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Drei Erfolgsfaktoren für die Initiierung von Micro Testbeds

Teilnehmerauswahl – Vertrauen – Gestaltung

Was sind die wichtigsten Faktoren für den Erfolg eines Micro Testbeds? Welche Bedeutung kommt dabei einer Network Administrative Organisation zu? Und wie können in Kooperationsnetzwerken potenzielle Konflikte rechtzeitig erkannt und behoben werden? Mit diesen Fragen hat sich das Team des Ferdinand-Steinbeis-Instituts beschäftigt, um so den dauerhaften Erfolg der dort initiierten Micro Testbeds zu sichern.

In der Nachbereitung der ersten Micro Testbeds konnten am Ferdinand- Steinbeis-Institut (FSTI) drei Faktoren ermittelt werden, die für eine erfolgreiche Initiierung von Kooperationsprojekten in der Digitalisierung ausschlaggebend sind: eine intensive Teilnehmerselektion nach Kompatibilität und Komplementarität, die Bildung eines Vertrauensraums und die Gestaltung sowie Initiierung durch eine sogenannte NAO, eine Network Administrative Organisation, in diesem Fall repräsentiert durch das FSTI und das Steinbeis Digital Business Consortium (SDBC). Für den Erkenntnisgewinn wurden die Initiatoren und Moderatoren der elf Micro Testbeds sowie des Expertennetzwerks X.0 interviewt.

Neben der Komplementarität der Geschäftsfähigkeiten ist bei der intensiven Teilnehmerselektion auch die Kompatibilität hinsichtlich der Organisationskultur der Unternehmen wie auch der Persönlichkeit der jeweiligen Teilnehmer wichtig. Bei der Akquise aus dem eigenen Netzwerk sind diese Faktoren bereits bekannt. Im Falle einer Kaltakquise bedarf es allerdings mehrerer Vorgespräche, um eine gewisse Eignung festzustellen. Bei allen Kandidaten sollte jedoch bereits in den Vorgesprächen eine hohe Kooperationsbereitschaft erkennbar sein. Da der größte Kostenfaktor für die potenziellen Teilnehmer Zeit und Aufwand sind, besitzt die geographische Nähe zueinander gewisse Vorteile. Ist die Auftragslage zum Zeitpunkt des Micro Testbeds allerdings sehr hoch, wirkt sich dies wiederum nachteilig auf das Kooperationsprojekt aus. Daher wird in den Vorgesprächen eine gewisse Priorisierung für das Projekt erbeten, damit der erste Termin zeitnah stattfinden kann.

FSTI und SDBC bilden als initiierende NAO den notwendigen Vertrauensraum für eine erfolgreiche Kooperation der Teilnehmer. Bestandteile dieses Vertrauensraums sind ein gegenseitiges Wohlwollen für einen fairen Umgang mit vergleichbaren Vorteilen für alle beteiligten Unternehmen. Dazu gehört aber auch eine gegenseitige Verlässlichkeit für die Projektpriorisierung und die Terminfindung. Das Vertrauen wird durch den kompetenten Ruf der einzelnen Unternehmen gefördert, die mit ihren Fähigkeiten zur Lösung des kollektiven Problems beitragen sollen. Weitere wichtige Bestandteile sind Ehrlichkeit und Offenheit. Dies bezieht sich vor allem auf die jeweiligen Ziele der einzelnen Unternehmen in Bezug auf das Micro Testbed. So können mögliche Konfliktpotenziale erkannt und behoben werden. Für den Vertrauensraum ist zudem die Klarstellung der Gleichwertigkeit aller Beteiligten wichtig. Sie erweckt ein Gefühl der Unentbehrlichkeit bei allen Teilnehmern, was besonders für KMU in Kooperation mit Großunternehmen wichtig ist. Des Weiteren erzeugt die Bereitschaft zu reziprokem Verhalten ein Gleichgewicht zwischen Autonomie und Synergie bei den Unternehmen. Die Teilnehmer behalten weiterhin die Kontrolle über ihr eigenes Kerngeschäft, profitieren aber von den Ressourcen der Projektpartner, vorausgesetzt sie stellen auch ihre eigenen zur Verfügung.

Die Erfahrung der ersten Durchläufe zeigt, dass die Initiierung und Moderation der Micro Testbeds durch Steinbeis als NAO unerlässlich für den Projekterfolg ist. Zum einen sind administrative Aufgaben in der Initiierungsphase der Micro Testbeds schwierig selbstorganisierend zu platzieren und zu verteilen. Hierzu zählen vor allem Punkte wie Terminfindung, Sitzungsplanung, Definition von Rahmenbedingungen oder aber die Entwicklung einer Agenda mit einer zielführenden Prioritätensetzung. Auch die gezielte Auswahl und Anwendung von geeigneten Moderationstechniken und -instrumenten in diesem spezifischen Projektkontext durch die NAO haben sich in der Initiierungsphase der bisherigen Micro Testbeds als erfolgskritisch herausgestellt. Zum anderen ist auch das Setzen von initiierenden inhaltlichen Ausgangsimpulsen zur gemeinsamen Zieldefinition in diesem Zusammenhang entscheidend. Die Erfahrungen im Verbundmanagement ermöglichen es Steinbeis als NAO diese Impulse präzise an die Voraussetzungen und Ressourcen der häufig sehr heterogenen Teilnehmer anzupassen. Von großem Nutzen stellt sich hierbei regelmäßig die Reputation von Steinbeis als Gestalter eines Vertrauensraums für kollaborative Vernetzungsaktivitäten heraus. Es ist häufig erst diese Wahrnehmung von Steinbeis als „neutraler Makler“ und Moderator, der die Bereitschaft zur Kollaboration zwischen Wettbewerbern und heterogenen Partnern entstehen lässt. Steinbeis als NAO trägt dabei zur Reduzierung von Vorbehalten zwischen Wettbewerbern, zwischen Steinbeisern, aber auch zwischen KMU und Großunternehmen sowie zwischen Unternehmen und Wissenschaft bei.

Kontakt

Dr. Gerhard Keck

Alexander Neff

Dr. Michael Ortiz

Dr. Joachim Sailer

 

 

 

 

 

 

Dr. Gerhard Keck und Dr. Joachim Sailer sind Geschäftsführer der Steinbeis Senior Professional Academy GmbH. Sie haben die Moderation in einigen Micro Testbeds übernommen und bringen ihre Erfahrungen zum Vertrauensraum mit ein. Daneben haben sie auch bei der Teilnehmerselektion unterstützend mitgewirkt.

Alexander Neff studierte an der Universität Stuttgart Sozialwissenschaften im Bachelor und schloss daraufhin das Studium der Wirtschaftssoziologie an der Universität Trier mit dem Master of Arts ab. Seit August 2017 ist er wissenschaftlicher Mitarbeiter am Ferdinand- Steinbeis-Institut. Zu seinen Themenschwerpunkten gehören ökonomische Ökosysteme, Unternehmenskooperationen und Projektevaluation.

Dr. Michael Ortiz leitet seit 2017 den Forschungsbereich Innovationsund Transfermanagement am Ferdinand-Steinbeis-Institut. Er promovierte an der Universität Mannheim im Fachgebiet der vergleichenden Innovationssystemforschung. Seit 2013 ist er als Projektleiter in der Steinbeis-Zentrale in Stuttgart tätig.

Dr. Gerhard Keck
Dr. Joachim Sailer
Steinbeis Senior Professional Academy GmbH (Herrenberg)
www.steinbeis-spa.de

Alexander Neff
Ferdinand-Steinbeis-Institut (Stuttgart)
www.steinbeis-fsti.de

Quellen

  • Casals, F.E., 2011: The SME co-operation framework. A multi-method secondary research approach to SME collaboration. In: 2010 International Conference on E-business, Management and Economics. S. 118–124.
  • Provan, K.G. & Kenis, P., 2008: Modes of network governance: Structure, management, and effectiveness. In: Journal of public administration research and theory 18: S. 229–252.
  • Ylitalo, J., Mäki, E. & Ziegler, K., 2004: Evolvement of trust and mutuality in early stages of interorganisational collaboration. In: Frontiers of E-Business Research: S. 546–560.