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Digitales Lernen: Wenn nicht jetzt, wann dann?

Steinbeis-Team gibt Tipps für die Entwicklung von Online-Formaten

Aktuell verändert sich viel. Und endlich findet der eine oder andere die Zeit und verspürt sicher auch die besondere Notwendigkeit, digitale Lernangebote zu nutzen oder sie selbst zu konzipieren. Aber wo fängt man damit an? Diese Frage haben sich Steinbeis-Experten am Steinbeis-Transfer-Institut Institute for Digital Learning & Leadership gestellt und unterstützen bei der Umsetzung virtueller Formate und Angebote.

Lernen und Arbeiten wächst immer mehr zusammen. Die Lerninhalte müssen im „Moment of Need“ bedarfsgerecht zur Verfügung stehen. Digitale Bildung wird somit zum strategischen Erfolgsfaktor. Der Einsatz von digitalen Medien im Lernkontext ist für viele bereits gelebte Praxis und für genauso viele ein ganz neues Feld. Das zeigt, dass der Einsatz von E-Learning noch viel Potenzial hat.

Die digitalen Möglichkeiten in der Bildung sind vielfältig: Sie reichen von eindimensionalen Web Based Trainings (WBT) bis hin zu dreidimensionalen Lernwelten, von Live-Online-Seminaren bis hin zum KI-gestützten Lern-Buddy in Form eines Roboters. Aber: E-Learning ist kein (rein) technisches Thema. Vielmehr erfolgt die Umsetzung von E-Learning-Projekten interdisziplinär und die Projektmanager müssen mit den vier wesentlichen Dimensionen vertraut sein: Didaktik, Technologie, Design und Management. Das Team am Steinbeis-Transfer-Institut hat sechs wichtige, ganz praktische Tipps aus diesen vier Dimensionen zusammengestellt.

Tipp Nr. 1: Erst das Konzept – dann die Technik

Auch wenn Sie vielleicht eine schnelle Lösung parat haben müssen, da Sie zum Beispiel kurzfristig eine Vorlesung online anbieten wollen, nehmen Sie sich die Zeit, Ihren Bedarf an die Software zu definieren. Folgendes Vorgehen hat sich dabei in der Praxis bewährt: Erheben Sie zunächst sorgfältig den Bildungsbedarf Ihrer Zielgruppe. Welche Lerninhalte sind gefordert, welche Lernziele werden verfolgt? Wie wollen Sie methodisch-didaktisch vorgehen, um die angestrebten Lernziele erreichen zu können? Die Anforderungen, die Sie daraus ableiten, sind eine wichtige Basis für die später folgende Auswahl der Technologie. Als zweiten Schritt schauen Sie, was Sie in Ihrer Organisation leisten können, um digitale Lernangebote umsetzen zu können und welche Haltung und welchen Klärungsbedarf Ihre Stakeholder haben. Erst dann machen Sie sich Gedanken, welche technologischen Anforderungen aus den vorhergehenden Überlegungen abgeleitet werden können.

Tipp Nr. 2: Gesamtkonzept entwickeln

Digitales Lernen umfasst ein umfangreiches Angebot an Lernformen. Wenn Sie ein neues Lerndesign für Ihre Vorlesung oder Ihr Training entwickeln, sollten Sie nicht nur einzelne Elemente planen. Vielmehr ist es wichtig, ein ganzheitliches Konzept – ein ausgewogenes Blended Learning-Konzept – zu entwickeln, das zielführend aufgebaut ist. Nutzen Sie die Vielfalt an Lernformen. Dazu ist es notwendig, sich vollständig von der bisherigen Art der Wissensvermittlung zu lösen und ganz neu zu entscheiden, wie der Lerninhalt in welcher Lernform am besten dem Lernenden zur Verfügung gestellt wird. Die größte Herausforderung ist dabei, sich von dem Gewohnten zu lösen und „Lerninhalte vermitteln“ ganz neu zu denken. Darüber hinaus stellt sich die Frage, wie Sie das Lernmaterial zur Verfügung stellen wollen. Es gibt ein großes Angebot an Lernmanagement-Systemen, MOOC (Massive Open Online Course)-Portalen für große Teilnehmerzahlen oder Learning Experience-Plattformen. Diese helfen Ihnen Lernangebote und Lernende zu managen. Allerdings muss es nicht immer notwendig sein, in diese teilweise sehr mächtigen und teuren Systeme zu investieren. Suchen Sie eine pragmatische Lösung.

Tipp Nr. 3: Wann eignet sich welche Lernform

Hier nur eine kleine Auswahl an Lernformen, die aber wahrscheinlich am ehesten zum Einsatz kommen: Dem Präsenzlernen kommt sicher der virtuelle Klassenraum (Virtual Classroom, VC) am nächsten, der gerne auch als Webinar bezeichnet wird (was eigentlich nicht ganz korrekt ist). Diese Lernform eignet sich für Inhalte, die sich schnell ändern und wo der persönliche Austausch mit dem Dozenten und den Lernenden wichtig ist. Web Based Trainings (WBT) dagegen sind sinnvoll, wenn die Inhalte sich für einen längeren Zeitraum von zum Beispiel ein bis zwei Jahren wenig ändern und die Lernenden den Stoff selbstständig erarbeiten können. Wichtig ist, den Lernstoff interaktiv aufzubereiten und Möglichkeiten zum selbstgesteuerten Üben zu geben. Bei der Produktion von Videos – seien es beispielsweise E-Lectures (aufgezeichnete Vorträge) oder Erklärvideos – sollte man sich auf die wesentlichen Aussagen konzentrieren. Die Dauer einer Sequenz sollte drei bis sechs Minuten nicht übersteigen. Videos dürfen auch gerne nach „hands on“ aussehen. Das digitale kollaborative Lernen (Social Learning) nutzt nicht nur die Schwarmintelligenz, sondern fördert auch den Aufbau von Problemlösungskompetenz. Hier müssen Rollen, Rechte und Ziele geklärt werden. Die Organisation des Arbeits- und Lernprozesses wird den Lernenden überlassen.

Tipp Nr. 4: Eins zu Eins funktioniert nicht

E-Learning hat seine eigenen Gesetze. Inhalte, die man bisher für reine Präsenzlehre genutzt hat, können nicht ohne Weiteres eins zu eins für digitale Lernformen eingesetzt werden. Daher ist es notwendig, für die verschiedenen Lernformen den Inhalt neu aufzubereiten. Das gilt beispielsweise für den virtuellen Klassenraum. Vorlesungs- beziehungsweise Trainingsunterlagen müssen für eine Live-Online-Session überarbeitet werden. Reine „Frontalbeschallung“ ist sowohl für den Vortragenden als auch für die Zuhörer anstrengend und wenig zielführend. Vielmehr sollten die Lernenden durch Interaktionen in die Online-Session mit einbezogen werden. So erhält der Vortragende eine Rückmeldung, ob die Lernenden auch aktiv dabei sind. Neben der eigentlichen Präsentation sollte ein Ablaufplan erstellt werden, der die verschiedenen Aktionen und Aufgaben während der Live-Online-Session beschreibt und das Zeitmanagement unterstützt.

Tipp Nr. 5: Alle ins Boot holen

Die Einführung von digitalen Lernformen betrifft nicht nur den Lehrenden und die Lernenden. Auch andere Stakeholder sind davon betroffen oder nehmen da­rauf Einfluss, beispielsweise die Administration oder die IT. Wesentlich ist, alle frühzeitig in das Projekt mit einzubeziehen. Dabei ist nicht nur wichtig, deren Anforderungen an die Einführung und Durchführung von E-Learning zu erfassen, sondern auch mehr über die Haltung und Motivation gegenüber digitalen Lernformen zu erfahren. Mit der Einführung von E-Learning stoßen Sie einen Veränderungsprozess an, der sauber begleitet werden muss.

Tipp Nr. 6: Know-how aufbauen und teilen

Bevor Sie ein neues Lerndesign entwickeln und digitale Lernformen in ein Blended Learning-Konzept integrieren, bauen Sie entsprechendes Know-how auf – das spart oft Zeit und Geld. Nutzen Sie die Gelegenheit sich mit anderen auszutauschen und auf diese Weise voneinander zu lernen.


Das Steinbeis-Transfer-Institut Institute for Digital Learning & Leadership bietet folgende Zertifikatslehrgänge mit Abschlüssen der Steinbeis + Akademie im Advanced- und Basic-Bereich:

  • European E-Learning Manager (CAS): Hier erhalten Sie das Rüstzeug, E-Learning-Projekte von der Pike auf zu managen – für Einsteiger und Experten geeignet.
  • Digital Learning – Certificate bzw. Diploma of Advanced Studies (CAS bzw. DAS)
  • Digital Reality Trainer – Certificate of Basic Studies (CBS)
  • E-Learning Drehbuchautor/in – Certificate of Basic Studies (CBS)

Kontakt

Sünne Eichler (Autorin)
Steinbeis-Unternehmerin
Steinbeis-Transfer-Institut Institute for Digital Learning & Leadership (Lich)