© Steinbeis Holding GmbH

„Es gibt keine Innovation ohne Scheitern“

Im Gespräch mit Stephanie Ecker, Aufsichtsratsvorsitzende der Steinbeis Holding GmbH

Der Steinbeis-Verbund setzt die von seinem Namensgeber Ferdinand von Steinbeis entwickelten Visionen in Wirtschaft, Technik und Bildung um. Dazu gehören unter anderem der unternehmerische Technologietransfer sowie die Idee der Dualität von Theorie und Praxis in der beruflichen Bildung. Auf einen anderen Familienzweig zurück geht die Münchner Steinbeis Holding GmbH: Sie lässt das von Ferdinand und Otto von Steinbeis entwickelte Konzept eines werteorientierten Unternehmertums in mehreren Beteiligungen Realität werden. Die TRANSFER sprach mit der Aufsichtsratsvorsitzenden Stephanie Ecker über die besonderen Merkmale des Unternehmensverbunds, dessen Geschichte und darüber, wie Nachhaltigkeit heute im Unternehmen gelebt wird.

Frau Ecker, aus der Verlagsbranche in die Steinbeis Holding GmbH: Sie haben eine große berufliche Veränderung hinter sich. Wie kam es dazu und welche Herausforderungen bringt Ihre neue Tätigkeit mit sich?

Als Mitglied der fünften Generation der Familie Steinbeis – wir zählen ab dem Firmengründer Otto von Steinbeis – bin ich seit meiner Kindheit mit der damals von meinem Großvater geführten Papierfabrik aufgewachsen. Papier in jedweder Form und Herstellung hat also mein Leben immer geprägt und begleitet. Nach einer Ausbildung in einem naturwissenschaftlichen Verlag, einem Studium der Volkswirtschaft und freiberuflicher Tätigkeit in einem Kunstbuchverlag war es für mich eine wunderbare Herausforderung als Verlegerin tätig zu sein.

Mit dem Ausscheiden der vierten Generation aus dem Management der Steinbeis Holding GmbH ist zum ersten Mal kein Familienmitglied mehr in der Geschäftsführung tätig, unsere Mitwirkung beschränkt sich auf den Aufsichtsrat. Als Vorsitzende empfinde ich diese Tätigkeit als großes Privileg, die Geschäftsführung mit Interesse und Verständnis zu begleiten und dabei unsere familiäre DNA nicht aus den Augen zu verlieren. Gerade in herausfordernden Zeiten ist es wichtig für die Leitung der Holding die volle Loyalität der Familie, die stetig wächst, hinter sich zu wissen, diese Vermittlung halte ich für meine wichtigste Herausforderung.

Mit dem Namen Steinbeis sind für uns unter dem Dach der Steinbeis-Stiftung bestimmte prägende Wesensmerkmale verbunden: Dualer Wissens- und Technologietransfer, Unternehmertum und Innovieren sind die wesentlichen. Welche mit dem Namen Steinbeis verbundenen Charakteristika prägen die Steinbeis Holding GmbH?

Ich kann dem nur voll beipflichten, diese Werte werden nach wie vor in der Steinbeis Holding und ihren Töchtern hochgehalten und nach Möglichkeit gelebt. Aus- und Weiterbildung sind ein fester Bestandteil unseres Unternehmertums und daher arbeiten wir sehr eng mit der Nordakademie in Elmshorn zusammen und wären auch an einer intensiveren Zusammenarbeit mit der Steinbeis-Hochschule interessiert. Aber auch der Wissenstransfer zwischen den einzelnen Unternehmungen wird nicht nur gefördert, sondern ist auch unerlässlich. Wir glauben fest daran, dass Unternehmertum eine gesellschaftliche Verantwortung beinhaltet und Innovationen auch vor diesem Hintergrund stattfinden sollten.

Vielleicht zeichnet uns nach wie vor aus, dass wir Neugier und Fehler als eines begreifen. Es gibt keine Innovation ohne Scheitern, es gilt nur zu erkennen, wann man eine Entscheidung revidieren muss: So hatten wir in den 1990er-Jahren die Vision nach Asien zu expandieren, bemerkten aber schnell, dass wir als deutscher Mittelständler uns übernommen hatten.

Die Steinbeis Holding GmbH blickt auf eine mehr als 150-jährige Firmengeschichte zurück, was waren die wichtigsten Ecksteine der Unternehmensentwicklung?

Die Momente, in denen die Firma sich auf neue gesellschaftliche Rahmenbedingungen eingestellt und sich dafür auch von traditionellen Geschäftsmodellen und Produkten getrennt hat, um neuen Ideen Platz zu machen, waren Meilensteine unserer Firmengeschichte. Der erste Eckstein ist sicherlich die Abkehr von einem Holzbetrieb, wie ihn Otto von Steinbeis auch mit dem Abenteuer in Bosnien und der Wendelsteinbahn aufgebaut hat, hin zu einer Papierfabrik. Die Entscheidung, das aufstrebende Deutschland mit Büroartikeln und vor allem selbstklebenden Etiketten zu versorgen, führte zu der Gründung der Marke Zweckform, die lange Zeit sehr erfolgreich war. Die Umstellung auf grafische Recyclingpapiere führte zu einem völlig neuen Ansatz in unserer Ausrichtung und war der Grundstein zum heutigen Leitmotiv unseres Unternehmens. Wir definieren uns heute als Unternehmen der Kreislaufwirtschaft. Unserem Anspruch, den Lebenszyklus von Ressourcen zu verlängern, werden wir auch in unserem neuen Geschäftszweig – dem Recyceln von Kunststoffen – gerecht.

Das zeigt deutlich: Nachhaltigkeit ist in Ihrem Unternehmen sehr wichtig, sowohl unternehmerisch als auch technologisch. Was sind dabei die Erfolgsfaktoren und die Herausforderungen?

Wir haben uns dem Thema Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft schon vor über 40 Jahren mit der Umstellung von farbig holzhaltigen Papieren auf Recyclingpapier verpflichtet. Seitdem ist es zu unserer Identität geworden, dass sämtliche Projekte und Produkte vor diesem Hintergrund betrachtet werden. Es ist unser stetes Bemühen Ressourcen so sparsam und effizient wie möglich einzusetzen und dies gilt bei einem so energieintensiven Geschäft wie dem unseren umso mehr. Wir haben auch hier sehr früh begonnen das Thema Energie ganzheitlich zu betrachten, so haben wir bereits vor über zehn Jahren ein eigenes EBS-Kraftwerk gebaut, in Solar- und Windenergie ebenso wie in Biogasanlagen investiert. Unser Ziel ist es, Herausforderungen jedweder Art zu antizipieren und mit technologischer Innovation zu begegnen. Diese Herangehensweise erfordert Geduld und Liquidität und das ist vielleicht der Erfolgsfaktor von Familienunternehmen. Sie denken sehr viel langfristiger und sind bereit diese Entwicklungen geduldiger zu begleiten. Im Falle unseres Engagements in unterschiedliche Energieerzeugungen zahlt es sich jetzt aus, dass wir in Zeiten günstiger Strompreise eine Lernkurve angestoßen haben, die es uns nun ermöglicht einigermaßen vorbereitet auf die derzeitige Krise zu reagieren.

Kontakt

Stephanie Ecker (Interviewpartnerin)
Aufsichtsratsvorsitzende
Steinbeis Holding GmbH (München)
www.st-holding.de/generation-steinbeis

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