Steinbeis-Team koordiniert Klimaschutzprojekt zur Wärmewende
Solare Wärmenetze sind eine Kombination zweier etablierter und ausgereifter Technologien: Solarthermie und Wärmenetze. Mit dem Ausbau von Wärmenetzen im Allgemeinen und mit solaren Wärmenetzen im Speziellen kann ein erheblicher Beitrag zum kommunalen Klimaschutz geleistet werden: Wärme macht über 50 % der in Deutschland jährlich benötigten Endenergie im Wohnsektor aus. Das vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) geförderte Klimaschutzprojekt SolnetPlus unterstützt die Entwicklung von Wärmenetzen mit großflächigen Solarthermieanlagen und damit die Wärmewende. Koordiniert wird das Projekt vom Steinbeis-Forschungszentrum Solare und zukunftsfähige thermische Energiesysteme (Solites).
Der Bund fördert bereits seit den 1990er-Jahren in Deutschland die Entwicklung und den Bau großflächiger Solarthermieanlagen auf Frei- und Dachflächen. Mittlerweile sind über 44 solcher Großanlagen in Betrieb, die eine Vielzahl von Wohnund Nichtwohngebäuden mit Wärme für Heizung und Warmwasser versorgen. Der größte Zuwachs erfolgt derzeit in städtischen Fernwärmenetzen sowie in Wärmenetzen von kleineren Städten und Gemeinden im ländlichen Raum.
Zur Wärmeerzeugung stehen grundsätzlich zwei verschiedene Kollektortypen zur Verfügung: Hochtemperatur-Flachkollektoren und Vakuumröhrenkollektoren. Bei Sonneneinstrahlung wird durch Absorber das Wärmeträgermedium innerhalb der Kollektoren erwärmt. Konstruktiv bedingte Unterschiede im Aufbau resultieren in unterschiedlichen Leistungen, Wirkungsgraden und Kosten der jeweiligen Kollektortypen. Zusammengeschaltet zu großflächigen Kollektorfeldern (bis zu mehrere 10.000 m² sind möglich) wird die Wärme zur Heizzentrale und von dort über gedämmte Rohrleitungen, dem sogenannten Wärmenetz, zu den angeschlossenen Gebäuden transportiert.
Vorteil Sonnenenergie
Dank der Nutzung der Sonnenenergie als Primärenergiequelle wird die Wärme zu 100 % emissionsfrei und CO2-neutral erzeugt. Dazu kommt, dass durch die Unabhängigkeit von Brennstoffpreisen und geringen Wartungs- und Instandhaltungskosten langjährig stabile Wärmekosten entstehen, die konkurrenzfähig zu alternativen Wärmeerzeugungen sind. Eine Freiflächen-Solarthermieanlage kann – neben der energetischen CO2-Einsparung – auch einen positiven Einfluss auf die Ökologie und Biodiversität der genutzten Fläche haben: Durch Blühwiesen, naturnahe Gestaltung und ökologische Konzepte bekommen heimische Pflanzen und Insekten neue Lebensräume und die genutzte Fläche wird aufgewertet.
Randbedingungen für Solarthermieanlagen
Grundsätzlich sind Solarthermieanlagen auf jeder Freifläche nutzbar. Allerdings müssen verschiedene Bedingungen, wie zum Beispiel der Abstand zur Heizzentrale, Kollektorausrichtung und Topografie berücksichtigt werden. Eine zentrale Herausforderung für große Solarthermieanlagen stellt die zunehmende Flächenkonkurrenz mit Landwirtschaft, Gewerbe und anderen erneuerbaren Energien dar. Durch Nutzung von zum Beispiel Konversionsflächen oder Altdeponien kann diese Konkurrenz zum Teil entschärft werden. Da die Solarthermie im Vergleich zu anderen erneuerbaren Energieträgern – auch der Solarnutzung durch Photovoltaik – die höchste Flächeneffizienz aufweist, sollten die geeigneten Freiflächen prioritär für Solarthermie in Betracht gezogen werden.
Voraussetzung für die Nutzung einer großflächigen Solarthermieanlage ist ein vorhandenes oder neu gebautes Wärmenetz. Hierbei ist der Beitrag von (solaren) Wärmenetzen zum kommunalen Klimaschutz beachtlich: Es ist möglich, innerhalb von drei Jahren eine Vielzahl an Gebäuden mit klimaneutral erzeugter solarer Wärme zu versorgen – sei es beim Neubau eines Wärmenetzes im ländlichen Raum, zum Beispiel in Kombination mit Biomasse, oder zur zusätzlichen Einspeisung in bestehende städtische Fernwärmenetze. Vorteilhaft für die Integration einer Solarthermieanlage in ein Wärmenetz sind möglichst niedrige Vor- und Rücklauftemperaturen des Wärmenetzes. Je niedriger die Temperaturen, desto effizienter kann die solar erzeugte Wärme genutzt werden. Auf diese Weise ist es möglich, mit Solarthermieanlagen den sommerlichen Wärmebedarf eines Netzes vollständig zu decken. Alternative Wärmeerzeuger können in dieser Zeit stillstehen, sparen teure Brennstoffe ein und notwendige Wartungs- und Instandhaltungsarbeiten können durchgeführt werden.
Auch höhere solare Deckungsanteile sind möglich: Beispiele aus Dänemark und Deutschland zeigen, dass durch die Nutzung eines saisonalen Wärmespeichers solare Deckungsanteile von 50 % und mehr realisierbar sind. Dabei werden die im Sommer erzeugten solaren Überschüsse über einen längeren Zeitraum gespeichert und in den Wintermonaten abgerufen. Eine multifunktionale Nutzung des Wärmespeichers verbessert die Wirtschaftlichkeit eines saisonalen Wärmespeichers.
SolnetPlus trägt zu Klimaschutz und Energiewende bei
Aktuell setzen immer mehr Wärmeversorger in Deutschland aufgrund der sehr guten Förderbedingungen und aus betriebswirtschaftlichen Gründen auf den Bau großflächiger Solarthermieanlagen: So sind in den letzten Jahren einige Anlagen mit Kollektorflächen zwischen 2.000 und 14.800 m² gebaut worden. Derzeit entsteht in Greifswald die bisher größte Solarthermieanlage Deutschlands mit 18.700 m².
Um diesen Trend weiter zu fördern, koordiniert das Steinbeis-Forschungszentrum Solare und zukunftsfähige thermische Energiesysteme (Solites) das vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit mit knapp 1 Mio. Euro geförderte Vorhaben „SolnetPlus – Solare Wärmenetze als eine Lösung für den kommunalen Klimaschutz“. Gemeinsam mit den Projektpartnern der AGFW-Projektgesellschaft für Rationalisierung, Information und Standardisierung (AGFW), dem Hamburg Institut Research (HIR), dem Deutschen Institut für Urbanistik (Difu) und dem freien Journalisten Guido Bröer soll die Bekanntheit von solaren Wärmenetzlösungen verstärkt und der kommunale Klimaschutz durch konkrete Projekte vorangebracht werden.
Im Rahmen des Projektes werden gezielt Kommunen adressiert und durch Informationen und Beratungen motiviert, zum kommunalen Klimaschutz und der Wärmewende einen Beitrag zu leisten. Darüber hinaus wird mit den Wärmeversorgern eine weitere wichtige Zielgruppe für die Transformation der Wärmeversorgung angesprochen und mit Qualifizierungsangeboten aktiviert. Zudem werden durch Analysen von bestehenden Rahmenbedingungen für Planungs- und Genehmigungsprozesse konkrete Verbesserungsmöglichkeiten abgeleitet und entsprechende Handlungsempfehlungen an behördliche Institutionen gegeben. Begleitet wird das Projekt zum einen durch eine professionelle Öffentlichkeitsarbeit zur Erhöhung der Wirksamkeit und zum anderen durch einen Projektbeirat bestehend aus Hersteller- und Anbieterunternehmen.
Das innovative Klimaschutzprojekt wird im Rahmen der Nationalen Klimaschutzinitiative (NKI) des Bundesumweltministeriums gefördert. Weitere Informationen zur Nationalen Klimaschutzinitiative des Bundesumweltministeriums: www.klimaschutz.de.
Kontakt
Patrick Geiger (Autor)
Mitarbeiter
Steinbeis-Forschungszentrum Solare und zukunftsfähige thermische Energiesysteme (Solites) (Stuttgart)
www.solites.de