Weltmarktführer in der Metallindustrie fördert Materialforschung an Saar-Uni
Niob ist ein weltweit stark nachgefragter Rohstoff, vor allem in der Stahlindustrie. Bei Pipelines etwa sorgt das Metall selbst bei Minustemperaturen dafür, dass der Stahl nicht spröde wird. Im Auto macht es das Stahlskelett steif und gleichzeitig verformbar, um mögliche Crashs abzufedern. Das Metallerz wird vor allem in Brasilien und Kanada aus Vulkangestein gewonnen. Der Weltmarktführer für diesen Rohstoff, die brasilianische Firma CBMM, wird jetzt in einer ersten Phase einen Forscher in der Materialwissenschaft an der Universität des Saarlandes und am Steinbeis-Forschungszentrum Material Engineering Center Saarland (MECS) finanzieren. Mit Hilfe der Atomsonden-Tomographie wollen die Wissenschaftler herausfinden, wie sich die Niobatome in die Nanostruktur des Stahls einfügen und seine Materialeigenschaften verändern.
Niob wird bei der Stahlproduktion in vergleichsweise kleinen Mengen hinzugefügt. „Nur etwa jedes 10.000ste Atom im Stahl besteht aus Niob. Umso erstaunlicher ist die große Wirkung dieser geringen Konzentrationen. Sie machen den Stahl vor allem zäher, so dass er dehnbarer wird, ohne seine Festigkeit zu verlieren. Niob verhindert aber auch, dass Stahl bei Minusgraden spröde wird und plötzlich zerbricht wie Porzellan“, erklärt Frank Mücklich, Professor für Funktionswerkstoffe der Universität des Saarlandes und Leiter des Steinbeis-Forschungszentrums Material Engineering Center Saarland. Dies spielt vor allem bei Öl- und Gas-Pipelines eine Rolle, die bei arktischen Temperaturen verlegt werden. In der Automobilindustrie setzt man auf Niobzugaben im Stahl, da nur so die Stahlkonstruktion in der Karosserie ausreichend Energie absorbieren kann und bei einem Unfall die Fahrgastzelle schützt.
Frank Mücklichs Forschungsteam hat sich auf die räumliche Analyse der inneren Struktur von Materialien auf verschiedenen Skalen spezialisiert und setzt dafür verschiedene dreidimensionale Verfahren ein. Diese konnten die Wissenschaftler in den vergangenen Jahren verfeinern und eng aufeinander abstimmen. „Wir setzen dafür hochauflösende Elektronenmikroskope sowie die Nano- und Atomsonden-Tomographie ein. Die dabei erfassten einzelnen 3D-Informationen und 2D-Bildserien werden anschließend im Computer wieder zum exakten räumlichen Abbild zusammengefügt – auch bis hin zum einzelnen Atom“, erläutert Frank Mücklich. Mit den 3D-Analysetechniken können die Forscher nun alle Veränderungen der inneren Struktur von Stahl auch quantitativ darstellen und darüber herausfinden, welcher Mechanismus eine gewünschte Eigenschaft steuert. „Wir wollen die innere Struktur des Stahls genau verstehen und wissen, wie sich die Niob-Atome im Laufe des Produktionsprozesses in das innere Gefüge einpassen. Erst dadurch können wir die innere Struktur des Stahls für eine bestimmte Anwendung passend designen. Dann wüssten wir zum Beispiel, wie wir Niob am effektivsten einsetzen können, um überlegene Materialeigenschaften zu erzielen und wie wir durch den gezielten Einsatz von Niob andere teure Legierungselemente oder kostspielige Prozessschritte reduzieren können“, so Frank Mücklich.
Die präzisen 3D-Analysetechniken präsentierten Frank Mücklich und sein Team der kleinen Gruppe der weltweit renommierten Niob-Forscher, als sie im vergangenen Jahr einer Einladung zu einem gemeinsamen Workshop auf den Universitätscampus in Saarbrücken folgten. Das Unternehmen CBMM will jetzt die Niob-Forschung weiter vorantreiben und fördert die Saarbrücker Materialforscher im Projekt „Niob im Stahl“ in einer ersten Phase mit einem Wissenschaftler für drei Jahre. Die Forschungsarbeiten sollen nicht nur dazu dienen, die Mechanismen im Stahl genauer zu verstehen, sondern sollen auch dabei helfen, die Produktionsprozesse noch besser zu steuern.
Kontakt
Prof. Dr.-Ing. Frank Mücklich
Steinbeis-Forschungszentrum Material Engineering Center Saarland (MECS) (Saarbrücken)