Kundenbeziehungsmanagement erfolgreich umsetzen
Laut diverser PIDAS-Studien verlieren 70% aller Unternehmen in Deutschland alle fünf Jahre 50% ihrer Kunden. Der Grund dafür sind mangelhafte Kundenbetreuung und Gleichgültigkeit. Was ein Unternehmen im Rahmen der Digitalisierung dagegen tun kann und welche Rolle das Kundenbeziehungsmanagement dabei spielt, erklärt Martin Ritter, Leiter des Steinbeis-Beratungszentrums Unternehmenssicherung.
In Zeiten, in denen sich Unternehmen fast nur noch durch einen ruinösen Preiswettbewerb unterscheiden, ist die Weiterentwicklung der persönlichen Servicequalität ein entscheidendes Merkmal der Abgrenzung. So einfach es klingt, so herausfordernd ist die Umsetzung: Statistisch gesehen tritt jeder Kunde eines Unternehmens mit ungefähr fünf Mitarbeitern in Kontakt, wobei jede Begegnung im Schnitt 15 Sekunden dauerte. So wird dieses Unternehmen „unzählige“ Male pro Jahr in der Vorstellung der Menschen neu geschaffen. Jeder Kontakt bedeutet eine neue Erfahrung, ein 15-Sekunden-Puzzleteilchen, das sich am Ende zu einem großen Erfahrungsbild zusammensetzt. Letztendlich sind es diese unzähligen „Momente der Wahrheit“, die darüber entscheiden, ob ein Unternehmen langfristig gesichert ist oder nicht. In diesen Momenten gilt es, den Kunden zu beweisen, dass dieses Unternehmen für sie die beste Wahl ist.
In der aktuellen Diskussion über den ungewissen Einfluss der Industrie 4.0 auf Unternehmen fehlt oft die klare Aussage von Unternehmern und Führungskräften, dass Geschäfte auch in Zukunft von Menschen gemacht werden. Die Begeisterung für die Digitalisierung lässt diese Erkenntnis leider verblassen. Nur, auf dem Weg zur digitalisierten Wirtschaft genießen unsere Unternehmen nicht mehr den Schutz ihrer traditionellen Wettbewerbsvorteile, die es ihnen einst erlaubten, sich auf ihre Ingenieurleistungen und ihren technischen Vorsprung zu verlassen. Unternehmen, die es immer schwerer haben, auf der Grundlage eines produktorientierten Vorteils im Wettbewerb zu bestehen, sind auf der Suche nach neuen Märkten ohne Konkurrenz. Diese Absicht ist lobenswert und kann – richtig umgesetzt – einen großen Erfolg bedeuten. Ein Weg dahin führt über den Wandel zum kundenorientierten Dienstleistungsunternehmen.
Aktuell begreifen sich viele Unternehmen noch immer als die Gesamtheit ihrer Produkte, technologischer Fähigkeiten, imposanter Bürogebäude und verwaltungstechnischer Abläufe. Wenn Unternehmen jedoch ihre Kunden befragen, dann erzählen diese ihnen nichts von Maschinen, Hochtechnologien, komplexen, IT-basierten internen Abläufen oder wie und wo sie investieren. Kunden berichten stattdessen von ihren Erfahrungen mit den Menschen im Unternehmen. Daraus folgt, als Unternehmen erfolgreich zu sein und zu bleiben bedeutet nicht nur eine Ansammlung materieller Vermögenswerte, sondern in rasant zunehmendem Maße die Entwicklung der Qualität im direkten Kontakt zwischen Kunden und den Mitarbeitern des Unternehmens.
Seit einiger Zeit befindet sich Deutschland an einem historischen Wendepunkt zur Dienstleistungswirtschaft. Das betrifft selbst Firmen, die sich bisher nie als Dienstleistungsunternehmen betrachtet haben. Wenn künftig alles überall erhältlich und von jedem produzierbar ist und hart erarbeitetes Wissen in der Cloud verschwindet, ist der Ansatzpunkt für die langfristige Unternehmenssicherung nicht mehr das Produkt oder die Technologie, sondern der Kunde. Wollen Unternehmen künftig langfristig bestehen, müssen sie sich umorientieren und nach ihren Kunden richten. Allen Beteiligten muss klar sein, dass das Unternehmensvermögen einer Firma künftig noch mehr als heute einzig und allein darin besteht, begeisterte Kunden zu haben, die alle als Individuen behandelt werden wollen und die sie nicht als ihren Geschäftspartner wählen, wenn die Unternehmen nicht genau das leisten. Externes und internes Kundenbeziehungsmanagement ist ein zukunftsorientierter, wichtiger Bestandteil des Qualitätsmanagements und der langfristigen Unternehmenssicherung.
Der externe Kundenkontakt und der interne Umgang miteinander sind dabei die Königsdisziplinen. Stellt man sich vor, jeder im Unternehmen würde sich diese Erkenntnis zu Herzen nehmen und danach handeln, hätten diese Unternehmen einen enormen Wettbewerbsvorsprung. Daher ist es wichtig zu lernen, Kunden und ihre Anliegen, Wünsche und Beschwerden zu begrüßen, anstatt sie zu bekämpfen; die Fähigkeit zum wohlwollenden Kundendialog zu fördern, anstatt sie zu ersticken; die Mitarbeiter im Kundendialog zu ermächtigen, anstatt sie zu demotivieren; und die Aufmerksamkeit nach außen, auf sich rasch wandelnde Märkte, statt nach innen, auf bürokratische Manöver, zu richten. Ergreift ein Unternehmen diese Chancen intensiver Kundenbeziehungen und gibt den Mitarbeitern die Möglichkeit, auf Bedürfnisse und Probleme der Kunden individuell einzugehen, so kann es das Beste aus den „Momenten der Wahrheit“ holen, die Zahl der begeisterten Kunden vervielfachen und damit dem Unternehmen seinen langfristigen Wettbewerbsvorteil sichern.
Wichtig dabei ist, die Mitarbeiter von der Verwalterrolle zu befreien und dafür zu sorgen, dass Gleichgültigkeit in dem Unternehmen ein Fremdwort wird. Die Mitarbeiter sollten zu Führungskräften und Helfern werden, die ihren Kunden und dem Markt dienen. Damit wird eine vertrauensschaffende Kultur des Miteinanders gefördert, in der die Mitarbeitenden gerne bleiben, und die langfristig das Unternehmen sichert. Denn auch unter Industrie 4.0 ist eines klar: Kundenverantwortlich sind alle, auch die Chefs, schließlich sind Kunden die Einzigen, die das Geld in das Unternehmen hintragen.
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Martin Ritter ist Leiter des Steinbeis- Beratungszentrums Unternehmenssicherung. Das Steinbeis- Unternehmen bietet seinen Kunden Standortbestimmung mit dem Ziel langfristiger Unternehmenssicherung, Weitblickberatung, konkrete Begleitung und Umsetzung zu allen Themen der Unternehmenssicherung, Einzelcoachings für Unternehmer, Führungskräfte und Mitarbeitende sowie den Steinbeis Unternehmens- Kompetenzcheck.
Martin Ritter
Steinbeis-Beratungszentrum Unternehmenssicherung (Esslingen)