PREPARING FOR LEADERSHIP: VOM KLOSTER ZUR ACHTSAMEN FÜHRUNGSKRAFT

Dr. Andreas Dürr, Alumnus der Steinbeis-Hochschule, spricht über Führungsverantwortung

„Man muss die Balance finden zwischen dem‚ Dasein als Kumpel‘ und dem ‚auch mal auf den Tisch hauen können‘“ – das sagt Dr. Andreas Dürr, Alumnus der Steinbeis-Hochschule und Head of Connected Vehicle Solutions der Daimler Mobility AG. Im Frühsommer war er zu Gast bei der School of International Business and Entrepreneurship (SIBE) und brachte mehr als 60 Teilnehmern näher, was aus seiner Sicht guten Führungsstil ausmacht.

Andreas Dürr zeigte vor allem, wie man sich auf eine Position mit Führungsverantwortung vorbereiten kann, und hält dabei fünf Bausteine für essentiell. Angefangen beim Charakter, also der Überlegung, wer man als Führungskraft sein möchte, beschreibt er vier Rollen, die eine (angehende) Führungskraft innehaben sollte: die des Kommunikators, des Facilitators, des Sinnstifters und des Coaches.

„Führung startet bei einem selbst“, davon ist Andreas Dürr überzeugt. Er verbrachte einige Zeit im Kloster, meditierte über die eigene innere Haltung und besuchte Seminare zum Thema Führung – sie beeinflussen seinen Führungsstil noch heute, der an die benediktinischen Werte angelehnt ist: Disziplin, Dankbarkeit und Demut. Über diese Werte kann eine Führungskraft ihren Mitarbeitern ein positives Umfeld bieten. Einer der wichtigsten Faktoren im Arbeitsalltag, denn „der geilste Job mit schlechtem Umfeld macht nicht glücklich“, so der SIBE-Alumnus.

Andreas Dürr schloss 2012 sein Studium an der Steinbeis-Hochschule ab und promovierte im Anschluss an der Technischen Universität Clausthal im Bereich Business Model Innovation. Er spricht heute von Leadership und nicht von Management. Manager organisieren, delegieren und haben häufig das Wort, während Leader fragen, getreu der Philosophie: Wissen spricht, Weisheit hört zu. Selbst als Kommunikator ist es nicht die Aufgabe einer Führungskraft selbst viel zu sagen, so Andreas Dürr. Der Fokus sollte eher darauf liegen, aktiv zuzuhören, Fragen zu stellen und für eine offene und gute Kommunikation zu sorgen. Andreas Dürr ist überzeugt, dass sich gute Kommunikation vor allem dadurch auszeichnet, dass sie klar strukturiert und nach Lösungen strebt. „Das, Wie man redet‘ ist extrem wichtig“, sagt er und bedient sich selbst im Hinblick auf die Kommunikation mit den eigenen Mitarbeitern der Philosophie von Fußballtrainer Jürgen Klopp: Hinterfrage im Umgang mit jedem „Wie möchte ich gerne behandelt werden?“

Um die Grundlage für eine offene Kommunikation zu schaffen, muss zunächst eine Verbindung zu den Menschen aufgebaut werden. Sie beginnt laut Dürr mit einem Acceptance Point, der häufig über das gemeinsame Interesse an einem Thema entsteht. In der Rolle als Facilitator sieht Andreas Dürr die Aufgabe einer Führungskraft darin einen Rahmen zu schaffen, in dem das eigene Team eine gute Arbeit leisten kann. Es geht darum, das Beste aus jedem einzelnen Mitarbeiter herauszuholen. Hierzu gehöre auch, eine Beziehungsebene zwischen den Mitarbeitern herzustellen, also Personen zusammenzubringen: „Denn wenn das Team sich wohlfühlt, entsteht Team Spirit“, so Andreas Dürr.

Aus diesem Grund ist es relevant als Führungskraft auch ein Coach für die Mitarbeiter zu sein. „Wieso sollte jemand euch folgen? Dafür gibt es mehrere mögliche Gründe: Weil sie müssen, weil sie euch mögen, weil ihr gute Leistung bringt, weil ihr sie unterstützt oder weil sie sich mit dem identifizieren können, was ihr verkörpert“, sagt Dürr. Vor allem die letzten beiden Punkte sieht er als extrem relevant an. Teil eines positiven Umfeldes ist nämlich immer noch auch die Möglichkeit sich weiterzuentwickeln. Dies sollte eine Führungskraft den eigenen Mitarbeitern ermöglichen und sie dabei unterstützen. Jede Führungskraft sollte außerdem eine klare Vision und eine Mission haben, um dem eigenen Team klar zu machen, wofür sie arbeiten. Dr. Andreas Dürr sieht Führung als Dienstleistung, denn sie ist in gewissem Sinne ein Service für andere Menschen. „Führung ist nicht mit einer Position verbunden, sondern damit, welchen Einfluss ihr auf andere habt“, sagt der SIBE-Alumnus.

Eines der resonanzreichsten Themen der Diskussionsrunde im Anschluss war das Konfliktgespräch als Führungskraft. Auf die Frage, inwiefern eine Führungskraft mit schwierigen Mitarbeitern umgehen kann, gab Andreas Dürr den Rat, jedes Gespräch vorurteilsfrei zu führen. Das eigene Bild sollte nicht mit in das Meeting genommen, sondern stattdessen nach dem Prinzip der Allparteilichkeit gehandelt werden. Nur dann werden alle Perspektiven urteilsfrei miteinbezogen, um ein Bild von einer Situation zu modellieren.

Für jüngere Führungskräfte ist häufig der Umgang mit etablierten Mitarbeitern eine Herausforderung, Andreas Dürr empfiehlt hier, wie in jedem Umgang mit Mitarbeitern wertschätzend zu agieren und die Erfahrung der Personen anzuerkennen. Um nicht gleich ins kalte Wasser zu springen, ermuntert er junge ambitionierte Nachwuchskräfte auf die Größe des Teams zu achten, das sie bei der ersten Führungsposition verantworten. Die Führung kleiner Teams bietet den Vorteil, mit den Mitarbeitern persönliche Gespräche führen zu können. In diesen Gesprächen ist es möglich, die Mitarbeiter abzuholen und ihnen zu zeigen, was gemeinsam erreicht werden soll. So wird ein Commitment zur Erreichung der Ziele geschaffen und Mitarbeiter können unterstützt werden, sollten Probleme entstehen.

Kontakt

Nick Lange (Autor)
Steinbeis School of International Business and Entrepreneurship (Herrenberg)
www.steinbeis-sibe.de

Dr. Andreas Dürr
Connected Vehicle Solutions
Daimler Mobility AG (Stuttgart)