Im Gespräch mit Stefan Gaier, Leiter des Steinbeis-Beratungszentrums Innovationsmanagement
Das Steinbeis-Beratungszentrum Innovationsmanagement betreut seit vielen Jahren die Vernetzung mittelständischer Unternehmen im Rahmen des Zentralen Innovationsprogramms Mittelstand (ZIM) des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) und führt auf diese Weise die Kompetenzen von mittelständischen Technologieträgern, Forschungsinstituten und Hochschulen zusammen. Und das sehr erfolgreich: Am 18. Mai wurde das vom Steinbeis-Unternehmen aufgebaute ZIM-Netzwerk „Subsea Monitoring“ für die wirtschaftlich besonders erfolgreiche Umsetzung von Forschungs- und Entwicklungsprojekten vom BMWi ausgezeichnet. TRANSFER hat mit Stefan Gaier, Leiter des Steinbeis-Beratungszentrums, über die Bedeutung der Netzwerkarbeit für die Innovationsfähigkeit der mittelständischen Unternehmen allgemein sowie über dieses konkrete Erfolgsbeispiel gesprochen.
Herr Gaier, was bringt die Vernetzung den einzelnen mittelständischen Unternehmen?
Mittelständische Unternehmen sind oft Technologieführer in einzelnen Spezialdisziplinen und bieten typischerweise einzelne Komponenten in ihrem jeweiligen Technologiefeld. Doch jedes Unternehmen stößt für sich an technologische Grenzen, wenn es darum geht, einzelne Komponenten zu Systemen zusammenzuführen, sowie an konzeptionelle Grenzen bei der Konzeption und anwendungsspezifischen Umsetzung von Gesamtlösungen. Selbst erfolgreiche mittelständische Unternehmen sind für sich alleine zu klein, um in globalisierten Märkten den technologischen und marktseitigen Herausforderungen zu begegnen.
In welchen Technologiefeldern beziehungsweise Branchen haben Sie Netzwerke initiiert? Was sind die Schwerpunkte Ihrer Netzwerkarbeit?
Es ist sicherlich kein Zufall, dass wir Kooperationen gerade in den Technologiefeldern betreuen, die unsere Gesellschaft aktuell bewegen. Das sind Mobilität, Digitalisierung sowie Energieversorgung. So wird beispielsweise im Bereich Elektromobilität das Netzwerk LOHCmobil aufgebaut und gemanagt. In diesem Netzwerk werden emissionsfreie Antriebe für Schiff und Bahn entwickelt und in zukünftige Verkehrssysteme integriert. Die Kooperation InQ (Intelligentes Quartier) beschäftigt sich mit der Digitalisierung der sich wandelnden Energieversorgungs- und Mobilitätslandschaft und entwickelt auf dieser Grundlage Produkte und Geschäftsmodelle für die Stadtviertel der Zukunft. In den von uns betreuten Kooperationsnetzwerken arbeiten Unternehmen und Forschungseinrichtungen gezielt an der Entwicklung innovativer Produkte. Durch die Bündelung der spezifischen Kernkompetenzen können wir das Innovationspotential optimal ausschöpfen. Neben Forschung und Entwicklung spielt auch die Vermarktung der Innovationen eine große Rolle. Wir unterstützen die Unternehmen bei der Entwicklung von Geschäftsmodellen und bilden gemeinsame Vermarktungsstrukturen. Beispielsweise haben wir aus dem Netzwerk iMod eine Vertriebs-GmbH ausgegründet, die als Systemanbieter weltweit autarke Infrastruktursysteme anbietet.
Herr Gaier, das von Ihrem Steinbeis-Unternehmen aufgebaute ZIM-Netzwerk „Subsea Monitoring“ wurde gerade vom BMWi ausgezeichnet. Können Sie uns mehr über dieses Projekt erzählen?
„Hightech auf Tauchgang“ betitelte die FAZ bereits vor zwei Jahren das Kooperationsprojekt Subsea Monitoring Network. Und in der Tat entwickeln und vermarkten die im Netzwerk organisierten 20 Netzwerkpartner innovative Hightech Produkte, sogenannte Subsea Monitoring Systeme, mit denen die Anwender Rohstoffvorkommen, Umweltbedingungen und Infrastruktur unter Wasser erfassen, beobachten und überwachen können. In den Bereichen „Detektion und Abbau der marinen Rohstoffe“, „Nutzung der marinen Energieträger“ sowie „Überwachung der Umweltparameter“ ergeben sich zukünftig hohe Wachstumspotentiale für die Unternehmen der Tiefseetechnologie. Allerdings gibt es unter deutschen Unternehmen keinen Systemführer, was nicht zuletzt auch an ihrer geringen Größe liegt. Dies schlägt sich in einem sehr geringen Weltmarktanteil nieder. Zwar produzieren deutsche Unternehmen einzelne Komponenten wie Sensoren oder Kommunikationssysteme. Aber Gesamtsysteme, die die Kunden für die komplexen Aufgaben in großen Meerestiefen benötigen, konnten sie in der Vergangenheit nicht liefern. Das hat sich geändert: Durch die Vernetzung der im Subsea Monitoring-Projekt beteiligten Unternehmen ist es gelungen, deren einzelne Kompetenzen und technische Entwicklungen in Systeme einzubringen und so die Weiterentwicklung eigener Produkte voranzubringen. Auf diese Weise wurden in großen F&E-Projekten mit einem Gesamtvolumen von über 10 Mio. Euro gezielt Schlüsselkomponenten und Produkte für die deutsche Meerestechnik entwickelt und zu Gesamtsystemen integriert. Ein Beispiel ist SMIS (Subsea Monitoring via Intelligent Swarms) – ein innovatives System zum effizienten, autonomen Monitoring großflächiger Unterwassergebiete unter Nutzung von Schwarmintelligenz. Das System umfasst mehrere Unterwasserfahrzeuge, eine Unterwasser-Bodenstation und ein Oberflächenfahrzeug, die unter Nutzung von Schwarmprinzipien von einem Forschungsschiff oder gegebenenfalls einer Landstation eingesetzt und überwacht werden. Das Alleinstellungsmerkmal ist der Einsatz des Schwarmsystems über den gesamten Tiefenbereich bis 6.000 m. Das System kann sowohl für die Tiefsee-Meeresforschung als auch für die kommerzielle Meerestechnik eingesetzt werden und ist eine vielversprechende Entwicklung, die viele wichtige Märkte adressiert: marine Rohstoffgewinnung, die Langstrecken-Erkundung für unterschiedliche Pipelines, Energie- und Kommunikationskabel sowie die Suche nach Flugzeugwracks. Ein weiteres Ergebnis der Netzwerkarbeit ist die Konzeption eines Unterwassertestfeldes zur Entwicklung und Erprobung neuer maritimer Technologien. Dies ist aber nur ein erster Schritt auf dem Weg zu einem für die Zukunft geplanten Unterwassertechnologiezentrum. Auch im Bereich Markenaufbau und PR wurden wichtige Grundlagen gelegt. Auf der führenden Leitmesse Oceanology International in London war das Netzwerk mit einem eigenen Stand vertreten. Eine wichtige Zielsetzung – begleitend zum Netzwerk eine Marke zu etablieren – wurde beim Messeauftritt in London erstmals umgesetzt. Die Marke „Subsea Monitoring made in Germany“ wurde erfolgreich kommuniziert und wahrgenommen. Durch die konsequente Weiterentwicklung dieser Marke ergeben sich zukünftig große Chancen für das Netzwerk, die dort entwickelten Systeme auf internationalen Märkten zu platzieren.
Noch eine abschließende Frage: Was würden Sie einem mittelständischen Unternehmen raten, wenn es sich mit dem Gedanken trägt, die Vorteile der Kooperationsnetzwerke für sich zu nutzen?
Das Unternehmen kann sich gerne an unser Steinbeis-Beratungszentrum wenden. Wir werden prüfen, ob sich die Mitarbeit in einem bestehenden Netzwerk anbietet oder es möglicherweise Sinn machen könnte ein neues Netzwerk zu initiieren.
Kontakt
Seit vielen Jahren ist Stefan Gaier im Steinbeis-Verbund aktiv. Seit 2005 ist er Gründer und Leiter des Steinbeis-Beratungszentrums Innovationsmanagement, das auf Strategie- und Innovationskonzepte für öffentliche Auftraggeber sowie Management- und Förderberatung für Unternehmen spezialisiert ist. Seine Schwerpunkte liegen in der Steuerung von Strategieprojekten und der Vernetzung von Unternehmen aus dem High-Tech Sektor.
Stefan Gaier
Steinbeis-Beratungszentrum Innovationsmanagement (Sinzheim-Vormberg)