Verbindet die jahrzehntelange gemeinsame Arbeit im Steinbeis-Verbund: Edmund Haupenthal (li.) und Michael Auer

„Was man gerne macht, ist keine Last“

So sieht eine gelungene Nachfolge aus: Im Gespräch mit Professor Edmund Haupenthal, Ursula Schulz und Hans-Jörg Bley

Dass der Name Programm ist, ist beim Steinbeis-Transferzentrum TOP wohl nicht zu hoch gegriffen: Seit 30 Jahren arbeitet das Team um Steinbeis-Unternehmer Professor Edmund Haupenthal mit kleinen und mittelständischen Unternehmen in Wachstums- und Krisensituationen zusammen und macht sie fit für Zukunftsthemen wie Globalisierung, Digitalisierung oder Industrie 4.0. Und das alles mit einem ganzheitlichen Blick auf Technologie, Organisation und Personal eines Kunden – kurz TOP. 30 Jahre und gleichzeitig die Stabübergabe der Unternehmensführung an das neue Führungsteam aus Ursula Schulz und Hans-Jörg Bley waren für die TRANSFER Anlass genug, dass sich das Team zum Gedankenaustausch mit Steinbeis-Vorstand Professor Dr. Michael Auer traf.

Das neue Leitungsteam steht in den Startlöchern: Hans-Jörg Bley und Ursula Schulz folgen zum Jahreswechsel auf Edmund Haupenthal.

 

Herr Professor Haupenthal, was heute Industrie 4.0 ist, war 1992 bei der Gründung des Steinbeis-Transferzentrums „CIM“, das Computer Integrated Manufacturing, das dem Zentrum den Namen gab. Schon damals hat sich gezeigt, dass das Erfolgsgeheimnis weniger die Technologien an sich sind, sondern die für die Anwendung erforderlichen Kompetenzen. Stand das im Fokus Ihrer damaligen Beratungsarbeit? Und wie hat sich dieser Fokus über die Jahre verändert?

Ich war in den Jahren vor Übernahme des Zentrums in Gottmadingen mehr als sieben Jahre unter anderem in CIM-Themen beratend tätig und hatte mich im Rahmen meiner Diplomarbeit bereits mit diesem Thema beschäftigt. Es hat mich zunächst sehr angespornt, diese Denkweise mit entsprechenden Konzepten bei Kunden eigenverantwortlich umsetzen zu können. Ich merkte aber bald, dass der Wunsch nach einer papier- und friktionslosen Ablauforganisation durch Vernetzung und zentrale Steuerung der betrieblichen Faktoren nicht so leicht umsetzbar ist. Sicherlich war es möglich, durch computergestützte Werkzeugmaschinen Rationalisierungspotenziale aufzuzeigen und damit den Produktionsprozess zu verändern, sie erzeugten dennoch keine „kontroll- und befehlsfreie Arbeit“. Ich musste erkennen, dass der Faktor Mensch darin eine wichtige Rolle spielt. In den folgenden Jahren habe ich mich daher zunehmend auf Themen der Aufbau- und Ablauforganisation konzentriert und mich mit den Menschen beschäftigt. Wir haben einen individuellen Unternehmens-Check entwickelt und diesen als Produkt in erster Linie über Multiplikatoren – insbesondere Kreditinstitute und Steuerberater – angeboten.

Etwa zur selben Zeit änderte sich der Name des Steinbeis-Transferzentrums in „TOP“. Seinerzeit waren viele Kreditsachbearbeiter durch die Rating-Forderungen durch Basel I und II überfordert. Wir haben dazu beigetragen Unternehmen zu analysieren, Hinweise zum Rating beizusteuern und konnten wichtige Impulse für eine positive Unternehmensentwicklung setzen. Neben der persönlichen Leistungsentwicklung war es aber auch stets ein Anliegen, alle Themen aus den Bereichen Technologie, Organisation und Personal durch weitere Projektleiter abzubilden. Diese Themen ergaben sich quasi „automatisch“ durch die vollständige Betrachtung der Unternehmen im Rahmen des Unternehmens-Checks.

Diese Entwicklung der Leistungen führte gleichzeitig immer stärker in Themen der Unternehmenssanierung hinein. Damit waren auch die weiteren Schritte vorbestimmt: Die damit zusammenhängenden Leistungen wie Budgetierungen, Liquiditätsplanungen, Gutachten nach IDW S6, neue Finanzierungswege durch Beteiligungen sowie die Suche nach Investoren folgten zeitnah. Der Schritt hin zu meinem zwischenzeitlichen persönlichen Hauptleistungsfeld der Unternehmensnachfolge war damit vorgezeichnet.

Frau Schulz, Herr Bley, Sie übernehmen zum Jahreswechsel die Unternehmensführung von Professor Haupenthal. Im Vorgespräch haben Sie Ihren großen Respekt vor dem Nutzen, den Herr Haupenthal in seinem Netzwerk und bei seinen Kunden gestiftet hat, zum Ausdruck gebracht. Sie sind aktuell schon im Unternehmen aktiv und bringen Ihre eigenen Schwerpunkte ein. In welche Richtung wollen Sie das Steinbeis-Transferzentrum TOP nun in Ihrer unmittelbaren Verantwortung weiterentwickeln?

Wir haben uns vor sieben Jahren kennengelernt und arbeiten seither mit Edmund Haupenthal im Steinbeis-Transferzentrum TOP zusammen. Von Anbeginn war es ein fruchtbarer Austausch auf Augenhöhe, den wir geschätzt haben. Als selbstständiger Berater ist ein Sparring mit Beraterkollegen sehr wertvoll, um das Wertangebot für unsere mittelständischen Klienten weiterzuentwickeln. Die starke Marke Steinbeis und die Philosophie, die den Verbund prägt und treibt, tun das ihrige dazu. Aus diesem Grund sind die Beratung auf Augenhöhe und die regionale Zusammenarbeit im Team unsere zukünftigen Leitprinzipien. Das umfasst die Zusammenarbeit der Projektleiter untereinander genauso wie die Zusammenarbeit mit unseren Klienten. Unsere Projektleiter bringen umfangreiche Praxiserfahrungen mit. Das wertschätzen unsere Klienten ebenso, wie dass sie im Herzen Teamplayer sind. Dies zeigt sich auch in der zukünftigen Aufstellung der Leitung im Team. Für uns sind das die nachhaltigen Voraussetzungen für eine Begleitung der Mittelständler in der Region in diesen volatilen Zeiten.

Herr Professor Haupenthal, was hat Sie 1995 konkret gereizt, das Steinbeis-Unternehmen in Gottmadingen von Ihrem Vorgänger Walter Beck zu übernehmen? Was hat er Ihnen für Ihren Weg mitgegeben, das Sie auch Ihren Nachfolgern ans Herz legen möchten?

Ab dem Jahr 1994 war ich zunächst als Projektleiter aktiv. In meiner anfänglichen Zeit als Berater Edmund Haupenthal durfte ich bereits die Erfahrung sammeln, dass es nicht ganz einfach war Aufträge als Einzelberater zu generieren. Bei einer Kaltakquise hieß es zunächst immer „Schicken Sie uns doch mal Ihre Unterlagen zu, wir kommen dann auf Sie zu!“ Durch die starke Marke Steinbeis durfte ich als „Projektleiter der Steinbeis-Stiftung für Wirtschaftsförderung“ plötzlich völlig neue Erfahrungen in der Akquise sammeln. Da hieß es selbst bei einer Kaltakquise sofort „Wann haben Sie Zeit, mal zu uns zu kommen?“ Als Walter Beck den Entschluss fasste nach Stuttgart zu wechseln, war für mich klar: Dieses Transferzentrum will ich übernehmen – obwohl die zuvor in Gottmadingen angebotenen Produkte, insbesondere das St. Galler Managementseminar, mit Walter Beck nach Stuttgart wechseln würden und das Transferzentrum damit ohne Produkte dastand. Wie gesagt, ist dieser Umbau trotzdem sehr gut gelungen. Walter Beck danke ich auch heute noch von Herzen, dass er mir die Kompetenz zugetraut und das Vertrauen entgegengebracht hat, dass ich das Zentrum erfolgreich weiterführen werde. Ein wesentlicher Punkt, den er mir damals auf den Weg gegeben hat, war: Edmund, du brauchst Produkte! Das war der Anlass dafür, den Unternehmens-Check zu entwickeln.

Ich bin sehr froh, in Ursula Schulz und Hans-Jörg Bley zwei Nachfolger gefunden zu haben. Beide stellen mit ihren unterschiedlichen Themen einen unverzichtbaren Gewinn für die Entwicklung des Zentrums dar. Es würde mich sehr freuen, wenn Kunden wie Geschäftspartner den beiden das Vertrauen schenken würden, das mir in all den Jahren entgegengebracht wurde. Den Tipp von Walter Beck möchte ich übrigens auch meinen Nachfolgern gerne ans Herz legen: Entwickelt Produkte!

Herr Professor Auer, eine gut geplante Nachfolge ist wesentliche Voraussetzung für den naht- und problemlosen Übergang zur nächsten Generation an Führungskräften und insbesondere auch Unternehmerinnen und Unternehmern. Ein Verbund wie Steinbeis setzt auf Köpfe und verändert sich damit auch natürlicherweise mit diesen Köpfen. Können Sie am Beispiel des Steinbeis-Transferzentrums TOP zeigen, was die aus Ihrer Sicht wesentlichen Weiterentwicklungen des Verbunds im Vergleich zum Jahr 1992 sind?

Bei Steinbeis werden die Unternehmen seit Beginn der „Neuzeit“ der Steinbeis-Stiftung 1983 intern mit Nummern gekennzeichnet. Das Steinbeis-Transferzentrum TOP hat die Nummer 151, das in diesen Tagen zuletzt gegründete Unternehmen trägt die Nummer 2.470. Die Gesamtzahl aller zum Verbund gehörenden aktiven Unternehmen beträgt aktuell mehr als 1.100. Das zeigt: Der Verbund ist quantitativ wesentlich gewachsen, er hat sich dabei auch permanent erneuert.

Das Steinbeis-Transferzentrum CIM als Vorgänger des TOP gehörte bei der Gründung zu den ersten wenigen Unternehmen im Verbund, deren „Kopf“ nicht eine Professorin oder ein Professor im Rahmen einer unternehmerischen Nebentätigkeit, sondern ein beratender Steinbeis-Unternehmer in Vollzeit war. Diese damals neue Art von Steinbeis-Unternehmen, deren Weiterentwicklung unter anderem Edmund Haupenthal durch die konsequente Gestaltung seines übernommenen Unternehmens als „Beratungszentrum“ wesentlich beeinflusst hat, stellt heute eine der wichtigen Gruppen von Steinbeis-Unternehmen dar, die mit ihren spezifischen, diversen Kompetenzen das umfassende Problemlösungspotenzial und die Qualität des Steinbeis-Verbunds wesentlich mitprägen.

Edmund Haupenthal hatte es als Projektleiter erlebt: Die Steinbeis-Stiftung für Wirtschaftsförderung war in den Aufbaujahren zusammen mit Johann Löhn, dem Begründer der heutigen Steinbeis-Stiftung, der Imageträger und „Türöffner“. Sie hat inzwischen eine wichtige Rolle als Dach und Sinnstifter des Verbunds. Steinbeis wird heute im Wesentlichen jedoch durch seine Unternehmen mit ihren vielfältigen Kompetenzen und insbesondere auch durch seinen Vertrauensraum wahrgenommen. Damit verbunden sind prägende, leidenschaftliche Steinbeiser wie Edmund Haupenthal und zukünftig nun in ihren neuen Rollen auch sicherlich seine Nachfolger Ursula Schulz und Hans-Jörg Bley.

Die geglückte Nachfolge von Edmund Haupenthal auf Walter Beck war besonders und die erste in ihrer Art. Heute sind geglückte Unternehmernachfolgen, insbesondere von Generation zu Generation, auch bei Steinbeis ein wesentliches Element für eine gewisse, zur Wert- wie auch Werteerhaltung notwendige Kontinuität und eine solide Basis für die erforderliche Weiterentwicklung beziehungsweise Transformation der Unternehmen und von Steinbeis.

Herr Professor Haupenthal, Ihre Leidenschaft für die Beratungsarbeit bleibt dem Steinbeis-Team auch in den kommenden Jahren noch in einzelnen Projekten erhalten. Da bleibt trotz allem aber hoffentlich nun Zeit für all das, was in den zurückliegenden Berufsjahren zu kurz kam. Welche persönlichen Projekte stehen nun auf Ihrer Agenda an erster Stelle?

Ich kann zunächst bestätigen, dass die Beratungstätigkeit stets eine Leidenschaft war, die ich gerne gemacht habe. Und das, was man gerne macht, ist aus meiner Sicht keine Last. Dennoch muss ich im Rückblick erkennen, dass ich über viele Jahre hinweg mein Umfeld vernachlässigt habe. Ich habe eine Familie mit zwei wunderbaren Kindern und zwischenzeitlich drei Enkelkindern, die ebenso wie meine Freunde durch mein berufliches Engagement viele gemeinsame Stunden entbehren mussten. Ich möchte mich außerdem sportlich mehr engagieren, Golfen und Wandern sollen künftig stärker in den Fokus rücken und ich möchte mich außerdem in ferne Länder wagen, die ich bislang nur von Bildern her kenne.


Krisenberatung mit Herzblut

Man kann Edmund Haupenthal wohl zurecht als ein Urgestein in der Unternehmensentwicklung bezeichnen. Nach Abschluss seines Studiums an der Universität Karlsruhe zum Diplom-Wirtschaftsingenieur war der gebürtige Saarländer sowohl in Großunternehmen als auch in mittelständischen Unternehmen in der Unternehmensplanung sowie in CIM-Themen tätig, seit mehr als 30 Jahren berät und begleitet er selbstständig Unternehmen.

1995 übernahm er von Dr. Walter Beck die Leitung des Steinbeis-Transferzentrums (STZ) CIM in Gottmadingen, das heute als STZ-TOP in Ravensburg ansässig ist. Er ist zudem Geschäftsführer einer Beratungsgesellschaft für Unternehmensnachfolge und lehrt seit 1999 an den Hochschulen in St. Gallen und Ravensburg-Weingarten. Bei letzterer ist Edmund Haupenthal seit 2008 als Honorarprofessor aktiv.

Der Fokus von Edmund Haupenthals Arbeit liegt auf der ganzheitlichen Unternehmensentwicklung von Unternehmen. Zu dieser Begleitung gehört auch die Planung und Organisation von Unternehmensübergaben und -nachfolgen. Seine Expertise bringt er daneben seit vielen Jahren als Beirat und Aufsichtsrat in mittelständischen Unternehmen ein.

Kontakt

Prof. Edmund Haupenthal (Interviewpartner)
Steinbeis-Unternehmer
Steinbeis-Transferzentrum Technologie – Organisation – Personal (TOP) (Ravensburg)
www.stz-top.de

Ursula Schulz (Interviewpartnerin)
Steinbeis-Unternehmerin
Steinbeis-Transferzentrum Technologie – Organisation – Personal (TOP) (Ravensburg)
www.stz-top.de

Hans-Jörg Bley (Interviewpartner)
Steinbeis-Unternehmer
Steinbeis-Transferzentrum Technologie – Organisation – Personal (TOP) (Ravensburg)
www.stz-top.de

Prof. Dr. Michael Auer (Interviewpartner)
Vorstandsvorsitzender
Steinbeis-Stiftung (Stuttgart)

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