Am NMI in Reutlingen nimmt das neue Nanoanalytikzentrum seine Arbeit auf
Nicht nur in der Halbleiterindustrie wird Nanotechnologie und damit Nanoanalytik immer wichtiger, die Nanoanalytik spielt heute in vielen Bereichen der Life Science- und Materialforschung eine zentrale Rolle. Sowohl für die industrielle Entwicklung und Verarbeitung neuer Werkstoffe als auch für die Grundlagenforschung ist die Erforschung kleinster Strukturen bis in Dimensionen eines millionstel Millimeters heute unverzichtbar. Die Nanoanalytik ermöglicht hierbei die Erforschung kleinster Strukturen und das Eindringen in die Welt der Atome und bewegt sich dabei in mehreren Feldern von der Grundlagenforschung hin zur angewandten Wissenschaft und industrienahen Forschung. Aktuell von großem Interesse sind auch Fragestellungen aus dem Bereich der Beschichtungen für die Medizintechnik und der Verbundwerkstoffe für den Leichtbau. Hier kommt das Naturwissenschaftliche und Medizinische Institut (NMI) in Reutlingen ins Spiel, mit dem Steinbeis seit vielen Jahren eng zusammenarbeitet und inzwischen in einer gemeinsamen Beteiligung für Technologietransfer kooperiert.
Mit dem Nanoanalytikzentrum auf dem RegioWIN Campus des NMI nimmt nach nur dreijähriger Bauzeit nun eine regionale Anlaufstelle ihre Arbeit auf. Das Zentrum wendet sich an innovative Unternehmen mit werkstofftechnischen Fragestellungen und Produktideen. Über 50 Firmen und Forschungsinstitute haben bereits im Vorfeld ihr Interesse an der Nutzung des Nanoanalytikzentrums bekundet – darunter viele namhafte Großunternehmen der Medizintechnik, aus dem Fahrzeug-, Maschinen- und Werkzeugbau, aber auch kleine Mittelständler aus der Region. Alle wollen vom unkomplizierten Zugang zu dieser Hochtechnologie profitieren. Zu den wissenschaftlichen Kooperationspartnern des Projekts gehören unter anderem auch fünf Institute der Innovationsallianz Baden-Württemberg sowie die Universität Tübingen. Die Universität Tübingen hat speziell zur Verstärkung der Kompetenz im Zentrum eine Professur für „Advanced Materials“ ins Leben gerufen, deren Gruppe nun auch im Zentrum ansässig ist.
Der Nutzen des neuen Zentrums liegt für viele Kunden und Fragestellungen auf der Hand. Entscheiden doch beispielsweise die obersten Atomlagen bereits über viele Werkstoffeigenschaften, wie Korrosion und Verschleiß. Bei innovativen Geschäftsfeldern, wie der Elektromobilität oder in der additiven Fertigung, ist die Kenntnis über Details des atomaren Aufbaus der Werkstoffe im Inneren und an der Oberfläche für deren Einsatz von weitreichender Bedeutung. Für all diese Fragestellungen werden Analyseinstrumente, wie die hochauflösenden Elektronenmikroskope des NMI, benötigt, um die Unterschiede in Struktur und Chemie bis ins Detail aufzuklären.
Das Aushängeschild des neuen Zentrums sind folgerichtig zwei analytische Transmissionselektronenmikroskope, die Strukturen bis in den atomaren Bereich abbilden und deren atomare und chemische Zusammensetzung bestimmen können. Diese Spitzengeräte rücken das NMI in die Liga der Institute mit den weltbesten analytischen Elektronenmikroskopen. Hiermit können zum Beispiel Atome, die 79 Pikometer entfernt sind, problemlos aufgelöst werden – der Atomdurchmesser von Wasserstoff entspricht 100 Pikometer. Außerdem können sowohl die Morphologie eines Materials als auch die Materialzusammensetzung durch eine Elementanalyse mit dem energiedispersiven Röntgendetektor quantitativ bestimmt werden.
Neben der Investition in die Mikroskope wurde ein erheblicher Teil der Fördergelder für eine essenzielle Probenpräparation genutzt. Es wurde eine Vielzahl von Methoden angeschafft und etabliert, um verschiedenste Materialien – bis hin zu biologischen Proben – artefaktfrei präparieren zu können. Die Möglichkeiten am Nanoanalytikzentrum sind beeindruckend – das Team am Zentrum steht mit seinem Know-how für Fragestellungen aller Art bereit. Die Einrichtung wurde durch Fördermittel des europäischen Fonds für regionale Entwicklung ( EFRE), sowie durch eine Förderung des Landes Baden-Württemberg (Wirtschaftsministerium) ermöglicht.
Kontakt
Dr. Stefan Raible
NMI Naturwissenschaftliches und Medizinisches Institut (Reutlingen)