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Innovation macht nicht an Branchengrenzen halt

Steinbeis-Innovationszentrum koordiniert cross-sektorales Unternehmensnetzwerk der Medizintechnik

Die digitale Transformation bietet Chancen, stellt aber auch viele Branchen vor neue Herausforderungen. Sie führt zu einer Vernetzung vieler Märkte, einer Konvergenz von Technologien und macht eine Fokussierung auf den einzelnen Kunden und Nutzer möglich. Das gilt auch in der Medizintechnik: In die Produkte integrierte Computerchips, Vernetzung und die Verbindung mit Aktoren und Sensoren ermöglichen es, erstmals die wirklichen Bedürfnisse der Kunden zu erkennen. Dienstleistungen und Produkte können individuell daran angepasst und der Kundennutzen maximiert werden. Das bedeutet, dass sich ein bisher relativ abgeschlossener B2B-Markt zu einem B2C-Markt erweitert. Unternehmen müssen diesem veränderten Innovationsfeld mit einer angepassten Systematik ihres Innovationsverhaltens begegnen. Sie benötigen Know-how in Hard- und Software-Entwicklung und müssen die Nutzung von Produkten über deren gesamten Lebenszyklus hinweg berücksichtigen. Standardisierte Innovationsansätze greifen oft nicht mehr – zur Entwicklung personalisierter Produkte und neuer Geschäftsmodelle müssen neue Strategien entwickelt werden. Hier setzt das Projekt „CIP-MED“ an, ein vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördertes cross-sektorales Unternehmensnetzwerk, in dem Unternehmen aus der Medizintechnik Ansätze und Methoden zur branchenübergreifenden Innovation systematisieren. Im Mittelpunkt steht die Entwicklung personalisierter Produkte und Dienstleistungen für die Medizintechnik. Das Projekt wird geleitet vom Steinbeis-Innovationszentrum Innovation Engineering.

Cross-Industry-Innovation gilt schon lange als ein probates Mittel für Unternehmen, um neue Anwendungsfelder und Märkte zu erschließen. Dabei stehen Unternehmen grundsätzlich zwei Ansätze zur Verfügung: Entweder sie übertragen Lösungen aus anderen Branchen auf ihren bestehenden Markt (outside-in-Ansatz) oder sie übertragen ihr eigenes Know-how auf neue Anwendungsgebiete (inside-out-Ansatz). Im Mittelpunkt steht dabei eine wertschöpfungsorientierte Zusammenarbeit, bei der Unternehmen ihre Kompetenzen kombinieren. Für die Medizintechnik, deren Branche zu 93% aus KMU besteht, bergen beide Ansätze viel Potenzial.

Im Innovationsnetzwerk CIP-MED sind unter Federführung des Steinbeis- Innovationszentrums die Frankfurter Designagentur Iconstorm sowie Unternehmen und Mitglieder bestehender Branchen- und Innovationsnetzwerke beteiligt wie Biopro Baden-Württemberg, IVAM Fachverband für Mikrotechnik, das Landesnetzwerk Mechatronik BW (LMBW), Medical Mountains und andere. Durch ihre vielseitigen Spezialisierungen decken die Beteiligten relevante Themenfelder wie Medizintechnik, Mikrosystemtechnik, Mechatronik sowie Health Care/Life Sciences ab. Gemeinsam wollen sie die Vernetzung der Branche vorantreiben. Das Netzwerk dient als Plattform für den Erfahrungsaustausch und zum Testen neuer Ideen. Methoden und Ansätze der Cross-Industry- Innovation werden betrachtet und mit Experten aus den Feldern der Personalisierung und nutzerzentrierten Innovation für die Anforderungen der Branche systematisiert.

CIP-MED soll KMU aus der Medizintechnik helfen, durch die Möglichkeiten von Digitalisierung, Personalisierung und Human Centered Design neue Märkte zu erschließen. Dabei steht der Ansatz der Cross-Industry- Innovation im Fokus. Sie zielt auf Lösungen ab, die aus der eigenen Wertschöpfungskette ausbrechen und durch Austausch von Know-how über Branchengrenzen hinweg entstehen. Diese Art der Innovation, die in KMU häufig zufallsgesteuert zustande kommt, soll mithilfe des Innovationsforums in eine systematisierte Vorgehensweise überführt werden.

Eine wichtige Rolle spielt dabei die Methodenvermittlung durch Experten im nutzerorientierten Design. Gemeinschaftlich werden neue Geschäftsmodelle entwickelt und erprobt, außerdem wird eine Handlungsanleitung entstehen. Sie soll auch Hinweise geben, welche Methoden sich für welche Unternehmensgrößen, -situationen und Branchen besonders eignen. Außerdem fungiert das Forum als Netzwerkorganisation, die die Teilnehmer mit den richtigen Partnern und Kompetenzen zusammenbringt. Der wirtschaftliche Nutzen personalisierter Produkte und Dienstleistungen ist unbestritten. Sowohl im B2B- als auch im B2C-Bereich beschleunigt sich dieser Trend stetig und stellt somit ein erhebliches Marktpotenzial dar. Für die Medizintechnik gilt zudem, dass heute ein Drittel des Branchenumsatzes mit Produkten erzielt wird, die nicht älter als drei Jahre sind. Durch die wachsende Interdisziplinarität des Innovationsfelds bietet das CIP-MED Innovationsforum seinen Partnern die Chance, diese Potenziale für sich zu nutzen.

Teilnehmer am Netzwerk haben die Möglichkeit, sich mit Know-how aus anderen relevanten Branchen zu vernetzen. Gerade praktische Aspekte wie Marktzugang, Eintrittshindernisse, technische und organisatorische Randbedingungen können erschlossen werden. Gleichzeitig kommen die Teilnehmer im Forum mit passenden Unternehmen zur Realisierung von Cross-Industry-Innovationen zusammen und erhalten einen Einblick in die Methoden des User Experience Design, der Entwicklung personalisierter (smarter) Produkte sowie die Weiterentwicklung ihrer Geschäftsmodelle.

Baden-Württemberg ist für das CIP-MED Innovationsforum prädestiniert, denn im Raum Tuttlingen befindet sich mit dem Medical Valley ein wichtiges Cluster der Medizintechnikbranche, das sich auf die Entwicklung und Produktion innovativer chirurgischer Instrumente, orthopädischer Lösungen und Diagnostiksysteme spezialisiert hat. Außerdem ist Baden-Württemberg durch zahlreiche Cluster und Netzwerke aus unterschiedlichen Technologiefeldern wie der Mikrosystemtechnik, der Mechatronik, oder der Life Sciences gekennzeichnet. Daraus ergeben sich beste Voraussetzungen für einen Cross-Industry-Innovationsansatz. CIP-MED soll den Unternehmen als Plattform dienen, um Synergien zu schaffen und ihre Kooperation zu vertiefen. Das Forum soll daher auch langfristig durch die Einbindung in digitale Initiativen verstetigt werden, beispielsweise durch sogenannte Micro Testbeds, in denen durch branchenübergreifende Zusammenarbeit in internetbasierten Ökosystemen neue, domänenübergreifende Wertschöpfung geschaffen wird.

Kontakt

Dr.-Ing. Günther Würtz

Dr.-Ing. Günther Würtz ist Leiter des Steinbeis-Innovationszentrums Innovation Engineering. Das Steinbeis-Unternehmen bietet seinen Kunden die Konzeption von Prozess- und Technologie- Roadmaps, Produkt- und Service- Roadmaps sowie Wertschöpfungs- Roadmaps.

Dr.-Ing. Günther Würtz
Steinbeis-Innovationszentrum Innovation Engineering (Stuttgart)