscheidende Vorteil liegt in der überragend langen Flugdauer und in der hohen Sicherheit. Kommt es zu technischen Problemen, schwebt h-aero langsam fallschirmartig zu Boden.
Experten sagen der Branche mit unbemannten Flugsystemen ein enormes Marktpotenzial in den kommenden Jahren voraus. 2020 soll der kommerzielle Trägermarkt mit Drohnen einen Umsatz von 127 Milliarden Dollar erreichen. Bis 2021 wird der globale Drohnenmarkt Prognosen zufolge um 50 Prozent auf 12 Milliarden Dollar wachsen, schreibt die FAZ. Aktuell hat die Hybrid-Airplane Technologies GmbH ein sehr zukunftsfähiges serienreifes Produkt in ihren Händen. Möglich wurde das, weil die Zeit dafür gekommen war und die Konkurrenz auch nicht schläft. „Gut in der Luft- und Raumfahrtbranche ist, dass prinzipiell, wirtschaftliche Effekte ausgenommen, aufgrund von Lerneffekten alle zusammenarbeiten, denn die dritte Dimension bietet für die gesamte Menschheit die größten noch ungenutzten physikalischen Potenziale. Sicherlich wird diese Zusammenarbeit in Zukunft noch effektiver“, behauptet Csaba Singer felsenfest.
Kontakt
Konrad Roth leitet das Steinbeis-Beratungszentrum Unternehmensentwicklung
und Sozialraumplanung und bietet seinen Kunden Lösungen für das gesamte Spektrum der Betriebsführung. Die Beratungsschwerpunkte liegen in den Bereichen Unternehmensentwicklung und Sozialraumplanung.
Dr. Csaba Singer ist Gründer der Hybrid-Airplane Technologies GmbH
und Leiter des Steinbeis-Transferzentrums Solarthermische Energiesysteme.
Konrad Roth
Steinbeis-Beratungszentrum Unternehmensentwicklung und Sozialraumplanung (Au am Rhein)