Die SimOps-Lernplattform des Herrenberger Steinbeis-Teams macht Softwareentwicklung unter realen Bedingungen möglich
Agile Ansätze beim Projektmanagement führen im Durchschnitt zu einem besseren Ergebnis. Zu diesem Schluss kommt der 2020 veröffentlichte Chaos Report der Standish Group [1]. Darin berichten Unternehmen, dass traditionell geplante und durchgeführte Projekte nur zu 13 % erfolgreich abgeschlossen werden konnten, 28 % waren problembehaftet und 59 % der Projekte sind fehlgeschlagen. Bei den agilen Projekten gab es sowohl deutlich weniger Fehlschläge als auch deutlich mehr erfolgreiche Projekte: Nur 11 % der agil durchgeführten Projekte schlugen fehl, 47 % waren problembehaftet und 42 % der Projekte waren erfolgreich. Das bedeutet zwar nicht, dass ein agiler Ansatz immer besser ist als ein traditioneller, allerdings sind die Erfolgsaussichten oft deutlich höher. Deshalb arbeiten heutzutage auch Softwareentwickler, Projekt- oder Testmanager oft in Projekten mit agiler Arbeitsweise und dem Ziel zügig Ergebnisse zu liefern. Das Team der Steinbeis Interagierende Systeme GmbH hat eine Schulungsplattform entwickelt, die modernes Projektmanagement erlebbar macht und in Lehre und Personalentwicklung eingesetzt werden kann.

Simulator mit Visualisierung des Lidarsensors
Oftmals existiert bei Entwicklungsprojekten eines Gesamtsystems eine längere Historie und es sind bereits zahlreiche Entwicklungsergebnisse und Werkzeuge vorhanden. Im Gegensatz zu IT-Systemen kommt bei eingebetteten Systemen erschwerend hinzu, dass die Software funktional abhängig ist von der physikalischen Umgebungssituation. Beispielsweise heißt das, dass bei der Entwicklung von automatisierten Fahrfunktionen die reale Umgebung (Straße, Verkehr, Wetter etc.) berücksichtigt werden muss, da diese das gewünschte Verhalten des Autos maßgeblich beeinflusst. Daher sind Tests entweder nur in der realen Umgebung möglich oder die Umgebung muss hinreichend gut für den Labortest als digitaler Zwilling nachgebildet werden.
DevOps und SimOps testen Funktionalitäten
Werkzeugketten und Prozesse, die ein zügiges Feedback aus einer kundennahen Umgebung liefern, werden meist unter dem Begriff „DevOps“ (Development and Operations) zusammengefasst. Im Embedded-Bereich besteht zusätzlich die Herausforderung mithilfe der Software-Werkzeuge Aussagen über das in der Realität zu erwartende Verhalten zu machen. Hierzu können beispielsweise Simulationen des Systems in seiner Umgebung verwendet werden. Werden diese zu einem frühen Zeitpunkt und innerhalb der DevOps-Werkzeuge automatisiert eingesetzt, spricht das Herrenberger Steinbeis-Team von „SimOps“ (Simulation and Operations).
„Der Ansatz SimOps hat zum Ziel, frühzeitig das Verhalten eines eingebetteten Systems in dessen simulierter physikalischer Umgebung zu prüfen, und beschreibt somit ein Paradigma zur Entwicklung und zum Betrieb von Software“, erklärt Projektleiter Fabian Hutzenlaub. SimOps ermöglicht simulationsgetrieben zeitnahes Feedback zum Verhalten eines Systems zu erhalten, das in seiner Umgebung betrieben wird, und beschreibt die Verknüpfung von DevOps mit simulationsgetriebener Entwicklung. „SimOps unterstreicht somit die Relevanz eines in den Gesamtprozess integrierten Simulators bei der Entwicklung und im Betrieb von Software, insbesondere im Bereich Automotive“, macht Steinbeis-Experte Steffen Wittel deutlich. In solchen Projekten ist es daher notwendig, die existierende Software und den Einsatz der DevOps-Werkzeuge zu verstehen, um einen eigenen, agilen Beitrag leisten zu können.
Simulationsgetrieben lernen unter Realbedingungen
Diesen SimOps-Entwicklungsansatz am Beispiel erster vorhandener automatisierter Fahrfunktionen zu erlernen, ist das Ziel der vom Herrenberger Steinbeis-Team entwickelten SimOps-Lernplattform. Im Zentrum der Plattform steht ein Simulator mit dem digitalen Abbild des realen Modellautos mit Kameras, Lidar- und Ultraschallsensoren. Die Plattform bietet so die Möglichkeit simulationsgetriebene Entwicklung unter Realbedingungen zu erleben. Ein Grundprinzip ist „Learning by Doing“: Die Anwender lernen, wie komplexe Softwareentwicklung im agilen Umfeld in der Praxis funktioniert, indem sie selbst als Entwickler, Tester oder auch Projektmanager tätig werden und dabei ihre theoretischen Kenntnisse reflektieren.
Bewährt hat sich die Lernplattform bereits für Studierende unterschiedlicher Schwerpunkte, indem sie einen Hardware- oder Softwarebeitrag leisten. Sie können somit das in der Vorlesung erlangte theoretische Wissen über agile Methoden und Technologien in die Praxis umsetzen. Durch das direkte Ausführen des Gelernten können sie einerseits ihr Wissen festigen aber andererseits auch erleben, wie die Theorie in die Praxis innerhalb von Abhängigkeiten umgesetzt werden kann und somit wie sich Theorie und Praxis in der Realität möglicherweise auch unterscheiden.
Die SimOps-Lernplattform ermöglicht damit eine Vorbereitung auf das Arbeitsleben und die berufsbegleitende Weiterentwicklung. Berufstätige Entwickler oder neu strukturierte Teams können fortgeschrittene Erfahrungen für Entwicklungs-, Management- und Verifikationsherausforderungen sammeln. Die SimOps-Plattform bietet die Möglichkeit in kompakten Workshops die Arbeitsweisen zu erleben und sich selbst dabei weiterzuentwickeln.
Kontakt
Fabian Hutzenlaub (Autor)
Projektleiter
Steinbeis Interagierende Systeme GmbH (Herrenberg)
www.interagierende-systeme.de
Steffen Wittel (Autor)
Softwarearchitekt
Steinbeis Interagierende Systeme GmbH (Herrenberg)
www.interagierende-systeme.de

