Mit Rotation zum Erfolg

Steinbeis-Team entwickelt einen Plasmaschweißbrenner mit mechanisch-rotierendem Lichtbogen zum Verbindungs- und Auftragsschweißen

Das Schweißen hat einen hohen Stellenwert erlangt, nicht nur zum Verbinden von traditionellen Werkstoffen wie Stahl und Aluminium, sondern auch für Mischverbindungen und Kunststoffe als Multimaterialwerkstoffe. Als Verfahren hat sich das Lichtbogenschweißen mit nicht-abschmelzender Elektrode durchgesetzt, nicht nur aufgrund der hohen Wirtschaftlichkeit und Automatisierbarkeit, sondern auch wegen seiner hohen Nahtqualität. Aber auch hinsichtlich Produktivität und Produktqualität werden an Schweißverfahren immer höhere Anforderungen gestellt. Das Dresdener Steinbeis-Innovationszentrum Intelligente Funktionswerkstoffe, Schweiß- und Fügeverfahren, Exploitation hat mit der Autogen-Ritter GmbH daher einen Plasmaschweißbrenner mit mechanisch gesteuerter Lichtbogenrotation entwickelt und aufgebaut.

Das Plasmalichtbogenschweißen gehört zum Wolfram-Inert-Gasschweißen (WIG) und bietet eine interessante Alternative zum Laserschweißen, insbesondere bei Blechen bis zu 8 mm Dicke. Beim Plasmaschweißen schnürt eine wassergekühlte Kupferdüse den Lichtbogen ein, der dadurch eine wesentlich höhere Energiedichte und eine geringere Strahldivergenz erhält. Während der Durchmesser des WIG-Lichtbogens von der Elektrodenspitze bis zum Werkstück sehr stark zunimmt, wächst der Durchmesser des Plasmabogens nur geringfügig. Dadurch entfallen die aufwendigen Nahtvorbereitungsarbeiten für die starke Bündelung des Lichtbogens. Die höhere Schweißgeschwindigkeit erspart außerdem Zeit und Kosten und ermöglicht einen tieferen Einbrand. Auch die Wolfram-Elektrode hat wesentlich höhere Standzeiten, weil sie mit Plasmagas umschlossen und dadurch abgekühlt wird. Das Verfahren wird sowohl im Dünnblech- als auch im Dickblechbereich sowie bei Halbzeugen mit metallischen Beschichtungen eingesetzt. Ein weiterer potenzieller Anwendungsbereich sind Bauteilreparaturen und -instandsetzungen. Die hohe Leistungsdichte unterstützt auch das Schweißen gut wärmeleitfähiger Metalle wie Kupfer und Kupferlegierungen.

Die Anforderungen an Schweißverfahren steigen stetig: Bei Großserienfertigungen wird beispielsweise ein hoher Automatisierungsgrad des Schweißprozesses verlangt, während in der Prototypen und Kleinserienfertigung sowie zur Nacharbeit in der Serienfertigung oder bei Reparaturen keine hohen Anforderungen an den Mechanisierungsgrad gestellt werden. Für diese Anwendungen können die verfahrensspezifischen Vorteile des Plasmaschweißens vielseitig genutzt werden.

 

Aufgebauter Brennerprototyp des mechanisch-rotierenden Plasmalichtbogenschweißbrenners mit seiner Rotations- und Drahtfördereinheit und der Hardwaretechnik

 

Ein Plasmaschweißbrenner mit mechanisch gesteuerter Lichtbogenrotation: sicher und wirtschaftlich

Das Team des Steinbeis-Innovationszentrums Intelligente Funktionswerkstoffe, Schweiß- und Fügeverfahren, Exploitation hat sich dieser Herausforderung mit der Autogen-Ritter GmbH in einem FuE-Projekt gestellt. Gemeinsam haben sie einen Plasmaschweißbrenner mit mechanisch gesteuerter Lichtbogenrotation entwickelt und die notwendige Verfahrens- und Hardwaretechnik zum Verbindungs- und Auftragsschweißen aufgebaut. Die neue Verfahrenstechnik mit ihrer Brennertechnik sollte außerdem auch im Hinblick auf Produktionskosten und Taktzeiten wirtschaftlich sein. Dabei sollte die Wechselwirkung von Rotations- und Vorschubgeschwindigkeit und Lichtbogenenergiedichte im Schweißprozess die geforderte Nahtgüte erfüllen.

Auf Basis eines prozesstechnischen Gesamtkonzepts baute das Team im ersten Schritt einen stark gekühlten Plasmalichtbogenschweißbrenner mit einer funktionssicheren mechanischen Lichtbogenrotationseinheit als Prototyp auf. Die notwendigen Prozessdaten und -parameter für die definierte Brennerleistung von I = 200 A ermittelte das Team mit einer High-Speed-Kamera. Um den Plasmaschweißbrenner prozesssicher mechanischrotierend zu bauen, gestalteten die Forscher außerdem ein effizientes Brennerkühl- und Prozessgaszuführungssystem. Dabei wurde ein Wasserkühlsystem mit einer Pumpe und einem Wärmetauscher konstruiert, sodass die entstehende Wärme an den Brennerfunktionsteilen durch den Schweißprozess sicher ausgeführt werden kann. Die damit erarbeiteten werkstofflich- technischen Konstruktionslösungen wurden für den Brenneraufbau genutzt. Dadurch können unter Berücksichtigung der mechanischen Lichtbogenrotation die Plasma- und Schutzgase im Brennerkopf fehlerfrei strömen und einen sicheren Schweißprozess bilden. Die Brennerteilegeometrien wurden mit der entwickelten Lichtbogenrotationseinheit gekoppelt und prozesstechnisch synchronisiert.

Dadurch kann die Plasmadüsengeometrie stark gekühlt werden, sodass die mechanische Lichtbogenrotation fehlerfrei ausgeführt werden kann. So ist gewährleistet, dass während des Schweißprozesses und der Lichtbogenrotation die Brennerkopffunktionsteile thermisch geringer beansprucht sind. Verwendet wurden dazu hochtemperaturbeständige, elektrisch isolierende Materialien zwischen den Einzelteilen und dem Kühlsystem sowie dem Stromanschluss. Das Projektteam erarbeitete und konstruierte auch die notwendigen Konstruktionsunterlagen für den Aufbau des gesamten Plasmabrennerkopfs mit seiner mechanischrotierenden Einheit. Die damit entwickelten Einheiten wie beispielsweise eine angeschrägte Wolframelektrode, ein DC-Motor, Antriebselemente, ein Gleitlager, Zahnriemen und eine Spannvorrichtung des Plasmaschweißbrenners wurden steuerungsgemäß und mechanisch miteinander gekoppelt. Im Projekt entstand auch eine Zusatzwerkstoffzuführungseinheit für Draht oder Pulver, die im Prototyp des Brennersystems über die mechanische Lichtbogenrotation integriert ist.

Mechanische Rotation des Pilotlichtbogens um seine Achse: einseitige angeschrägte Kathode „Wolframelektrode Ø 2,4 mm“ bei einer Pilotstromstärke I = 150 A, Plasmagas 2,0 l/min und Abstand zur Werkstückoberfläche 7,0 mm

 

Der Prototyp erfüllt die Anforderungen

Untersuchungen am Brennerprototyp bestätigten nicht nur, dass die mechanische Rotation des Lichtbogens fehlerfrei bewegt und die Brennerkühlung sowie die Prozessgas- und Zusatzwerkstoffzuführung prozesssicher funktionierten. Die Ergebnisse zeigten auch, dass die mechanische Rotation des Plasmalichtbogens und die hohen Lichtbogentemperaturgradienten zur Intensivierung der Durchmischung des Schmelzbades und dessen Werkstoffpartikeln führen. Diese tragen damit zu einem homogenen Wärmeeintrag und einer gleichmäßigen Bauteilabkühlung bei. Dadurch entstanden ein feinkörniger Gefügeaufbau und qualitätsgerechte Bauteileigenschaften. Diese Effekte traten sowohl im Dünnblech- als auch im Dickblechbereich sowie bei Blechen mit metallischen Beschichtungen auf und sind von den angewandten Prozessparametern abhängig.

 

Evaluierung/Qualifizierung des aufgebauten Brennerprototyps mit seiner Rotationseinheit: Durchführung von Untersuchungen zur Ermittlung der technischen Leistungsgrenzen des Brennerprototyps

 

Der entwickelte mechanischrotierende Plasmaschweißbrenner hält beim Schweißen von Dünnblechen bei einer Dicke von maximal 6,0 mm die Spaltmaßtoleranz je nach Stoßart ein, sodass eine gleichbleibende Nahtqualität an Bauteilflächen in alle Schweißpositionen erreicht werden kann. Außerdem können veränderliche Bauteiltoleranzen während des Schweißprozesses angepasst und damit die angeforderten Bauteiltoleranzen und -maße eingehalten werden. Das Projektteam wies auch nach, dass Schweißgeschwindigkeiten bis zu 3,0 m/min mit dem entwickelten Plasmalichtbogen und seiner Verfahrens- und Hardwaretechnik mit der geforderten Nahtqualität realisierbar sind. Die erzielten Nahteigenschaften qualifizieren den entwickelten Plasmaschweißbrennerprototyp mit einer mechanischen Rotationseinheit und Brennerleistung von I = 200 A für die praktische Anwendung.


Technische Prozessdaten des Prototyps eines Plasmalichtbogenschweißbrenners:

  • Leistungsklasse bis zu 200 A-Gleichstrom
  • Arbeitsspannung bis zu 35 V
  • Einseitig angeschrägte Wolframelektrode (Ø 2,4 mm) mit einem Winkel zwischen 30 – 45°
  • Rotation der Wolframelektrode/Kathode um die eigene Drehachse für die Lichtbogenrotation
  • Plasmadüsendurchmesser: Ø 2,3/3,2 mm
  • Antrieb durch Zahnriemen (nicht elektrisch leitend), Lagerung mittels Gleitlager (zum Beispiel aus Kunststoff)
  • Gesamtbrennerkopfbaugröße: 150 x 100 mm in einer kompakten Bauweise
  • Schnelle austauschbare Plasmadüse mit einer indirekten starken Wasserkühlung
  • Speziell angepasstes Wasserkühlsystem mit einer Kühleinheit für die Rotationseinheit

Kontakt

PD Dr.-Ing. Habil. Khaled Alaluss (Autor)
Steinbeis-Unternehmer
Steinbeis-Innovationszentrum Intelligente Funktionswerkstoffe, Schweiß- und Fügeverfahren, Exploitation (Dresden)

Dr. jur. Lars Kulke (Autor)
Steinbeis-Unternehmer
Steinbeis-Innovationszentrum Intelligente Funktionswerkstoffe, Schweiß- und Fügeverfahren, Exploitation (Dresden)

Friedemann Sell (Autor)
Projektmitarbeiter
Steinbeis-Innovationszentrum Intelligente Funktionswerkstoffe, Schweiß- und Fügeverfahren, Exploitation (Dresden)

Erich Schnauder
Geschäftsführer
Autogen-Ritter GmbH (Feldkirchen-München)

Thomas Schnauder
Geschäftsführer
Autogen-Ritter GmbH (Feldkirchen-München)

Timm Schnauder
Projektmitarbeiter
Autogen-Ritter GmbH (Feldkirchen-München)

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