Der entwickelte Greifer, installiert im Demonstrationsprozess

Intelligent gestapelt: Laminataufbau direkt am Handhabesystem

Steinbeis ist Forschungspartner für Verarbeitungsverfahren thermoplastischer Preforming-Materialien

Die Entwicklung von Fertigungsprozessen für moderne, leichtbaugerechte Verbundbauteile wird immer wichtiger – sowohl aus ökologischen wie auch aus politischen Gründen. Dazu ist die Erprobung neuartiger Fertigungstechnologien und deren Weiterentwicklung zur Serienreife notwendig, damit der Einsatz moderner Leichtbauwerkstoffe in Großserie wirtschaftlich erfolgen kann. Als besonders vielversprechend gilt der Einsatz thermoplastbasierter Faserkunststoffverbunde (FKV), sie können im Vergleich zu duromeren Werkstoffen deutlich schneller verarbeitet werden und der Umgang mit den Ausgangswerkstoffen und Halbzeugen ist weniger aufwändig. Um die Prozesszeiten zu verkürzen, entwickeln die S&F Sondermaschinenbau GmbH und das Steinbeis-Innovationszentrum Automation in Leichtbauprozessen (ALP) in Zusammenarbeit mit der Professur für Strukturleichtbau und Kunststoffverarbeitung (SLK) der TU Chemnitz ein neuartiges Handhabesystem, mit dem Einzelzuschnitte thermoplastischer Halbzeuge direkt am Greifer zu einem belastungsgerecht aufgebauten und fixierten Lagenaufbau komplettiert werden.

Thermoplastisch vorimprägnierte Halbzeuge mit Endlosfaserverstärkung, sogenannte Prepregs, können als Meterware in Rollen problemlos transportiert und direkt bauteilangepasst im Fertigungsprozess konfektioniert werden. Diese konfektionierten Einzellagen müssen anschließend zum Laminat mit bauteilangepasster Faserausrichtung gestapelt werden, bevor sie vorerwärmt und zum Hochleistungsverbundbauteil weiterverarbeitet werden. Als Thermoplastverarbeitungsverfahren werden hochproduktive Verfahren eingesetzt, wie Kaltpressen oder Spritzgießen, die die ins Werkzeug eingelegten Faserverbundhalbzeuge zu Bauteilen komplettieren. Besonders das Spritzgießverfahren eignet sich für die Fertigung komplexer Faserverbundbauteile mit partieller Endlosfaserverstärkung. Das MERGE-Zentrum der TU Chemnitz unter der Leitung der Professur Strukturleichtbau und Kunststoffverarbeitung führt dazu umfangreiche Grundlagenforschung durch. Denn diese Technologien sind das Zugpferd des Leichtbautrends: Sie kombinieren einen hohen Automatisierungsgrad der Prozessketten mit hochproduktiven Fertigungsverfahren und werden daher vielfältig angewendet und weiterentwickelt.

Die gemeinsame Forschung der S&F Sondermaschinenbau GmbH und des Steinbeis-Innovationszentrums Automation in Leichtbauprozessen wurde im Rahmen eines ZIM-Projekts durch den Bund gefördert. Das Projekt setzt in der Prozesskette zwischen Einzellagenzuschnitt und Vorerwärmung für die Endverarbeitung an. Ziel der beiden Projektpartner war es, die zeitaufwändigen Handhabeprozesse zwischen dem Einzellagenzuschnitt und dem fertigen Laminataufbau zu verkürzen: Bisher wurde jeder Einzelzuschnitt vom Cuttertisch aufgenommen, in seine korrekte Winkelposition gedreht, auf einer Ablegeposition zwischengelagert und von dort wurden schlussendlich alle Einzellagen miteinander fixiert. Mit dem neuen Verfahren entfällt die Einzelablage der Zuschnitte und damit verbundene Verfahrwege, indem ein komplexer Greifer am Roboter während des Zuschnitts stapelt und fixiert. Das Projektteam hat den Greiferprototyp für Halbzeugabmessungen bis 650 mm Länge und 300 mm Breite umgesetzt. Ein Linearsystem, das seitlich aus dem Greifer fährt, nimmt die jeweilige Einzellage mit einem Sauggreifer auf, hebt sie an und fährt sie in den Greifer ein. Dort wird die Lage auf dem Stapel abgelegt. Sind alle Lagen vollständig aufgenommen, werden sie über ein integriertes 35 kHz-Ultraschallschweißsystem miteinander punktuell fixiert.

Schwerpunkte der Forschungsarbeiten lagen insbesondere auf der Entwicklung geeigneter Ultraschallparameter und Sonotrodengeometrien für eine sichere Fixierung ohne die im Halbzeug enthaltenen Verstärkungsfasern zu beschädigen, auf der Auswahl geeigneter Greiftechnologien sowie auf der konstruktiven Anordnung der Funktionselemente. Das Ergebnis des Forschungsteams beeindruckt: Je nach Lagenanzahl lässt sich mit der neuen Technologie die Prozesszeit vom Zuschnitt bis zum fertigen Halbzeugstapel halbieren. Dies verkürzt die Prozesszeiten entsprechender Bauteile deutlich und steigert deren Wirtschaftlichkeit in der Herstellung.

Kontakt

Mirko Spieler, Prof. Dr.-Ing. Wolfgang Nendel
Steinbeis-Innovationszentrum Automation in Leichtbauprozessen (ALP) (Chemnitz)