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MIT GUTEM GEWISSEN INVESTIEREN

Prof. Dr. Philipp Haberstock und Steffen Lohrer zeigen, dass ein Unternehmenskauf mit sozialer Rendite möglich ist

In einem im Oktober 2018 veröffentlichten Sonderbericht betonte der Weltklimarat die dringende Notwendigkeit, die Erderwärmung zu begrenzen. Dafür seien schnelle, weitreichende und nie dagewesene Veränderungen in allen Bereichen der Gesellschaft notwendig. Der eindringliche Appell reiht sich in eine Vielzahl von Expertenmeinungen ein, die einen ökologischen Kollaps in Aussicht stellen, sollte sich der Umgang mit unserem Planeten und seinen Ressourcen nicht zeitnah ändern. Dem Thema „Nachhaltigkeit“ sollte sich daher jeder Einzelne stellen: sowohl im Alltag als auch in den Bereichen, die auf den ersten Blick mit diesem Thema nichts gemein haben, wie Vermögensanlage und Mergers & Acquisitions (M&A)-Transaktionen. Wie das geht, erklären Prof. Dr. Philipp Haberstock und Steffen Lohrer von der Steinbeis Consulting Mergers & Acquisitions GmbH.

Die Steinbeis-Experten beraten mittelständische Unternehmen nicht nur bei Unternehmenskäufen und -verkäufen sondern auch bei einem Wachstumsthema von globaler Bedeutung: Social Impact Investing (zu Deutsch „wirkungsorientiertes Investieren“). Dahinter verbirgt sich die Strategie, mit der Kapitalanlage einen sozialen und ökologischen Nutzen zu stiften, ohne dabei auf eine attraktive Verzinsung verzichten zu müssen. So wird der Aspekt der Nachhaltigkeit bei Transaktionen im Unternehmensbereich zunehmend wichtiger und stellt einen entscheidenden Erfolgsfaktor bei wirkungsorientierten M&A-Transaktionen dar, die ökologische, ethische und soziale Ziele verfolgen und soziale Verantwortung in den Mittelpunkt stellen.

VERMÖGEN NACHHALTIG ANLEGEN

Eine der Grundlagen für das Social Impact Investing wurde 2015 auf der Generalversammlung der Vereinten Nationen gelegt. Damals einigten sich 193 Staaten auf 17 globale Ziele, die als Sustainable Development Goals eine Leitlinie für den Einsatz finanzieller Mittel für soziale und ökologische Zwecke bilden. Sie fordern beispielsweise die Bekämpfung von Armut und Klimawandel, eine bessere Trinkwasserversorgung und menschenwürdige Arbeitsverhältnisse. Als Standard nachhaltiger Vermögensanlagen hat sich der Begriff „ESG“ für drei nachhaltigkeitsbezogene Verantwortungsbereiche von Unternehmen etabliert:

 

Rahmenkonzept einer wirkungsorientierten M&A-Strategie

 

„Viele Investoren wollen heute mehr als nur Rendite, sie wollen auch etwas Positives für die Gesellschaft bewirken, also eine Rendite mit Wirkung beziehungsweise eine ‚soziale Rendite‘“, so Lothar Jakab, Leiter des Steinbeis-Beratungszentrums Impact Investing und Partner bei Steinbeis M&A. Auch Martin Schmitt, Geschäftsführer der Steinbeis Consulting Mergers & Acquisitions GmbH (Steinbeis M&A), stimmt dem zu: „Bei unseren Unternehmenskaufmandaten profitiert der nachhaltigkeitsorientierte Unternehmenskäufer einerseits von der finanziellen Rendite, andererseits vom sozialen, ethischen und ökologischen Effekt. Wir sehen einen neuen Trend mit großem Potenzial, da wirkungsorientierte M&A-Transaktionen oftmals eine positive Rendite in Verbindung mit einem relativ geringen Risiko aufweisen.“

Bei Unternehmenszukäufen, oftmals für Private Equity Gesellschaften, liegt der Fokus nicht nur auf dem Rendite-Risiko- Aspekt sondern auch darauf, dass sich in einer Unternehmensbeteiligung die Werte und Ziele des Investors widerspiegeln. Besonders beliebt ist diese Form des wirkungsorientierten Investierens bei wohlhabenden Familien und Family Offices. Zudem wächst der Anteil von institutionellen Investoren, da auch immer mehr Versicherungskonzerne, Großbanken und Stiftungen das Thema „Nachhaltigkeit bei Unternehmenstransaktionen“ (Impact M&A) für sich entdecken. Der deutsche Markt hierfür ist zwar noch klein, wächst jedoch stark; dabei kommt von verschiedenen Seiten Bewegung in den Markt. Eine Studie des Steinbeis-Transfer-Institutes Research Center for Financial Services hat gezeigt, dass die Einhaltung von Nachhaltigkeitskriterien bei der Kapitalanlage keineswegs geringere Renditeerwartungen nach sich zieht. Im Gegenteil: Die Berücksichtigung sogenannter ESG-Kriterien wirkt sich sogar positiv auf den Anlageerfolg aus.

WERTE UND ZIELE BEEINFLUSSEN INVESTITIONEN

Steinbeis M&A hat einen strukturierten ESG-Managementansatz entwickelt, der die Nachhaltigkeitsüberzeugungen mit den Renditeanforderungen des Investors in Einklang bringt. Eine dezidierte Betrachtung von ESG-Aspekten in Transaktionsprozessen soll dabei nicht nur Kosten- und Reputationsrisiken senken, sondern gleichzeitig Wertsteigerungschancen realisieren und die Werte des Unternehmens verfolgen. So werden zum Beispiel bei Unternehmenszukäufen für einen großen deutschen Private Equity Investor nach dem Ausschlussprinzip zunächst Unternehmen eliminiert, die bestimmten, vorher definierten Werten nicht gerecht werden. Zu den in Deutschland am häufigsten genannten Ausschlusskriterien zählen unter anderem die Produktion von und der Handel mit Waffen, Menschenrechts- und Arbeitsrechtsverletzungen, Glücksspiel, Korruption und Bestechung, Tabak, Alkohol, Kernenergie und Umweltzerstörung. Eine ergänzende Herangehensweise stellen Positivkriterien dar, häufig auch in Verbindung mit dem „Best in Class“-Prinzip. Hier wird anhand von zu erfüllenden Kriterien bestimmt, welche Unternehmen grundsätzlich für ein Investment in Frage kommen. Für die Bewertung der Nachhaltigkeit bestimmter Geschäftsmodelle und Unternehmen existieren unterschiedliche Informationskanäle. Viele Unternehmen erstellen bereits eigene Nachhaltigkeitsberichte und für europäische kapitalmarktorientierte Unternehmen besteht seit 2017 eine Berichtspflicht, so dass diese Unternehmen jährlich über wesentliche Entwicklungen aus den Bereichen Umwelt-, Arbeitnehmer- und Sozialbelange, Achtung der Menschenrechte sowie Bekämpfung von Korruption und Bestechung berichten müssen.

ESG-Aspekte sind in den vergangenen Jahren wichtiger Bestandteil von Transaktionsprozessen geworden. Während entsprechende Risiken in der Vergangenheit schon oft Deal-Breaker darstellten, liegt das Augenmerk bei wirkungsorientierten Transaktionen vermehrt auf den Wertsteigerungschancen und der Realisierung von Nachhaltigkeitszielen, die durch exzellente ESG-Profile entstehen können. Das erfordert einen maßgeschneiderten, risikoadäquaten Ansatz. Über ein erstes Review des Zielunternehmens, zum Beispiel anhand eines Informationsmemorandums, lassen sich mögliche Risiken für die weitere Unternehmensprüfung (Due Diligence) identifizieren. Ist eine genauere Prüfung erforderlich, wird diese anhand eines Datenraums oder durch Interviews mit dem Management des Zielunternehmens vorgenommen. Die Ergebnisse können dann in die Vertragsverhandlungen einfließen, beispielsweise in Form von Gewährleistungen und Freistellungen von Risiken.

NACHHALTIGKEIT ALS STANDARD DER ZUKUNFT

Das Thema Nachhaltigkeit wird unser Leben auf Dauer bestimmen. Das gilt nicht nur im Hinblick auf den Klimawandel, sondern auch für hohe Sozialstandards in Konzernen und eine gute Unternehmensführung. Daher hat sich die Steinbeis M&A das Ziel gesetzt dazu beizutragen, dass Nachhaltigkeit und wirkungsorientierte M&A-Strategien in den nächsten Jahren zum Standard und Maßstab bei M&A-Transaktionen werden. „Auch der ‘Impact Investor‘ wird belohnt werden: durch eine erfolgreiche Transaktion und das gute Gefühl, am Ende nicht nur für sich selbst sondern auch für andere etwas Gutes getan zu haben“, davon ist Philipp Haberstock überzeugt.