Eine Kommune auf dem Weg zur Klimaneutralität

Ein Steinbeis-Team moderiert die Bürgerbeteiligung bei der Ausarbeitung eines Klimaschutzkonzeptes für Schorndorf

92 Maßnahmen für das Klimaschutzkonzept, die an fünf Abenden mit rund 200 Teilnehmerinnen und Teilnehmern insgesamt 15 Stunden diskutiert, präzisiert und ergänzt wurden – so liest sich die eindrucksvolle Bilanz der Workshopreihe mit dem Ziel, ein „klimaneutrales Schorndorf 2035“ zu erreichen. Doch von vorn. Anfang 2021 hatte der Schorndorfer Gemeinderat beschlossen, dass die 40.000-Einwohner-Stadt im baden-württembergischen Rems-Murr-Kreis bis 2035 klimaneutral werden soll. Ein ehrgeiziges Ziel: Für die Stadt bedeutet das, den Ausstoß von klimaschädlichen Treibhausgasen auf ein Minimum zu reduzieren und so ein Gleichgewicht zwischen dem Ausstoß und der aktiven Bindung von Treibhausgasen zu schaffen. Das fachübergreifende Konzept, eine Art „Fahrplan zur Klimaneutralität“, wird von der städtischen Stabsstelle Klimaschutz und Mobilität erarbeitet. Damit die Handlungsziele für die Bürgerschaft nachvollziehbar und wirtschaftlich sowie sozial umsetzbar sind, war von Anfang an eine breite Beteiligung der Bürgerschaft wesentlich. Hier unterstützte das Team aus Maria Victoria Metz und Michael Ilk das Steinbeis-Beratungszentrum Wirtschaftsmediation aus Leipzig mit der Konzeption, Moderation und Dokumentation von drei Abenden im Zuge des Bürgerbeteiligungsprozesses, der von Mai bis September 2023 stattfand.

Diese Diashow benötigt JavaScript.

„Die Bürgerinnen und Bürger kennen ihre Stadt sehr genau und bringen enorm viel Expertise mit. Dieses Potenzial wollten wir nutzen, und das ist uns ganz gut gelungen!“, freuen sich Diana Gallego Carrera, die Leiterin der Stabsstelle Klimaschutz und Mobilität sowie Nikolai Licata, der städtische Klimaschutzmanager. Einige hundert Anregungen und Bemerkungen von Einwohnern, die im Laufe der vielfältigen Diskussionen aufkamen, haben den Prozess wesentlich unterstützt.

Das Team des Steinbeis-Beratungszentrums Wirtschaftsmediation hat jahrelange Erfahrung in Beteiligungsprozessen gesammelt und immer wieder festgestellt, wie wichtig es Bürgerinnen und Bürgern ist, in Transformationsprozessen gehört und beteiligt zu werden. Informationen und Austauschangebote zeigen den Mitbürgern, dass sie ernst genommen werden, und können Widerstände abmildern. So kann Öffentlichkeitsbeteiligung verhindern, dass Projekte durch Konflikte verzögert oder sogar verhindert werden. Die Beteiligungsreihe „klimaneutrales Schorndorf 2035“ ist unter diesem Aspekt ein Best-Practice-Beispiel, denn die frühzeitige, transparente Kommunikation und das Aufgreifen der Bürgerbelange verspricht nachhaltige Lösungsansätze und die Bereitschaft der Bürgerschaft das Vorhaben gemeinsam anzugehen.

Workshopreihe sammelt Ideen, Sichtweisen und Anregungen

Den Auftakt des Beteiligungsprozesses in Schorndorf machte ein Visions-Workshop. Die Teilnehmenden sollten ihren ersten Ideen und Gedanken zum Thema freien Lauf lassen, ein „aber“ sollte erst einmal hintenangestellt werden. Die in Kleingruppen erarbeiteten Ideen reichten von einer „Seilbahn über die Teilorte“ und „Anbauflächen für das Gemeinwohl“ bis hin zu „Dämmung“, „Sanierung“ und weiteren Ideen zur Wärme- und Energieversorgung. Es folgte ein Workshop zu den Themen „Wirtschaft, Versorgung & Entsorgung“, in dem Vertreterinnen und Vertretern der Wirtschaft die von der Stabsstelle erarbeiteten ersten Maßnahmenvorschläge für ein Klimaschutzkonzept präsentiert wurden.

Im Anschluss daran konzipierten und veranstalteten Maria Victoria Metz und Michael Ilk drei Workshops, die die Maßnahmenschwerpunkte der Themenfelder „Bildung, Kommunikation und Kooperation“, „Erneuerbare Energien, Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen“ sowie „Mobilität und Verkehr“ aufgriffen. Hier diskutierten Bürgerinnen und Bürger intensiv ganz unterschiedliche Schwerpunkte und Fragen, wie beispielsweise:
• Digitalisierung der Verwaltung: Wege verkürzen, Vorgänge vereinfachen
• Gelebte Klimaneutralität: vom Zuhause bis zur Schule und Arbeit
• Strukturierte Klimaneutralität: von der Nachhaltigkeitskarte bis zur kommunalen Wärmeplanung und Energiegenossenschaften
• Energie- und Förderberatung: von der Sanierung der eigenen vier Wände bis zur klimaneutralen Mobilität
• Klimaneutrales Stadtbild und -leben
• Mobilitätsbedürfnisse: Wie verändert sich Mobilität und was wird zukünftig gebraucht?

Zudem bereicherten Expertinnen und Experten wie Christoph Gritsch (CATALENT Germany Schorndorf GmbH), Markus Rau (Stadtwerke Schorndorf GmbH) und Professor Dr. Barbara Lenz (Humboldt Universität zu Berlin) die Veranstaltungen durch themenbezogene Impulsvorträge.

Im Anschluss an die Workshops ging die Stabsstelle Klimaschutz und Mobilität im letzten Herbst an die intensive Ausarbeitung der Ergebnisse und Maßnahmen. Schon im Vorfeld hatte sich gezeigt, dass einige Ideen bei der Bürgerschaft immer wieder aufkamen:
• kostenloser ÖPNV und Ausbau des ÖPNV,
• Ausbau des sicheren Rad- und Fußverkehrs,
• transparente Kommunikation,
• Digitalisierung,
• Klimaschutz auch im Stadtbild verankern,
• intelligente Parkplätze und
• allgemeine Wärme- und Stromversorgung.

Wichtig ist zudem, dass die Themen Klimaschutz und Klimaneutralität zielgruppenübergreifend angegangen werden. So ist der Beitrag der einzelnen Bürgerinnen und Bürger genauso entscheidend, wie die Umstrukturierung in der Stadtverwaltung, in Wirtschaftsunternehmen, sowie in Vereinen und Verbänden.

Bürgerinnen und Bürger wollen an der Stadtentwicklung beteiligt werden

„Die Bürgerinnen und Bürger bringen bereits viel Expertise und Erfahrungen mit, die es zu nutzen gilt. Beteiligung bedeutet sich einzubringen und mitzugestalten und ich denke, das haben wir erreicht“, resümiert Maria Victoria Metz.

Diana Gallego Carrera und ihr Team der Stabsstelle Klimaschutz und Mobilität haben inzwischen die Maßnahmen konkretisiert und erarbeiten einen Entwurf für ein umfassendes Klimaschutzkonzept. Im Frühjahr 2024 soll dieses auf politischer Ebene im Gemeinderat diskutiert werden. Wie es danach weitergeht, bleibt spannend. Sicher ist aber bereits jetzt, dass die Bürgerinnen und Bürger am Thema Klimaschutz sehr interessiert sind und die Beteiligungsangebote gut angenommen haben.

Auch Moderator Michael Ilk zieht eine positive Bilanz: „Die Diskussionen waren offen, bisweilen sehr kritisch, aber immer von hoher Wertschätzung gegenüber Andersdenkenden geprägt. So bereitet Beteiligung nicht nur den Teilnehmenden Freude, auch wir als Moderatorenteam haben sehr gerne durch die Abende geführt.“


Steinbeis BürgerbeteiligungsReport

Das Steinbeis-Team hat 2023 die erste repräsentative Langzeitstudie zum Thema Bürgerbeteiligung bei Infrastrukturprojekten veröffentlicht. Der Steinbeis BürgerbeteiligungsReport 2023 untermauert mit Zahlen, was die Mitarbeiter des Steinbeis-Beratungszentrums in ihrer Praxis erleben: Die Bürgerinnen und Bürger nehmen Transformationsprozesse in ihrem Umfeld wahr und wollen Informations- und Beteiligungsangebote erhalten.

Der Report steht auf www.steinbeis-mediation.com zum kostenlosen Download bereit.

Kontakt

Prof. Dr. habil. Gernot Barth (Autor)
Steinbeis-Unternehmer
Steinbeis-Beratungszentrum Wirtschaftsmediation (Leipzig)
www.steinbeis-mediation.com

Professor für Konfliktmanagement und Mediation an der Fakultät für Business & Economics der Steinbeis Hochschule

Maria Victoria Metz (Autorin)
Projektmitarbeiterin
IKOME Dr. Barth GmbH & Co.KG (Leipzig)

Michael Ilk
Freier Moderator am Steinbeis-Beratungszentrum Wirtschaftsmediation

227254-08