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Die Ruhe vor dem Sturm

Mergers & Acquisitions bieten gerade jetzt attraktive Möglichkeiten

Die Corona-Pandemie hat die gesamte Weltwirtschaft in eine substanzielle Krise gestürzt. Bereits jetzt sind die Folgen für viele Unternehmen in Deutschland deutlich spürbar und es droht für das laufende Jahr ein massiver Konjunktureinbruch. Zwar bleiben auch laufende Mergers & Acquisitions (M&A)-Aktivitäten davon nicht verschont, aus der aktuellen Krise können sich aber auch Chancen für den M&A-Markt ergeben. Wie potenzielle Käufer davon profitieren können und was sie dabei berücksichtigen sollten, darüber berichten Ulrich Praßler, Daniel Möhrke, Georg Steimel und Martin G. Schmitt, Steinbeis-Experten der Steinbeis Consulting Mergers & Acquisitions GmbH.

Als Folge des Mitte März verhängten Shutdowns sind die Verkaufs- und Umsatzzahlen deutscher Unternehmen auf breiter Front massiv eingebrochen, so dass die Profitabilität der meisten Unternehmen bis auf wenige Ausnahmen branchenübergreifend einbrechen wird. Selbst die in Deutschland in kürzester Zeit aufgelegten staatlichen Unterstützungsprogramme in dreistelliger Milliardenhöhe können die Folgen bestenfalls abmildern, niemals jedoch dauerhaft kompensieren, sodass in Kürze auch Personalentlassungen und Einstellungsstopps zu erwarten sind. Drängendstes Problem für die meisten Unternehmen sind Liquiditätsengpässe und Finanzierungsschwierigkeiten mit teilweise existenzbedrohenden Folgen. Neben der Inanspruchnahme der staatlichen Unterstützungsprogramme sollten Unternehmen daher weitere Möglichkeiten nutzen, um ihre kurz- und mittelfristigen Liquiditätsbedarfe zu decken. Da auch auf Bankenseite die Angst umgeht, ihre bislang als sicher angesehenen Mittelstandskredite könnten im größeren Umfang ausfallen, reagieren viele Banker zurzeit extrem nervös, wenn es um Neuengagements oder Überbrückungsfinanzierungen geht. Kurzfristige Krisenabwehr und schnelles und professionelles Umsteuern sind daher aktuell die Kernaufgaben der Unternehmen.

Alternative Finanzierungsmöglichkeiten

Aufgrund der Vehemenz der Finanzierungsschwierigkeiten empfiehlt es sich, neben vielen bewährten Instrumenten zur Liquiditätssicherung auch alternative Finanzierungspfade zu beschreiten. Ein in dieser Form neues Instrument sind die jüngst verabschiedeten staatlichen Finanzierungshilfen, von denen viele kurzfristig abrufbar und meist auch sehr schnell verfügbar sind. Neben Soforthilfen für kleine Unternehmen und einem Wirtschaftsstabilisierungsfonds für große Unternehmen (mindestens 250 Mitarbeiter und mehr als 50 Mio. Euro Jahresumsatz oder 43 Mio. Euro Bilanzsumme) besteht ein KfW-Sofortprogramm, das eine staatliche Risikoübernahme von bis zu 90% vorsieht. Darüber hinaus werden auch KfW-Schnellkredite für mittelständische Unternehmen mit einer staatlichen Risikoübernahme von bis zu 100% zur Verfügung gestellt. Hinzu kommen noch ergänzende Förderprogramme der jeweiligen Bundesländer. Eine der Grundvoraussetzungen aller staatlichen Unterstützungsmaßnahmen ist jedoch, dass die Finanzierungsprobleme der Unternehmen ausschließlich Folge der durch die Corona-Pandemie ausgelösten Krise sind. Sind auch andere Ursachen Auslöser, kann dies zu einem Ausschluss der staatlichen Fördermaßnahmen führen. Aus diesem Grund ist es für Unternehmen sehr wichtig, die Krisenursachen explizit und nachvollziehbar zu dokumentieren. Diese Dokumentation ist sowohl für den laufenden Antragsprozess als auch für eine spätere Überprüfung, zum Beispiel im Rahmen einer Betriebsprüfung, von essenzieller Bedeutung. Ein weiterer wichtiger Pfad sind alternative Finanzierungsinstrumente, die im Vergleich zur klassischen Bankenfinanzierung den Vorteil besitzen, schnell verfügbar zu sein und zu einem kurzfristigen Liquiditätszufluss zu führen. Hierzu zählen beispielsweise das Factoring (Verkauf von Forderungen an ein Factoring-Institut) oder das Finetrading (Vorfinanzierung von Waren durch einen Finetrader, der die verhandelten Bestellungen des Unternehmens vorfinanziert). Aufgrund erwarteter Kapazitätsengpässe bei der Bewilligung der staatlichen Hilfen und der momentan deutlich zu spürenden Zurückhaltung der Banken in Bezug auf neue Kredite, ist es für Unternehmen in jedem Fall empfehlenswert, möglichst viele Finanzierungsmöglichkeiten parallel in Betracht zu ziehen.

Attraktive Zukaufoptionen

Obwohl laufende oder demnächst anstehende M&A-Prozesse durch die Krise erheblich betroffen sind, ergeben sich im Gegenzug auch strategische Chancen zum Erwerb von Unternehmen, die im Kern gesund, aber unter Umständen aufgrund akuter Liquiditätsengpässe angeschlagen sind. In diesen Fällen bieten sich häufig günstige Einstiegsmöglichkeiten zu deutlich attraktiveren Konditionen als sie noch vor wenigen Wochen gegolten hätten. Solche Zukäufe eröffnen die seltene Chance, Produkte, Technologien, Fertigungs-Know-how und -kapazitäten sowie Kunden- und Marktzugänge zu erlangen, die ansonsten verschlossen oder nur zu deutlich höheren Preisen zu erwerben gewesen wären. Ein professionelles Screening des Marktes nach „Opportunities“, begleitet durch eine diskrete Kontaktaufnahme und den Abgleich der wechselseitigen Interessenlage, auch vor dem Hintergrund der aktuellen Bewertungsentwicklungen, gewinnt für strategische Käufer in Krisenzeiten daher an Bedeutung. Auch Private-Equity-Unternehmen werden „ihre“ Zielunternehmen genau beobachten und attraktive Zukäufe („Add-Ons“) tätigen. Dabei lassen sich Analogien zur Finanzkrise 2009 ziehen, in denen M&A-Aktivitäten zunächst rückläufig waren, dann aber auf breiter Basis nachhaltig zugenommen haben. Gleichwohl ist sowohl bei der Käufergruppe der Strategen als auch bei den Private-Equity-Unternehmen davon auszugehen, dass potenzielle Zielunternehmen auf die langfristigen Folgen der momentanen wirtschaftlichen Krise hin genau untersucht werden und die Vertragsgestaltungen entsprechend käuferzentriert ausgestaltet werden (zum Beispiel verstärkt Earn-outs oder verschärfte Material-Adverse-Change-Regeln).

Opportunitäten aus der Insolvenz

Auch im Rahmen von Insolvenzverfahren bieten sich für solvente Käufer vielfach gute Gelegenheiten zum Zukauf. Hauptvoraussetzung hierfür ist, dass das Zielunternehmen in jedem Fall über einen gesunden Kern verfügt und nur durch einen unvorhersehbaren exogenen Schock (zum Beispiel durch das krisenbedingte Wegbrechen der Umsatzerlöse und damit der Liquidität) in die Insolvenz geraten ist. Das Insolvenzverfahren bietet aus Käufersicht interessante Erwerbskonstellationen und Gestaltungsmöglichkeiten, die außerhalb des Insolvenzverfahrens in aller Regel so nicht bestünden. Beispiele hierfür sind unter anderem die vorzeitige Beendigung ungünstiger Vertragsverpflichtungen (zum Beispiel teure Miet-/Leasingverträge) und Personalanpassungen. Darüber hinaus ist der Erwerbsprozess im Rahmen eines Insolvenzverfahrens in der Regel weniger komplex und daher auch meist deutlich schneller und weniger kostenintensiv.

Strategische Transformation

Die aktuelle Krise stellt mittelständische Unternehmen vor vielfältige Herausforderungen und das nicht nur bei der kurzfristigen Krisenabwehr. Auch übergeordnete, strategische Fragestellungen sollten in die aktuelle Überprüfung mit einbezogen werden. Hierzu zählt auch die Überprüfung aller Geschäftsbereiche, um festzustellen, welche Bereiche langfristig zum Kerngeschäft gehören sollen und welche eher Randaktivitäten darstellen, die die geforderten Wertbeiträge nicht erwirtschaften können (sogenannte Non-Core-Aktivitäten). Diese Analyse ermöglicht es, Desinvestitionsentscheidungen vorzubereiten und durch (Teil-)Verkäufe zusätzliche Liquidität zur Krisenabwehr und Zukunftssicherung zu generieren.

Ob ein Unternehmen für die Zukunft optimal aufgestellt ist, entscheidet sich auch im Umgang mit den aktuellen Megatrends Digitalisierung, Globalisierung, Big Data und KI. Nicht zuletzt von diesen Themen hängt ab, ob Wachstumsziele erreicht und der Fortbestand eines Unternehmens abgesichert werden kann. Erscheint dies aus eigener Kraft nicht möglich, kann auch die Suche nach einem finanzstarken Partner als Handlungsoption sinnvoll sein. Hier gilt die Devise „Fit for Transaction“ und sich als Unternehmen aktiv nach geeigneten Partnern umzuschauen.

Egal ob mit oder ohne Krise, die Nachfolgeproblematik im deutschen Mittelstand bleibt nach wie vor ein Dauerthema. Möglich, dass die jetzige Krise neue Lösungen begünstigt, die bislang „undenkbar“ erschienen. Daher sollten auch hier Fragen neu gestellt und nach unternehmensspezifischen Antworten gesucht werden. Die Klärung der persönlichen Interessenslagen der Gesellschafter (Risikodiversifikation, Kapitalabsicherung) und die Überprüfung der gesellschafts- und steuerrechtlichen Strukturen markieren dabei den Einstieg in die Überlegungen. Besteht an dieser Stelle Konsens zwischen allen Beteiligten und wird das Unternehmen die aktuelle Krise voraussichtlich gut bewältigen können, wird auch hier die Suche nach einem geeigneten Käufer sinnvoll sein.

Es gilt also eine Vielzahl an Themen zu adressieren und zu überprüfen, um gestärkt aus der aktuellen Krise hervorzugehen. Partner und Experten der Steinbeis Consulting Mergers & Acquisitions GmbH unterstützen Unternehmen mit ihren Erfahrungen als Berater und Unternehmer bei der (Krisen-)Bewältigung und der Transformation ihres Unternehmens. Als zertifizierte BAFA-Berater bieten sie einen kostenfreien Workshop (Analyse, Bestandsaufnahme) an, der Denkanstöße und Handlungsempfehlungen bietet.

Kontakt

Ulrich Praßler (Autor)
Partner
Steinbeis Consulting Mergers & Acquisitions GmbH
www.steinbeis-finance.de/

Daniel Möhrke (Autor)
Partner
Steinbeis Consulting Mergers & Acquisitions GmbH
www.steinbeis-finance.de/

Georg Steimel (Autor)
Partner
Steinbeis Consulting Mergers & Acquisitions GmbH
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Martin G. Schmitt (Autor)
Managing Partner
Steinbeis Consulting Mergers & Acquisitions GmbH
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