2 Megapixel Sensor mit Objektiv

Immer im Blick: maximale Qualität, minimale Kosten

Steinbeis-Nachwuchs-Projekt zur Entwicklung eines wettbewerbsfähigen Mehrkamera-Systems

An ein industriell einsetzbares optisches Messsystem werden heute vielseitige Anforderungen gestellt: Zum einen steigt die verfügbare Auflösung industrieller Kameras immer weiter, damit nimmt gleichzeitig aber auch die Chipgröße zu, was wiederum mit erhöhten Anforderungen an die Optik verbunden ist. Zum anderen erhöht sich mit den verbesserten optischen Eigenschaften zwangsläufig der damit verbundene technische Aufwand und dadurch auch der Preis. Guido Straube hat es sich in seiner Promotion an der Technischen Universität (TU) Ilmenau zum Ziel gesetzt, als Alternative zu den etablierten Kamerasystemen ein System mit mehreren low-cost-Kameras aufzubauen. Was liegt näher, als dieses Thema gemeinsam mit den Experten der Steinbeis Qualitätssicherung und Bildverarbeitung GmbH (SQB GmbH) auf dem Campus der Universität anzugehen.

Guido Straubes Ziele sind hoch gesteckt: Das Mehrkamera-System seines Forschungsprojekts darf in der Qualität der Bilder nicht hinter den Einchip-Kamera-Systemen stehen, soll aber durch geringere Investitionskosten einen erheblichen wirtschaftlichen Vorteil gegenüber den etablierten Einkamera-Systemen bieten.

Um die Auflösung des zu entwickelnden Systems gegenüber großen Einchip-Kameras wettbewerbsfähig zu gestalten, plant der junge Ingenieur mit einer beliebigen Anzahl von Kameras (Mehrkamera-System) Bilder aufzunehmen. Anschließend werden die Bilder der Kameras zu einem Gesamtbild verarbeitet. Dabei ist wesentlich, dass eine Überlagerung der Ränder der Bildfelder der einzelnen Kameras notwendig ist, um das Zusammensetzen zu ermöglichen. Die Auflösung der Einzelkameras summiert sich somit auf, die Bereiche der Überlagerung müssen jedoch softwaretechnisch bearbeitet werden.

Kamera in 3D-gedrucktem Gehäuse

Die geringen Kosten der einzelnen Kameras führen zwangsweise zu Kompromissen in der Qualität der Aufnahmen, Grund dafür sind unter anderem die bei Kameras aus dem Niedrigpreissegment oft fest verbauten Optiken. Um das System gegenüber Einzelkameras mit hoher Auflösung dennoch wettbewerbsfähig zu gestalten, setzt Guido Straube auf die Korrektur der Abbildungen mit Hilfe von Bildverarbeitung.

Der erste Schritt beim Aufbau eines Kamera-Arrays ist die Auswahl geeigneter Kameras. Insbesondere die zur Verfügung stehende Auflösung der Kameras sowie die Schnittstelle zur Datenübertragung und Stromversorgung stehen dabei im Vordergrund. „Ein wichtiges Kriterium ist, dass keine fest implementierte Vorverarbeitung der Bilder innerhalb der Kamera stattfindet. Denn für die Weiterverarbeitung ist es von Vorteil, Zugriff auf die Rohdaten der Sensoren zu haben“, erläutert Guido Straube. In seinem Projekt setzt er 2 Megapixel board-level Kameras ein, die anschließend mit einem 3D-gedruckten Kunststoffgehäuse versehen werden. Nach der Auswahl der entsprechenden Kameras wird eine Umgebung zur Ansteuerung und Bildaufnahme benötigt. „Dabei ist wesentlich, dass eine Möglichkeit geschaffen wird, mehrere Kameras an einen Rechner anzuschließen und Einstellungen für die Verstärkung, Gain genannt, und Integrationszeit sowohl einzeln als auch einheitlich für alle angeschlossenen Kameras vorzunehmen“, macht Prof. Dr.-Ing. Gerhard Linß deutlich, der als einer der Geschäftsführer der SQB die Promotion betreut. Dass der SQB die Förderung des Nachwuchses wichtig ist, zeigt auch die finanzielle Seite des Projekts: Die Mittel zur Finanzierung der Forschung werden vom Europäischen Sozialfonds über die Thüringer Aufbaubank zur Verfügung gestellt, die Kofinanzierung übernimmt die SQB GmbH.

Zu den Anforderungen an die Einstellungsbearbeitungen kommt hinzu, dass die Bildaufnahme aller Kameras synchronisiert werden muss. Um die Bilder der einzelnen Kameras ohne Informationsverlust zusammenzusetzen, muss die Verzeichnung für jedes einzelne Kamerabild korrigiert werden. „Verzeichnung bedeutet, dass sich in der Aufnahme mit zunehmendem Abstand zur optischen Achse der Abbildungsmaßstab ändert. Wir unterscheiden dabei zwischen kissen- und tonnenförmiger Verzeichnung“, hilft Guido Straube im Verständnis nach. Nach dem Zusammensetzen der Bilddaten hat er eine Aufnahme zur Verfügung, die idealerweise nicht von einer Aufnahme mit einer einzelnen hochauflösenden Kamera zu unterscheiden ist. Je nach Anwendung und den damit verbundenen Auflösungsanforderungen möchte es Guido Straube ermöglichen, das Kamera-Array zu erweitern oder die Anzahl der Kameras zu verringern. Die Verarbeitung und Auswertung dieser sehr großen Bilddatenmengen ist eine weitere softwaretechnische Herausforderung der aktuellen Big Data-Thematik.

Guido Straube verliert in seinem Forschungsprojekt den Anwendungsbezug nicht aus dem Auge: Sein Ziel ist es, ein variables System zu entwickeln, das seinem Einsatzzweck angepasst werden kann und sowohl durch seine technischen Eigenschaften als auch durch die Anschaffungskosten wettbewerbsfähig ist. Damit sollen Applikationen für sehr große Prüfobjekte mit sehr hoher Auflösung möglich werden. Vorstellbare Anwendungsfelder sind für den Forscher der TU Ilmenau dabei die Prüfung von Karosserieteilen auf Kratzer oder eine Qualitätskontrolle großer Bauteile am Ende einer Fertigungsstraße. Auch eine Erweiterung zur dreidimensionalen Bildaufnahme ist denkbar, womit sich die Anwendungsmöglichkeiten des Systems entsprechend erweitern – die Weiterentwicklung des Projekts scheint schon jetzt ohne Frage zu sein.

Kontakt

Guido Straube, Prof. Dr.-Ing. habil. Gerhard Linß
Steinbeis Qualitätssicherung und Bildverarbeitung GmbH (Ilmenau)