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Entscheiden und Führen mit dem OODA-Konzept

Wie man Unternehmen auch in Krise und Wandel strategisch und operativ führt

Die aktuelle Pandemie und die dadurch verursachten Zulieferprobleme, die steigenden Energiekosten und die Transformation zur Nachhaltigkeit stellen an Unternehmen gegensätzliche Anforderungen auf unterschiedlichen Ebenen: Die finanziellen Kennzahlen fordern kurzfristige finanzielle und operative Handlungen „auf Sicht“ mit den zahlenden Kunden, wogegen die Verpflichtungen zur Nachhaltigkeit mittel- und langfristige strategische, regulative und normative Entscheidungen „aus der Vision“ für die weiteren Stakeholder notwendig machen. Unterstützung bietet das OODA-Konzept, das Unternehmen hilft, die in der jeweiligen Situation bestmöglichen Entscheidungen zu treffen. Steinbeis-Experte Dr. Peter Meier erklärt, wie Unternehmen davon profitieren können.

Aktuelle Szenarien in Unternehmen kalkulieren mit dem „Worst-case“-Risiko kurzfristiger Bestandsgefährdung durch finanzielle Insolvenz bis hin zur „Bestcase“- Chance langfristiger Wertschöpfung für alle Forderungen und Erwartungen der weiteren Stakeholder. Die Ungewissheit der zukünftigen Entwicklung veranlasst Unternehmen, nach den besten Kausalitäten zwischen Ursachen und Wirkungen bei wertschöpfenden Aktivitäten in allen Wertekategorien für alle Stakeholder zu suchen, Szenarien zu planen, zu entscheiden, zu handeln und zu bewerten. Es geht also nach wie vor um unternehmerische Entscheidungen und Handlungen, die unter teilweiser Unwissenheit und großer Ungewissheit getroffen werden.

Um diese Entscheidungen zu treffen, benötigen Unternehmen verschiedene Informationen. Sie sind die Grundlage aller „intelligenten“ und „intuitiven“ Aktivitäten in Unternehmen. Aktuell können die Informationen mit KI-Techniken und -Tools ergänzt werden, das ewige Dilemma zwischen intelligenz- und intuitionsbasierten Entscheidungen bleibt jedoch bestehen.

Theorie: Vier Grundsteine des OODA-Konzepts

Das OODA-Konzept dient der schnellen und bestmöglichen Entscheidung und Handlung im Zustand von ungewisser und fehlender Information. Es geht auf ein militärisches Konzept der US-Airforce aus dem Koreakrieg in den 1950er- Jahren zurück, hat sich aber seitdem zu einem zivilen Konzept entwickelt. [1], [3]

Das OODA-Konzept umfasst vier Aktivitäten:

  • OBSERVE: Information zu in- und externen Zusammenhängen der Organisation ermitteln.
  • ORIENT: Lage der Organisation untersuchen, bewerten und beschreiben.
  • DECIDE: Szenario einer vorzugswürdigen und zukünftigen Lage der Organisation wählen.
  • ACT: Wertschöpfung für die Share- und Stakeholder der Organisation generieren.

Praxis: Informationsmanagement mit OODA neu gestalten

Wie das OODA-Konzept in Unternehmen zur Anwendung kommen kann, zeigt das Projekt des Steinbeis- Transferzentrums Risikomanagement mit der Suthor Papierverarbeitung GmbH & Co. KG in Nettetal. Das inhabergeführte mittelständische Unternehmen besitzt ein integriertes Managementsystem, das nach ISO-Anforderungen sowohl die Qualität (ISO 9001) als auch die Umwelt (ISO 14001) als zwei Teile seiner vielteiligen Wertschöpfung managt. In der aktuellen Lage entscheidet das Unternehmen täglich über kurzfristige und opera- tive Änderungen gegenüber mittelund langfristigen strategischen Planungen. Die aktuellen ISO-Normen weisen beim Informationsmanagement ein großes Defizit zur Umsetzung in der Realität auf, daher setzt das Unternehmen in Zusammenarbeit mit Steinbeis- Experte Dr. Peter Meier auf das OODA-Konzept und rückt das Informationsmanagement weiter in den Vordergrund. Peter Meier überträgt dabei die formale Methode sowie Konzepte aus großen Unternehmen in die realen Zusammenhänge und Abläufe des mittelständischen Unternehmens.

Die vier Aktivitäten des OODA-Konzeptes sehen bei Suthor folgendermaßen aus:

  • OBSERVE: Relevante Informationen werden systematisch ermittelt und mithilfe von komplementären Werkzeugen bearbeitet. Die Grundlage dafür bildet die Rumsfeld-Matrix [2], deren Ziel darin besteht, die Unvorhersehbarkeit der Entwicklung von komplexen Systemen beherrschbarer zu machen.

    Informations-Budget

    2 x 2 Rumsfeld Matrix

  • ORIENT: Ein aktuelles und informationsbasiertes Lagebild wird laufend erstellt und vermittelt die tatsächlichen internen und externen Zusammenhänge der Organisation in ihrem Umfeld. Dieses Bild geht über einen Lagebericht nach dem § 289 des Handelsgesetzbuches hinaus.
  • DECIDE: Handlungsentscheidungen werden getroffen, dabei wird einem von mehreren virtuellen Szenarien der Vorzug gegeben. Diese schnelle Entscheidung erfolgt unter relativer Ungewissheit und in teilweiser Unwissenheit. Die Entscheidung gründet sich auf der gegenwärtigen (Ist-) Lage und dem zukünftigen (Soll-)Szenario. Dahinter stehen risiko- und chancenbasiertes Denken und Handeln, wie in der Norm ISO 9001:2015 für Qualitätsmanagement beschrieben. Die zwei Seiten der Führung, Leadership und Followership, kommen zusammen. Die Geschäftsführer handeln demonstrativ (als Vorbild), argumentativ (mit Logik), diskursiv (zur Überzeugung) und imperativ (durch Anordnung). Dabei kommen natürliche Intelligenz, natürliche Intuition und eventuell künstliche Intelligenz zum Einsatz. Beteiligt sind wenige Führungs- und Fachkräfte, in einer Krise nur ein minimaler Krisenstab.

    Entscheidungsfindung

  • ACT: Die beschlossenen Handlungen werden ausgeführt. Rückmeldung und Rückkopplung erfolgen sofort, denn die Umsetzung von Entscheidungen betrifft die gesamte Organisation, die auf dem Weg in die Zukunft mitgenommen werden soll.

Kontakt

Dr. Peter Meier (Autor)
Steinbeis-Unternehmer
Steinbeis-Transferzentrum Risikomanagement (Langen)


Literatur:
[1] Kwon, Munok und Meier, Peter: „Auf das richtige Krisenmanagement kommt es an“, in Steinbeis Transfer-Magazin, S. 76, Steinbeis, Stuttgart 2020
[2] Morris, Errol und Rumsfeld, Donald: „The unknown known – What you didn’t know you didn’t know“, Participant Movies, Los Angeles 2013
[3] Schön, Erik; Tzu, Sun; Boyd, Wardley: „The Art of Strategy – Steps Towards Business Agility“, Yokoso Press, Stockholm 2020
215406-30