© Testfeld Friedrichshafen

DIE VERNETZUNG IST ENTSCHEIDEND

Die Bodenseeregion auf dem Weg zum autonomen Fahren

Autonomes Fahren an sich ist nichts vollkommen Neues. In der Landwirtschaft, im Industriekontext auf Werksgeländen und in Häfen wird bereits autonom gefahren, auch Logistikzentren setzen zunehmend auf autonome Mobilität. Für den (individuellen) Realverkehr hingegen hat das autonome Fahren in Deutschland technisch, rechtlich und gesellschaftlich noch einen weiten Weg vor sich. Mit dem „Testfeld Friedrichshafen“, das die IWT Wirtschaft und Technik GmbH als Steinbeis-Unternehmen zusammen mit der Stadt Friedrichshafen und der ZF Friedrichshafen AG initiierte, begibt sich auch die Bodenseestadt auf den Weg, die Entwicklung hin zum autonomen Fahren im Realverkehr zu analysieren, zu begleiten und (weiter) zu entwickeln.

In Europa wie auch den USA wird auf dem Weg zum autonomen Fahren eine Klassifizierung in sechs Stufen vorgenommen: Sie reicht vom Fahrer, der das Fahrzeug selbst lenkt, über Fahrassistenz und Teilautomatisierung hin zur Vollautomatisierung, bei der schlussendlich kein Fahrer mehr nötig sein wird – in Deutschland ist das Fahren aktuell bis Level 2 gesetzlich erlaubt (teilautomatisiert). Der Weg zur Vollautomatisierung bedarf vieler Ausbaustufen mit umfassender Erprobung und Simulation und muss dabei auch künftige Mobilitätskonzepte, Nutzerbedarfe und deren Akzeptanz berücksichtigen.

BODENSEEREGION SCHREIBT MOBILITÄTSGESCHICHTE

Als Mobilitätsstadt ist Friedrichshafen für das Testen und Umsetzen des autonomen Fahrens prädestiniert: Seit dem Aufstieg des ersten Zeppelin-Luftschiffs in Friedrichshafen beschäftigen sich Unternehmen am Bodensee schwerpunktmäßig mit Mobilitätsthemen. Die Bodenseeregion beherbergt die gesamte Lieferkette der mit der Mobilität verbundenen Branchen der Luftfahrt- und Automobilindustrie, bis heute hat die Mobilitätsindustrie eine hohe Bedeutung. Die IWT Wirtschaft und Technik GmbH ist Teil des Steinbeis-Verbunds und beschäftigt sich im Rahmen des „Testfelds Friedrichshafen“ mit der Vernetzung der im Umfeld von Mobilität agierenden Unternehmen und von weiteren Akteuren der Region und trägt damit zur Innovationskraft für die Region Bodensee- Oberschwaben bei.

Jede Mobilitätsveränderung bringt nicht nur tiefgreifende Veränderungen von Technologien, Infrastrukturen und Kontexten hervor, sondern bedeutet einen ebenso grundlegenden Wandel für Kultur und Gesellschaft, so dass auch der Bedarf an neuen Mobilitätskonzepten steigt. Veränderungen in der Mobilität sind also kein neues Phänomen. Seit einigen Jahren verändert sich die Branche aber radikal: Der Wandel wird deutlich in Fragen des Umwelt- und Klimaschutzes und der Einsparung von Kraftstoff, Emissionen, Kosten und Zeit, gleichzeitig steigen aber Mobilitätsbedarfe und -bedürfnisse. Mobilität soll für jeden zu Autonomes Fahren an sich ist nichts vollkommen Neues. In der Landwirtschaft, im Industriekontext auf Werksgeländen und in Häfen wird bereits autonom gefahren, auch Logistikzentren setzen zunehmend auf autonome Mobilität. Für den (individuellen) Realverkehr hingegen hat das autonome Fahren in Deutschland technisch, rechtlich und gesellschaftlich noch einen weiten Weg vor sich. Mit dem „Testfeld Friedrichshafen“, das die IWT Wirtschaft und Technik GmbH als Steinbeis-Unternehmen zusammen mit der Stadt Friedrichshafen und der ZF Friedrichshafen AG initiierte, begibt sich auch die Bodenseestadt auf den Weg, die Entwicklung hin zum autonomen Fahren im Realverkehr zu analysieren, zu begleiten und (weiter) zu entwickeln. jeder Zeit sicher möglich sein. Dies bringt neue Verkehrskonzepte (interund multimodaler Verkehr, „letzte Meile“, Carsharing, Carpooling etc.) mit sich. Die zunehmende Konnektivität, die allumfassende und tiefgreifende Vernetzung zwischen Menschen, zwischen Technologien und Infrastrukturen spielt dabei eine wesentliche Rolle. Diese Veränderungen stellen auch Unternehmen in der Bodenseeregion vor neue Herausforderungen – bringen aber auch Chancen. Ihnen begegnet die IWT unter der Klammer „Mobilität der Zukunft“ in verschiedenen Projekten, Vorhaben und Maßnahmen, auch im offenen Labor „Testfeld für automatisiertes und vernetztes Fahren“, kurz: Testfeld Friedrichshafen.

TESTFELD FRIEDRICHSHAFEN: VERNETZT UND AUTOMATISIERT IM REALVERKEHR

Beim Testfeld Friedrichshafen handelt es sich um ein „digitales Testfeld für vernetztes und automatisiertes Fahren im Realverkehr“, das seit 2018 auch vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur als solches gelistet ist. Das Testfeld umfasst eine innerstädtische Bundesstraße, weite Teile der Innenstadt von Friedrichshafen sowie die Fußgängerzone. Eine Erweiterung als Anbindung an das Zukunftsquartier am Campus Fallenbrunnen mit der IWT, der Dualen Hochschule Baden- Württemberg (DHBW) und der Zeppelin Universität ist bereits im Gemeinderat verabschiedet.

Die 5,5 Kilometer lange Strecke verläuft durch die Innenstadt und ist an die Bundesstraße 31 angebunden. Die Route (siehe Titelbild) verläuft entlang diverser Industriestandorte (gelbe Strecke, Start 2018), durch die Innenstadt (blaue Strecke) mit Fußgängerzone (grüne Strecke) und führt zum Campus Fallenbrunnen (rote Strecke), dem Wissensquartier der Stadt Friedrichshafen. Dort sind verschiedene Hochschulen, Schulen und Innovationszentren ansässig, wie auch die IWT Wirtschaft und Technik GmbH. Damit beinhaltet die Strecke verschiedene Elemente und Aspekte, die für das Testen und Erproben im Realverkehr eine wesentliche Rolle spielen: unterschiedliche Geschwindigkeiten wie Schrittgeschwindigkeit, Fußgängerzone, Tempo 30, 50 und 80 km/h, Stadt- und Bundesstraße sowie einen Tunnel. Der Streckenabschnitt am Campus Fallenbrunnen ist zudem mit Testinfrastruktur der Dualen Hochschule Baden-Württemberg Ravensburg am Technikcampus Friedrichshafen ausgestattet und bietet damit Unternehmen, Hochschulen und Kommunen Möglichkeiten, neuartige Technologien nicht nur zu erproben, sondern auch auf kurzen Wegen zu entwickeln.

Aktuell sind Road Side Units (RSU) auf dem Testfeld Friedrichshafen in Betrieb und können für Testzwecke eingesetzt werden. Diese RSU an den Signalanlagen senden momentane und künftige Ampelphasen (SPaT-Nachricht) sowie eine digitale Straßentopologie (MAP-Nachricht) und sind ebenso Gegenstand der Erforschung und Erprobung wie die Erweiterung ETSI ITS-G5 mit individuellen Übertragungsansätzen. Die DHBW Ravensburg am Technikcampus Friedrichshafen verfügt zudem über ein Fahrzeuglabor mit eigener Road Side Unit und OnBoard Unit (OBU), die für den Verkehr im vernetzten Fahren in der Fahrzeugkommunikation eine wichtige Rolle für den Informationsaustausch spielen und für die Entwicklung neuer Ideen, Innovationen und zur Erprobung in gemeinsamen Projekten mit Studierenden und Professoren der DHBW genutzt werden. Aktuell wird ein Demonstrator für OnBoard Units in ein Fahrzeug der DHBW integriert, das als erster Anwendungsfall RSU-Signale auf dem Testfeld Friedrichshafen empfängt. Darüber hinaus ist die Darstellung der Informationen und Signale über ein Display vorgesehen.

Vernetztes und automatisiertes Fahren (V2X), schematische Darstellung. Quelle: eigene Darstellung

MEHRWERT IN DER ZUSAMMENARBEIT

Die Komplexität des autonomen Fahrens der Zukunft – und damit aktuell des Testfelds – liegt in der Menge der Schnittstellen zwischen den einzelnen Systemen, Geräten und Akteuren. Es handelt sich um ein „System of Systems“, das eine enge Abstimmung und korrekte Verknüpfung der einzelnen Knoten im Netzwerk voraussetzt. Mobilitätsteilnehmer und Infrastrukturen sind bereits vernetzt und so stehen auch die Fahrzeuge untereinander und mit der Infrastruktur zusehends im permanenten Daten- und Informationsaustausch. Es geht dabei nicht nur darum, dass künftig Fahrzeuge automatisiert fahren, sondern um die Herausforderung wichtige, relevante und reliable bis hin zu authentifizierte Daten bereitzustellen und auszutauschen.

In der praktischen Umsetzung der Projekte setzt die IWT auf branchen- und disziplinenübergreifende themenoffene Zusammenarbeit mit unterschiedlichen Akteuren von KMU, Großunternehmen, Hochschulen und anderen interessierten Stakeholdern. Mit Blick auf technische (Weiter-)Entwicklungen und Innovationen stehen die Erprobung, Erforschung und/oder Konzeption der Kommunikation von Fahrzeugen untereinander sowie mit der Infrastruktur im Vordergrund.

Bei der weiteren Themenfindung spielt auch der regelmäßig stattfindende Arbeitskreis „Vernetztes Fahren“ eine wesentliche Rolle, zu dem interessierte regionale und überregionale Unternehmen, Forscher, Entwickler und Wissenschaftler zur Beteiligung eingeladen sind. Im Fokus steht aktuell die Kommunikation zwischen Fahrzeugen untereinander sowie zu Infrastruktur („Vehicle-to-X“, V2X). Fragen und Themen, die in den Arbeitskreisen besprochen und in Folge in Form von Projekten, Anwendungen und/oder konkreten Anwendungsfällen behandelt werden (können), betreffen etwa allgemein den Bereich der Weiterentwicklung der intelligenten Infrastruktur (IoT, IoE), Testleitstände, digitale Anwendungen zur Verbesserung des Verkehrssystems, die Entwicklung neuer Mobilitätsangebote, -konzepte und -dienstleistungen, die Erprobung und Entwicklung neuartiger Technologien, branchenübergreifende Kooperationen zu Mobilitätsthemen sowie Fragen der Nutzerbedarfe und Nutzerakzeptanz. Datenmodelle und Big Data Analysen auf Basis unterschiedlicher Datensätze und deren Verknüpfung sind genauso möglicher Gegenstand der Forschung wie konkrete technische Weiterentwicklungen von Sensoren, Aktoren und Mikroprozessoren. Auch der Transfer etablierter zukunftsfähiger Technologien, wie künstliche Intelligenz, Maschinenlernen, augmentierte und virtuelle Realität, sicherer und authentifizierter Datenaustausch, in den Mobilitätskontext spielt dabei eine Rolle.

Das Testfeld Friedrichshafen ist explizit ein offenes Vorhaben und dadurch für alle Unternehmen, Hochschulen und Kommunen zugänglich. Damit bietet es Zugangsmöglichkeiten zum Testen, Simulieren und Zusammenarbeiten insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen. Der offene Austausch und der Technologietransfer zwischen Hochschulen, Unternehmen, Industrie und Kommunen ist entscheidend für Innovationen, die eines Tages zu unserem Mobilitätsalltag gehören werden.


Interessierte Unternehmen und Hochschulen sind eingeladen sich zu beteiligen. Mehr Informationen dazu finden Sie unter testfeld-friedrichshafen.de

Kontakt

Celina Herbers (Autorin)
Projektleitung #bodenseeinnovativ
IWT Wirtschaft und Technik GmbH (Friedrichshafen)

David Pietsch (Autor)
Innovationsmanager Mobilität
IWT Wirtschaft und Technik GmbH (Friedrichshafen)

www.iwt-bodensee.de