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COVID-Spitzenforschung in der Onkologie

Steinbeis-Team untersucht in Verbundprojekt den Verlauf von SARS-CoV-2-Infektionen bei onkologischen Patienten

Wie kann die onkologische Behandlung von an COVID-19 erkrankten Krebspatienten optimiert werden? Diese Frage stellt sich das COVID-Cancer Vision Projekt, das technologische Spitzenforschung und Entwicklung als auch immunologische Grundlagenforschung vereint. In dem Leuchtturmprojekt arbeiten zahlreiche Partner am gemeinsamen Ziel zusammen: Das Steinbeis-Transfer-Institut Klinische Hämatoonkologie, das Institut für Tierphysiologie und Immunologie der Technischen Universität München, das Fraunhofer-Institut für Optronik, Systemtechnik und Bildauswertung und das Fraunhofer-Institut für Zelltherapie und Immunologie kooperieren mit der bayerischen Bioinformatikfirma BioVariance und einem Verbund aus sieben onkologischen Tageskliniken (OnkoMedeor Gruppe) unter dem Dach des Cancer Centers Dachau.

Das Projektteam testete vom 15. bis 26. April alle Tumorpatienten der Tageskliniken auf eine Infektion mit SARS-CoV-2. Erstaunlich war, dass von den knapp 1.300 getesteten Krebspatienten lediglich 40 COVID-19-positiv waren und von diesen wiederum nur drei Patienten Symptome aufwiesen. 37 der 40 infizierten Patienten waren lediglich asymptomatische COVID-19-Träger, obwohl sich ein Großteil dieser Patienten unter laufender Chemotherapie befand. Bei allen asymptomatischen COVID-19-Trägern konnte die laufende Chemotherapie fortgeführt werden, ohne dass es zu unerwarteten Komplikationen kam.

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Um die Untersuchungen durchführen zu können, implementierten die Experten um Professor Dr. med. Dirk Hempel am Steinbeis-Transfer-Institut Klinische Hämatoonkologie innerhalb von zwei Wochen eine automatisierte Diagnostik-Straße: Sie besteht aus Extraktionsrobotern, die die COVID-19-Virus-RNA automatisiert aus den Abstrichproben extrahieren und den sogenannten Mastermix für die anschließende quantitative Echtzeit-Polymerase-Kettenreaktion (RT-qPCR) vorbereiten. Daneben wurden die Voraussetzungen für eine Single-Cell-Gen-Sequenzierung von Immunzellen geschaffen. Diese Technologien sind Voraussetzung für die Untersuchung der humoral und zellulär vermittelten Immunantwort bei SARS-CoV-2-Infektionen, mit der die Ursache für den nicht erwarteten Verlauf der Erkrankung bei Tumorpatienten näher untersucht werden soll. Hintergrund ist die Hypothese, dass durch die Chemotherapie ausgelöste Veränderungen in der humoralen und zellulär vermittelten Immunantwort ursächlich für den milden Infektionsverlauf bei Krebspatienten sein könnten.

Um die Versorgung von Krebspatienten bei einer eventuellen zweiten Pandemiewelle zu optimieren, ist es wichtig Biomarker zu identifizieren, die bei COVID-19-infizierten Krebspatienten den Verlauf der Erkrankung vorhersagen. Das Projektteam geht davon aus, dass die Entwicklung der Biomarker immunologisch basiert sein muss. Im Rahmen des Projektes sollen die humorale und die T-Zell-vermittelte Immunantwort bei COVID-19-positiven Krebspatienten im Laufe der Infektion untersucht werden. Hierzu werden die Anti-COVID-19-Immunglobulin M (IgM)- und Immunglobulin G (IgG)-Antikörper sowie die unterschiedlichen immunologisch relevanten zellulären Subklassen im Verlauf der Infektion untersucht.

Nach einer durchflusszytometrischen Zellsortierung werden die Immunzellen mit der Single-Cell-Gen-Sequenzierung weiter charakterisiert. Diese Methode wird im Rahmen des Projektes als Spitzentechnologie entwickelt und steht später auch für andere Anwendungsbereiche, wie beispielsweise die Krebsforschung, zur Verfügung (Präzisionsonkologie). Die bei den Untersuchungen anfallenden enormen Datenmengen analysieren die beteiligten Projektpartner mit maschinenlernfähigen Bioinformatik-Algorithmen auf immunologische Signaturen hin, die als prädiktive Biomarker für den Infektionsverlauf dienen können. Hierzu werden die epidemiologischen sowie klinischen Daten mit den immunologischen Profilen der Tumorpatienten abgeglichen und entsprechend bioinformatisch ausgewertet.